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2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

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IV. § 263 I STGB<br />

B hat sich nicht wegen Betrugs durch das Erstellen der Scheinrechnungen<br />

strafb ar gemacht. Den Rechnungen lag zwar keine Leistungserbringung<br />

zugrunde, allerdings fehlt es an der Täuschung,<br />

denn die Rechnungen konnten be<strong>im</strong> eingeweihten D keinen Irrtum<br />

hervorrufen. Es ging zwar um eine Verschleierung der Entnahme des<br />

Geldes, gleichwohl genügt es nicht, dass A allgemein getäuscht werden<br />

sollte, denn Täuschung und Irrtum müssen be<strong>im</strong> Verfügenden,<br />

also bei D, vorliegen.<br />

V. § 267 I STGB<br />

Möglicherweise hat sich B aber durch das Erstellen der Scheinrechnungen<br />

wegen Urkundenfälschung strafb ar gemacht. Die Rechnungen<br />

sind Urkunden gem. § 267 I StGB, da sie eine menschliche<br />

verkörperte Willenserklärung darstellen, die zum Beweis <strong>im</strong> Rechtsverkehr<br />

geeignet und best<strong>im</strong>mt sind, und ihren Aussteller erkennen<br />

lassen. Die Rechnung ist jedoch nicht unecht, denn sie stammt von<br />

B, der als Aussteller der Urkunde erkenntlich ist. § 267 I StGB schützt<br />

nicht vor „schrift lichen Lügen“, 37 also Schrift stücken, deren Inhalt<br />

zwar unwahr ist, aber die vom angegebenen Aussteller herrühren.<br />

Somit hat sich B nicht wegen Urkundenfälschung gem. § 267 I StGB<br />

strafb ar gemacht.<br />

VI. § 257 I STGB<br />

Eine Strafb arkeit wegen Begünstigung gem. § 257 I StGB durch das<br />

Auszahlen des Geldes an D scheidet ebenfalls aus. B hat D durch das<br />

Auszahlen des Geldes zwar geholfen, die Vorteile aus den Untreuehandlungen<br />

zu sichern. Allerdings ist B selbst wegen Beteiligung an<br />

der Vortat strafb ar, so dass er gem. § 257 III 1 StGB nicht wegen Begünstigung<br />

bestraft wird.<br />

Bearbeiterhinweis: Betrug, Urkundenfälschung und Begünstigung<br />

sollten <strong>im</strong> ersten Tatkomplex allenfalls kurz geprüft werden. Falsch<br />

wäre es, ausführlicher Diebstahl, Unterschlagung sowie Hehlerei<br />

hinsichtlich der Überweisungen bzw. des abgehobenen Geldes zu<br />

prüfen. Eigentumsdelikte scheitern bereits auf den ersten Blick am<br />

fehlenden Tatobjekt, da ein Bankguthaben keine Sache ist, sondern<br />

eine Forderung.<br />

ZWEITER TATKOMPLEX: DIE U-BAHNFAHRT<br />

A. STRAFBARKEIT DES A<br />

I. § 265A I, <strong>3.</strong> VAR. STGB<br />

A könnte sich durch die U-Bahnfahrt wegen Beförderungserschleichung<br />

gem. § 265a I, <strong>3.</strong> Var. StGB strafb ar gemacht haben.<br />

<strong>1.</strong> TATBESTAND<br />

A hat zweifelsfrei durch die U-Bahnfahrt die Beförderung durch<br />

ein Verkehrsmittel in Anspruch genommen. Dadurch, dass er einen<br />

Kontrollmechanismus, nämlich das Drehkreuz, umging, hat er sich<br />

die Leistung auch erschlichen. 38 Das Erschleichen muss sich auf eine<br />

entgeltliche Leistung beziehen. Dies setzt der Tatbestand zwar nicht<br />

explizit voraus. Hierfür spricht aber die dort verlangte Absicht, das<br />

Entgelt nicht zu entrichten und dass § 265a StGB das Vermögen des<br />

37 Da ein Kontrollmechanismus umgangen wird, kommt es auf den Streit, ob schlichtes Schwarzfahren<br />

ein Erschleichen darstellt, off ensichtlich nicht an.<br />

38 Fischer (Fn. 7), § 265a Rn. 8, 2, 2<strong>7.</strong><br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / <strong>2012</strong><br />

