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2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

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KNOPS: Es wäre ökonomisch, vor allem aber (europa)politisch<br />

nicht verantwortbar, einen Bankrott eines der Euroländer hinzunehmen,<br />

insbesondere <strong>im</strong> Hinblick auf unsere gemeinsame Währung,<br />

die sich stabiler als die D-Mark in ihren letzten 10 Jahren und auch<br />

als der US-Dollar, als der wichtigsten Währung überhaupt, erwiesen<br />

hat. Solidarität gehört seit den Anfängen der europäischen Einigung<br />

zum unverzichtbaren Wesensmerkmal der Gemeinschaft . Allerdings<br />

können auch ohne Staatsbankrott etwa durch einen Schuldenschnitt<br />

hiesige Unternehmen betroff en sein, bis hin zu notwendigen Sanierungen<br />

oder gar Insolvenzen. Jedenfalls werden ausfallende Forderungen<br />

einen Kapitalbedarf auslösen, der herkömmlich nur <strong>im</strong> Kredit-<br />

oder Kapitalmarkt beispielsweise durch Anleihen zu befriedigen<br />

ist. Dann ist es auch Aufgabe der nationalen Banken und der Zentralbank,<br />

Hilfen zu geben, etwa durch zinsgünstige Kredite oder durch<br />

Platzierungsunterstützung auch kleinerer Emissionen.<br />

: Besteht auf rechtlicher Ebene Ihrer Ansicht nach<br />

Handlungsbedarf?<br />

Knops: Auf nationaler Ebene herrscht unter Verweis auf supranationale<br />

Vereinbarungen seit nunmehr einigen Jahren mehr oder<br />

weniger Stillstand. Doch sind die zahlreichen, <strong>im</strong>mer wieder neu<br />

beschworenen Vereinbarungen der G20 über bloße Absichtserklärungen<br />

bislang kaum hinausgekommen. Allein die EU hat systematisch<br />

damit begonnen, auf fast allen Ebenen eine stärkere und bessere<br />

Regulierung in Angriff zu nehmen; allerdings ist die EU auch wie<br />

ein großer Tanker, der erst langsam Fahrt aufn<strong>im</strong>mt. Das Vereinigte<br />

Königreich erleichtert mit seiner Sorge um den Finanzplatz London<br />

und die dortigen Arbeitsplätze die dringend notwendigen Reformen<br />

zumindest nicht. Teilweise werden die wahren Ursachen wie<br />

etwa die überaus schädlichen Verbriefungstransaktionen lobbyseits<br />

kleingeredet, womit eine Regulierung (in diesem Fall über lediglich<br />

einen mäßigen Selbstbehalt) kaum noch echte Eff ekte erzielt. Nach<br />

einer Schuldenbremse in den Nationalhaushalten müssen vor allem<br />

die außerbörslichen Geschäft e (beispielsweise OTC-Derivate) an<br />

die kontrollierten Börsen geholt werden, also endlich einer Aufsicht<br />

unterstellt werden, reine Wetten wie Leerverkäufe unterbunden und<br />

unverantwortliche Kreditvergaben verhindert werden. Dazu bedarf<br />

es keiner weltweiten oder europaweiten Regelung. Vieles ließe sich<br />

leicht <strong>im</strong> BGB oder in den Bank- und Börsengesetzen verankern und<br />

damit schnell zu einer deutlichen Stabilisierung führen.<br />

: Welche konkreten Gesetzesänderungen schweben Ihnen vor?<br />

KNOPS: Beispielsweise könnten außerbörsliche Spekulationsgeschäft<br />

e als unverbindliches Spiel oder Wette eingeordnet werden, was<br />

nicht nur <strong>im</strong> BGB sondern bis in das römische Recht hinein Tradition<br />

hat, um best<strong>im</strong>mte unerwünschte Entwicklungen zu stoppen. Ein<br />

anders Beispiel ist das Verbot sog. Leerverkäufe, bei denen jemand<br />

die Lieferung best<strong>im</strong>mter Wertpapiere zu einem festen Preis zusagt,<br />

die er selbst aber gar nicht besitzt und darauf setzt, diese Papiere zum<br />

vereinbarten Lieferzeitpunkt zu einem geringeren Preis beschaff en<br />

zu können, womit er auf fallende Kurse spekuliert. Verboten ist in<br />

Deutschland seit gut einem Jahr lediglich die Variante der sog. „ungedeckten<br />

Leerverkäufe“, bei denen die Anbieter nicht einmal über<br />

geliehene Papiere verfügen. Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien,<br />

Spanien haben dagegen bereits sämtliche Leerverkäufe verboten,<br />

wenn auch mit unterschiedlichen Fristen. In Deutschland fehlt der<br />

herrschenden politischen Klasse zu diesen wie zahlreichen anderen<br />

notwendigen Maßnahmen bedauerlicherweise aber off ensichtlich<br />

der Wille oder die Kraft . Diese steht off enbar unter dem starken Ein-<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / <strong>2012</strong><br />

