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2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

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verschiedenen Überwachungsmöglichkeiten des Unternehmens ab. 47<br />

So gehört es z. B. zu einer erforderlichen Aufsichtsmaßnahme, dass<br />

ein Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung eine eigene<br />

„Compliance-Abteilung“ einrichtet, welche die Einhaltung der betriebsbezogenen<br />

Pfl ichten überwacht. 48 Auch die Auswahl geeigneter<br />

und zuverlässiger Mitarbeiter fällt darunter. 49 Hat der Betriebsinhaber<br />

derartige Aufsichtsmaßnahmen unterlassen und begeht infolgedessen<br />

eine nicht eigenverantwortlich handelnde Person des Unternehmens<br />

(z. B. Hausmeister) eine Straft at, ist nach § 130 Abs. 3 S.<br />

1 OWiG die Verhängung einer Geldbuße bis zu € 1 Mio. möglich!<br />

Begeht der Mitarbeiter aber lediglich eine Ordnungswidrigkeit, so<br />

gilt § 130 Abs. 3 S. 2 OWiG. Folglich kann hier von einer Akzessorietät<br />

der Betriebsinhaberhaft ung zur Pfl ichtverletzung des Mitarbeiters<br />

gesprochen werden.<br />

IV. SANKTIONEN:<br />

Gerade <strong>im</strong> Bereich des Wirtschaft sstrafrechts muss das Motto „cr<strong>im</strong>e<br />

does not pay“ 50 gelten. Es sind daher spezifi sche Sanktionen erforderlich,<br />

um die aus den Wirtschaft sstraft aten resultierenden wirtschaft -<br />

lichen Vorteile wieder entziehen zu können.<br />

Es ist dabei zunächst zu unterscheiden zwischen Sanktionen gegen<br />

natürliche Personen und gegen Unternehmen.<br />

<strong>1.</strong> SANKTIONEN GEGEN NATÜRLICHE PERSONEN:<br />

Gegen natürliche Personen kommt natürlich die Verhängung einer<br />

Freiheitsstrafe gem. §§ 38 ff . StGB oder Geldstrafe gem. §§ 40 ff . StGB<br />

in Betracht. Aber das Strafrecht hält auch Maßregeln der Besserung<br />

und Sicherung, § 61 StGB und v. a. Berufsverbote, § 70 StGB für den<br />

typischen Wirtschaft sstraft äter“ bereit.<br />

Im Ordnungswidrigkeitsrecht ist die Geldbuße nach § 1 OWiG die<br />

gängige Sanktion. Die Höhe der Geldbuße best<strong>im</strong>mt sich nach § 17<br />

OWiG.<br />

Die für Wirtschaft sstraft aten äußerst wichtige Sanktion der Gewinnabschöpfung<br />

wird durch verschiedene Arten der Abschöpfung sichergestellt:<br />

Zunächst kann die Staatsanwaltschaft den Verfall gem. §§ 73 ff . StGB,<br />

29a OWiG erklären und die Einziehung von Tatprodukten oder Tatmitteln<br />

nach den §§ 74 ff . StGB, §§ 22 ff . OWiG beantragen. Auch ist<br />

eine Gewinnabschöpfung nach § 30 Abs. 3 OWiG möglich.<br />

Eine in der Praxis häufi g anzutreff ende Variante ist die Einstellung<br />

des Verfahrens nach § 153a StPO gegen Aufl agen oder Weisungen,<br />

welche zwar keine Kr<strong>im</strong>inalstrafe ist aber ebenfalls Sanktionscharakter<br />

entfaltet. 51<br />

<strong>2.</strong> SANKTIONEN GEGEN UNTERNEHMEN:<br />

Da es- wie oben bereits aufgezeigt- kein Unternehmensstrafrecht in<br />

Deutschland gibt, hat der Gesetzgeber quasi „durch die Hintertür“<br />

eine Sanktionierung von Unternehmen eingeführt. Mittels des Ordnungswidrigkeitsrechts<br />

