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2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

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44<br />

Fallbearbeitung<br />

fassung auch rechtswidrige Verwaltungsakte unter den – gegenüber<br />

§ 48 VwVfG NRW strengeren – Voraussetzungen auch nach § 49<br />

VwVfG widerrufen werden können. 12<br />

bb) Für die Aufh ebung der Zuweisung einer Hausnummer ist § 49<br />

Abs. 1 VwVfG NRW und nicht Abs. 2 maßgeblich. Denn für die<br />

dinglichen Allgemeinverfügungen <strong>im</strong> Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG<br />

NRW passen die Begriff e des belastenden oder begünstigenden Verwaltungsakts<br />

grundsätzlich nicht, da mit der Allgemeinverfügung<br />

Rechte oder rechtlich erhebliche Vorteile weder unmittelbar zugesprochen<br />

noch unmittelbar abgesprochen werden. Sie sind insoweit<br />

neutral, fallen als solche jedoch auch unter die Bezeichnung „nicht<br />

begünstigender Verwaltungsakt“, so dass sie nach § 49 Abs. 1 aufhebbar<br />

sind. 13 Dies gilt auch für die Zuweisung der Hausnummer <strong>im</strong><br />

Jahr 1975, weil die Zuweisung der Hausnummer ein Verwaltungsakt<br />

ist, der eine öff entlich-rechtliche Eigenschaft des Grundstücks regelt.<br />

cc) Nach § 49 Abs. 1 VwVfG steht der Widerruf <strong>im</strong> Ermessen der Behörde;<br />

die danach von der Antragsgegnerin zu treff ende Ermessensentscheidung<br />

musste – wie jede Ausübung behördlichen Ermessens<br />

– nach § 39 VwVfG NRW begründet werden. Die Frage, in welchem<br />

Ausmaß die Behörde ihre Ermessenserwägungen dem Adressaten in<br />

der Begründung des Verwaltungsakts mitteilen muss, ist dabei nach<br />

den konkreten Umständen des Einzelfalles zu beurteilen; entscheidend<br />

ist vor allem, dass ein sachlicher Grund für den Widerruf mitgeteilt<br />

wird. 14<br />

Die Antragsgegnerin hat in der Begründung des Bescheides vom<br />

16. November 2011 dargelegt, dass das öff entliche Interesse an der<br />

geordneten Vergabe von Hausnummern nach einem einheitlichen<br />

Muster der Gefahrenabwehr, der Stadtplanung und der postalischen<br />

Zustellung dient. Damit liegt eine gemessen an § 39 VwVfG NRW<br />

genügende Begründung vor. Weitergehende Gesichtspunkte des<br />

Vertrauensschutzes sind bei dem Widerruf nach § 49 Abs. 1 VwVfG<br />

NRW nicht zu beachten. Ob die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW<br />

beachtet ist, kann dahinstehen, weil § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW<br />

nur für den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte auf § 48 Abs.<br />

4 VwVfG NRW verweist.<br />

c) Die Voraussetzungen des § 14 OBG NW sind gleichfalls gegeben.<br />

In der – bei Beibehaltung der bisherigen Nummerierung liegenden –<br />

Verletzung der Systematik der Hausnummerzuweisung in der Stadt<br />

X liegt eine Gefahr <strong>im</strong> Sinne des § 14 OBG NRW. Dies ergibt sich<br />

schon daraus, dass Einsatzkräft e wie etwa Polizei, Rettungsdienst<br />

oder Feuerwehr auf die übliche Reihenfolge der Hausnummern vertrauen,<br />

so dass ein Abweichen von dieser Reihenfolge jedenfalls zu<br />

einer Verzögerung bei Einsätzen führen kann.<br />

d) Die Zuweisung einer <strong>neuen</strong> Hausnummer ist auch verhältnismäßig.<br />

Insbesondere ist keine Verletzung von Grundrechten des D zu<br />

erkennen.<br />

Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbetrieb des Mandanten wird<br />

jedenfalls in seinem sachlichen Bestand durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt.<br />

15 Zu diesem sachlichen Bestand des Gewerbebetriebes zählt<br />

die Zuweisung einer Hausnummer, die für den Grundstückseigentümer<br />

und damit auch für den Gewerbetreibenden weder belastend<br />

noch begünstigend ist, jedoch nicht.<br />

12 vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, 6. Aufl age, § 49, Rn. 6.<br />

13 Stelkens/Bonk/Sachs, 6. Aufl age, § 49, Rn. 2<strong>1.</strong><br />

14 vgl. BVerwG, Beschluss vom 2<strong>7.</strong> Juni 1990 - 7 B 9<strong>3.</strong>90 -, NVwZ-RR 1991, 6<strong>3.</strong><br />