Interview<br />

fl uss von Lobbyisten, von denen <strong>im</strong>mer wieder vorgetragen wird,<br />

dass das Kapital dann in andere Länder abwandern würde und man<br />

so den Finanzplatz Deutschland erheblich schwächen würde.<br />

: Sie glauben also, dass dies nicht der Fall sein wird?<br />

KNOPS: Diese Gefahr besteht abstrakt, ist aber den Akteuren zum<br />

Teil gar nicht möglich; vielmehr werden sich schnell diejenigen Handelsplätze<br />

desavouieren, die reinen Zockern einen Bühne bieten.<br />

Selbst Großbritannien hat nun zum Schutz der he<strong>im</strong>ischen Wirtschaft<br />

kurz vor Weihnachten angekündigt, bis zum Ende der dortigen<br />

Legislaturperiode das risikoreiche Investmentbankinggeschäft<br />

stark vom normalen Bankgeschäft zu trennen. So sollen etwa wichtige<br />

Bankdienstleistungen - insbesondere die Aufnahme der Einlagen<br />

von Privatkunden - nur durch „zweckgebundende Banken“ zur Verfügung<br />

gestellt werden und zugleich diesen Banken die Durchführung<br />

best<strong>im</strong>mter Investment Banking-Aktivitäten untersagt werden.<br />

Derartige Pläne sind aus Berlin nicht einmal ansatzweise zu hören.<br />

: Ihr Fachgebiet ist in erster Linie das Bank- und<br />

Kapitalmarktrecht. Wo sehen sie für junge Juristen in berufl icher<br />

Hinsicht interessante Perspektiven?<br />

KNOPS: Das Bankrecht gehört mittlerweile zu einem Kernfach<br />

des Zivilrechts und des Wirtschaft srechts. Nach Begründung eines<br />

für Bankrecht zuständigen Senates be<strong>im</strong> Bundesgerichtshof bereits<br />

Ende der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts und der schon lange<br />

begonnenen Herausbildung ebensolcher Senate bei den Oberlandesgerichten,<br />

setzt sich zunehmend auch bei den Landgerichten eine<br />

Konzentration auf das Bank- und Kapitalmarktrecht in best<strong>im</strong>mten<br />

Senaten durch. Neben der richterlichen Perspektive ist das Potenzial<br />

für Berufseinsteiger in der Anwaltschaft natürlich ungleich höher.<br />

Allein die <strong>im</strong>mensen Fallzahlen, die die wenigen wirklich auf das<br />

Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzleien vorweisen können, indizieren<br />

einen erheblichen Nachholbedarf. Die vor einigen Jahren<br />

herausgebildete Fachanwaltschaft für Bank- und Kapitalmarktrecht<br />

verzeichnet nach wie vor vergleichsweise hohe Zuwächse. Trotzdem<br />

ist es nach wie vor nicht leicht, in diesem Bereich qualifi zierte<br />

Rechtsanwälte zur Anstellung oder als Partner zu fi nden; der Bedarf<br />

an guten Juristen übersteigt das Angebot auch von Banken, Versicherungen<br />

und sonstigen Finanzdienstleistern bei weitem. Neben diesen<br />

klassischen Berufsfeldern sind Juristen mit entsprechenden Kenntnissen<br />

aber auch in ganz anderen Sektoren gefragt. Beispielsweise<br />

sind ohne Spezialkenntnisse <strong>im</strong> Kredit- und Kreditsicherungsrecht<br />

und anderen Sektoren des Bankrechts erfolgreiche Sanierungen und<br />

Umstrukturierungen heute kaum noch durchführbar. Effi ziente Lösungen<br />

sind hier etwa oft nur <strong>im</strong> Zusammenspiel von Handels- und<br />

Gesellschaft srecht, Bank- und Kapitalmarktrecht und Insolvenzrecht<br />

möglich. Lediglich Lehrstühle zum Bank- und Kapitalmarktrecht<br />

sind gegenüber solchen zum Handels- und Gesellschaft srecht heute<br />

noch deutlich in der Minderzahl, was der mittlerweile enorm gestiegenen<br />

ökonomischen und gesellschaft lichen Bedeutung des Bankund<br />

Börsensektors kaum noch entspricht. Insgesamt betrachtet sind<br />

die Berufsaussichten von jungen Juristinnen und Juristen, die sich in<br />

diesem Bereich spezialisieren wollen, ggf. auch mit einer Promotion,<br />

als hervorragend anzusehen; zudem handelt es sich um ein äußerst<br />

dynamisches Rechtsgebiet. Sich damit zu beschäft igen, macht nicht<br />

zuletzt auch deshalb Spaß.<br />

: Herr Knops, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

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