Fallbearbeitung<br />

Leistungserbringers schützt. 39 Da A hier eine gültige Monatskarte<br />

und damit das Entgelt für den Zeitraum entrichtet hatte, erlangt er<br />

keine entgeltliche Leistung. 40 Dass er entgegen der Beförderungsbedingungen<br />

keinen Einzelfahrschein löste, führt zu keinem anderen<br />

Ergebnis, da diese lediglich der Beweiserleichterung dienen. 41<br />

<strong>2.</strong> ERGEBNIS<br />

A hat sich durch die U-Bahnfahrt zum Rechtsanwalt nicht wegen<br />

Beförderungserschleichung gem. § 265a I, <strong>3.</strong> Var. StGB strafb ar gemacht.<br />

II. §§ 265A I, <strong>3.</strong> VAR., II, 22, 23 I STGB<br />

A könnte sich durch die U-Bahnfahrt zum Rechtsanwalt wegen versuchter<br />

Beförderungserschleichung gem. §§ 265a I, <strong>3.</strong> Var., II, 22, 23<br />

I StGB strafb ar gemacht haben. Die Tat ist nicht vollendet. Der Versuch<br />

ist strafb ar gem. § 265a II StGB.<br />

<strong>1.</strong> TATENTSCHLUSS<br />

Fraglich ist, ob A den Tatentschluss zur Erschleichung der Beförderungsleistung<br />

gefasst hatte. Immerhin ging er davon aus, dass er sich<br />

durch den Nichterwerb einer Einzelfahrkarte strafb ar machen würde.<br />

Hier könnte jedoch ein Wahndelikt vorliegen. Dazu müsste A die<br />

maßgeblichen tatsächlichen Umstände kennen und diese lediglich<br />

falsch subsumieren. 42 A irrte nicht über Tatsachen, sondern darüber,<br />

dass eine strafb are Handlung auch vorliege, wenn er entgegen den<br />

Beförderungsbedingungen keinen Einzelfahrschein löst. As Irrtum<br />

bezog sich also nicht auf Tatsachen, sondern auf die rechtliche Wertung,<br />

dass ein bloßer Verstoß gegen die Beföderungsbedingungen<br />

eine Strafb arkeit begründen kann. Es liegt ein als strafl oses Wahndelikt<br />

einzustufender umgekehrter Verbotsirrtum vor. 43<br />

Bearbeiterhinweis: Eine andere Ansicht ist hier vertretbar, wenn<br />

man argumentiert, es liege ein rechtlicher Vorfeldirrtum vor, und<br />

zum Ergebnis kommt, dass ein solcher Irrtum einen untauglichen<br />

Versuch begründe, weil der Täter das strafrechtliche Tatbestandsmerkmal<br />

richtig erfasse. 44 Immerhin geht A fälschlicherweise davon<br />

aus, er verursache wegen des Verstoßes gegen die Beförderungsbedingungen<br />

einen Vermögensschaden und nutze die U-Bahn unentgeltlich.<br />

<strong>2.</strong> ERGEBNIS<br />

A hat sich durch die U-Bahnfahrt nicht wegen versuchter Beförderungserschleichung<br />

gem. §§ 265a I, <strong>3.</strong> Var., II, 22, 23 I StGB strafb ar<br />

gemacht.<br />

39 Nach Lackner/Kühl (Fn. 32), § 265a Rn. 7 entfällt erst die Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten.<br />

40 BayObLG NJW 1986, 1504; OLG Koblenz NJW 2000, 86, 87; Bearbeiterhinweis: Etwas anderes<br />

könnte gelten, wenn es sich um eine übertragbare Zeitkarte handelt, da dann stets die Gefahr einer<br />

anderweitigen Nutzung der Karte besteht, vgl. dazu Kudlich, NStZ 2001, 90 ff ., der jedoch auch in einem<br />

solchen Fall eine Strafb arkeit ablehnt.<br />

41 Siehe zur Abgrenzung zwischen Wahndelikt und untauglichem Versuch Murmann, Grundkurs<br />

Strafrecht, <strong>1.</strong> Aufl . 2011, § 28 Rn. 45 ff .; Schmitz, Jura 2003, 593 ff .<br />

42 Vgl. BayObLG NJW 1986, 1504 (1505); OLG Koblenz NJW 2000, 86, 87; Fischer (Fn. 7), § 265a Rn.<br />

26.<br />

43 Herzberg, JuS 1980, 469 ff .; diff erenzierend aber nun ders., Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter,<br />

2002, S. 189 ff .; dagegen etwa Eser, in: Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 2<strong>8.</strong> Aufl . 2010, § 22<br />

Rn. 89 m.w.N.<br />

44 Fischer (Fn. 7), § 123 Rn. <strong>8.</strong><br />

49

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