hat der Gesetzgeber durch § 30 OWiG eine<br />

Norm geschaff en, welche eine Verbands- oder Unternehmensgeldbuße<br />

bis zu € 1 Mio. zulässt. Dienen die § 14 StGB und § 9 OWiG<br />

der „Abwälzung“ von persönlichen Merkmalen des Unternehmens<br />

47 Vgl. Többens, in: NStZ 1999,1 (5).<br />

48 Vgl. BGH, NJW 2009, 3173 (3175); Hauschka, Corporate Compliance, 200<strong>7.</strong><br />

49 Zum Ganzen: Achenbach, in: Achenbach/Ransiek, Kap. I 3, Rn. 5<strong>2.</strong><br />

50 Vgl. Wittig, Wirtschaft sstrafrecht, § 8, Rn.4.<br />

51 Vgl. Ebd.; Dannecker, in: LK, § 1, Rn.42<strong>1.</strong><br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / <strong>2012</strong><br />

Ausbildung<br />

auf ihre Organe oder Vertreter, so führt § 30 OWiG dazu,<br />

dass dem Unternehmen Pfl ichtverletzungen ihrer Leitungsorgane<br />

zugerechnet werden.<br />

Begeht ein solches Leitungsorgan i. S. v. § 30 Abs. 1 Nr.1-5 StGB eine<br />

tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhaft e bzw. vorwerfb are<br />

Straft at oder Ordnungswidrigkeit und verstößt dabei gegen betriebsbezogen<br />

Pfl ichten i. S. v. § 30 Abs. 1 OWiG, so liegt eine für § 30<br />

Abs. 1 OWiG erforderliche Bezugstat durch ein Leitungsorgan des<br />

Unternehmens vor.<br />

Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass die Bezugstat gem.<br />

§ 30 Abs. 4 OWiG weder geahndet werden noch geahndet worden sein muss,<br />

weswegen man hier auch von einer sog. „anonymen Verbandsgeldbuße“ 52<br />

spricht.<br />

V. REGELUNGSZUSAMMENHANG VON § 14 STGB, § 9 OWIG, § 130<br />

OWIG, § 30 OWIG:<br />

Nachdem wir nunmehr einen allgemeinen Überblick über das Haftungssystem<br />

des Wirtschaft sstrafrechts bekommen haben, wird<br />

nunmehr der Regelungszusammenhang der verschiedenen Zurechnungsnormen<br />

erläutert: 53<br />

Die §14 StGB und § 9 OWiG erlauben die Zurechnung von persönlichen<br />

Eigenschaft en des Unternehmens auf die natürlichen, handelnden<br />

Personen des Unternehmens. Erst durch diese Zurechnung wird<br />

eine Strafb arkeit der natürlichen Personen begründet. Diese Strafbarkeit<br />

stellt aber gleichsam auch eine Bezugstat i. S. v. § 30 OWiG<br />

dar. Somit kann gleichzeitig gegen das Unternehmen eine Geldbuße<br />

nach § 30 Abs. 3 OWiG verhängt werden. § 130 OWiG statuiert<br />

wiederum eine Aufsichtspfl icht, die bei Verhängung einer Geldbuße<br />

nach § 30 OWiG verletzt ist. Folglich stellt § 30 OWiG eine für § 130<br />

OWiG erforderliche Anknüpfungstat dar.<br />

VI. FAZIT:<br />

Als Ergebnis der Einführung bleibt festzuhalten, dass der „Allgemeine<br />

Teil des Wirtschaft sstrafrechts“ vielerorts die gängigen Lehren aus<br />

dem Strafrecht AT modifi ziert. Am prägnantesten wird dies an der<br />

Aufweichung der Kausalitätslehre sichtbar, bei der sogar die Mitursächlichkeit<br />

ausreichend sein soll.<br />

Das Strafrecht als Reaktion auf Wirtschaft skr<strong>im</strong>inalität stößt aber<br />

auch zuweilen an seine Grenzen. Wer das höchst interessante Rechtsgebiet<br />

als Schwerpunkt i. R. d. Studiums wählen möchte bzw. sich<br />

als Referendar auf diesem Terrain bewegt, dem hat dieser Beitrag<br />

die Grundstrukturen des Wirtschaft sstrafrechts hoff entlich näher<br />

gebracht.<br />

52 Achenbach, in: Achenbach/ Ransiek, Kap. I 2, Rn.1<strong>8.</strong><br />

53 Vgl. Wittig, Wirtschaft sstrafrecht, §12, Rn.<strong>9.</strong><br />

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