15 vgl. Pieroth/Schlink, Grundrechte, 2<strong>1.</strong> Aufl age, Rn. 90<strong>5.</strong><br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / <strong>2012</strong><br />

ZWISCHENERGEBNIS:<br />

Die Zuweisung einer <strong>neuen</strong> Hausnummer für das Grundstück des<br />

Mandanten ist off ensichtlich rechtmäßig. Die gebotene Interessenabwägung<br />

fällt daher zulasten des Mandanten aus; der Antrag nach<br />

§ 80 Abs. 5 VwGO ist nicht begründet.<br />

<strong>5.</strong> RECHTMÄßIGKEIT DER ANORDNUNG, DIE ZUGEWIESENE<br />

HAUSNUMMER AM GRUNDSTÜCK ANZUBRINGEN<br />

a) Rechtsgrundlage für diese Anordnung ist § 126 Abs. 3 BauGB.<br />

b) Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin ist (erneut) gegeben. Dabei<br />

kann off en bleiben, ob sich die Zuständigkeit erneut aus §§ 3 bis<br />

5 OBG NRW als allgemeiner Ordnungsbehörde oder aus § 60 Abs. 1<br />

Nr. 3 BauO NRW als Bauordnungsbehörde ergibt. Auch <strong>im</strong> Übrigen<br />

bestehen hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit keine Bedenken.<br />

Eine Anhörung ist erfolgt und das hier nach § 20 OBG NRW gegebene<br />

Schrift formerfordernis ist beachtet.<br />

c) Die Anordnung ist auch materiell rechtmäßig. Einzige tatbestandliche<br />

Voraussetzung ist nach § 126 Abs. 3 BauGB, dass von der Gemeinde<br />

eine Hausnummer festgesetzt wurde; dies ist durch die Verfügung<br />

vom 16. November 2011 gerade erfolgt.<br />

d) Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit bestehen angesichts<br />

des geringen Aufwandes zur Kennzeichnung des Grundstückes<br />

und der erheblichen Gefahren, die drohen, nicht.<br />

6. RECHTMÄßIGKEIT DER ZWANGSGELDANDROHUNG<br />

Die Androhung des Zwangsgeldes beruht auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs.<br />

1 Nr. 2, 60, 63 Abs. 1, 2, 3, 5 und 6 VwVG NRW. Bedenken, namentlich<br />

hinsichtlich der Best<strong>im</strong>mtheit und der Höhe des angedrohten<br />

Zwangsgeldes, bestehen nicht. Unproblematisch ist auch, dass nicht<br />

ausdrücklich ausgeführt wird, ob sich die Zwangsgeldandrohung auf<br />

Ziff er 1 oder 2 des Bescheides bezieht. Da Ziff er 1 rechtsgestaltend<br />

wirkt, ist dieser Teil der Ordnungsverfügung nicht vollstreckbar; die<br />

Zwangsgeldandrohung kann sich daher alleine auf Ziff er 2 beziehen.<br />

IV. ERGEBNIS: ERFOLGSAUSSICHTEN DER ERHOBENEN KLAGE<br />

Da die streitigen Verwaltungsakte nach den obigen Ausführungen<br />

insgesamt off ensichtlich rechtmäßig sind, ist auch die erhobene Klage<br />

nicht begründet. 16<br />

V. ZWECKMÄßIGKEITSÜBERLEGUNGEN<br />

Dem Mandanten ist zu raten, der streitigen Ordnungsverfügung<br />

nachzukommen und rechtzeitig bis zum 1<strong>5.</strong> Dezember 2011 die neue<br />

Hausnummer „2a“ an seinem Haus anzubringen.<br />

Die erhobene Klage sollte aus Kostengründen zurückgenommen<br />

werden. Dabei sollte das Gericht möglichst nicht über das eigene<br />

Auslegungsergebnis in Kenntnis gesetzt werden. Bislang hat das<br />

Gericht nur ein Klageverfahren und noch kein vorläufi ges Rechtsschutzverfahren<br />

angelegt. Daher ist es für den Mandanten kostengünstig,<br />

wenn es bei dem Klageverfahren bleibt.<br />

Der Mandant ist über das Ergebnis des Gutachtens und die Vorschläge<br />

zum weiteren Vorgehen zu informieren.<br />

16 Bearbeiterhinweis: Mehr muss an dieser Stelle zu den Erfolgsaussichten der Klage nicht mehr geschrieben<br />

werden.

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