22.01.2013 Aufrufe

2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aufgrund dieser Verweistechnik kann hier von einer Akzessorietät<br />

zu außerstrafrechtlichen Normen gesprochen werden.<br />

Mag diese Technik auf den ersten Blick für den Rechtsanwender<br />

äußerst fl exibel wirken, so wirkt sie unter verfassungsrechtlichen<br />

Gesichtspunkten doch befremdlich. Zwar kann durch den Rückgriff<br />

auf außerstrafrechtliche Normen der Anwendungsbereich von<br />

Wirtschaft sdelikten erheblich ausgedehnt werden, jedoch wirft dies<br />

bzgl. des Best<strong>im</strong>mtheitsgrundsatzes aus Art. 103 Abs, 2 GG erhebliche<br />

Probleme auf. 23<br />

Zum besseren Verständnis kann man die Blanketttatbestände noch<br />

unterteilen: 24<br />

Zum Einen können für die Verweisungsnorm und die Ausfüllungsnorm<br />

verschiedene Normsetzungsinstanzen zuständig sein. So stellt<br />

§ 34 Abs. 1 AWG eine Verweisungsnorm dar, die erst durch die Ausfuhrliste<br />

Anlage AL zur Außenwirtschaft sverordnung präzisiert wird<br />

(Blanketttatbestände <strong>im</strong> weiteren Sinne).<br />

Demgegenüber gibt es aber auch Blanketttatbestände, die zur Ausfüllung<br />

der Verweisungsnorm auf weitere Akte derselben Normsetzungsinstanz<br />

verweisen (Blanketttatbestände <strong>im</strong> engeren Sinne), wie<br />

das bei § 38 WpHG der Fall ist. Diese Blankettnorm verweist zur weiteren<br />

Ausfüllung auf § 14 WpHG (Verbot des Insiderhandels) und<br />

auf § 20a WpHG (Verbot der Marktmanipulation).<br />

4. KAUSALITÄT:<br />

Im Strafrecht wird zur Ermittlung einer zurechenbaren Handlung<br />

von der ständigen Rechtsprechung auf die Äquivalenztheorie zurückgegriff<br />

en. 25 Jedem Studenten ist dabei die „Condicio-sine-quanon-Formel“<br />

geläufi g, wonach jede Ursache kausal ist, die nicht<br />

hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfi ele.<br />

Aufgrund der Weite dieser Formel wurde einschränkend auf das Institut<br />

der objektiven Zurechnung zurückgegriff en.<br />

Im Wirtschaft sstrafrecht hat der BGH jedoch die Grenzen der Kausalität<br />

noch weiter gefasst als es die Äquivalenztheorie ohnehin macht:<br />

a) Lederspray- Entscheidung:<br />

In der berühmten Lederspray- Entscheidung des BGH 26 konnte dem<br />

Hersteller von Ledersprays nicht eindeutig nachgewiesen werden,<br />

welche Substanz genau Lungenödeme bei den Konsumenten ausgelöst<br />

hatten. Es stand nur zur Überzeugung des Gerichts fest, dass<br />

irgendeine Substanz des Ledersprays für die Gesundheitsschäden<br />

verantwortlich gewesen sein musste. Dies ließ der BGH für die Bejahung<br />

der Kausalität ausreichen. Dabei ging der Strafsenat des BGH<br />

hier nach dem Ausschlussprinzip vor, indem er andere in Betracht<br />

kommende Ursachen ausschließen konnte. Folglich musste eine Substanz<br />

des Sprays für die Schäden verantwortlich gewesen sein, denn<br />

andere Ursachen kamen nicht mehr in Betracht.<br />

23 Vgl. zum Ganzen: Tiedemann, Wirtschaft sstrafrecht AT, Rn. 101 ff ..<br />

24 Vgl. Wittig, Wirtschaft sstrafrecht, § 6, Rn.14ff ..<br />

25 Vgl. BGHSt 1, 332(333); 45, 270(294); 49,1(4).<br />

26 Vgl. BGHSt 37, 106(111ff .).<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / <strong>2012</strong><br />

Ausbildung<br />

b) Holzschutzmittel- Entscheidung:<br />

In der Holzschutzmittel- Entscheidung27 lockerte der BGH die Anforderungen<br />

an die Kausalität noch weiter, als bereits in der Lederspray- Entscheidung<br />

geschehen:<br />

Der BGH ließ hier für den Nachweis der Kausalität eine Mitursächlichkeit<br />

des Holzschutzmittels für die Gesundheitsschädigung ausreichen.<br />

Wenn diese Mitursächlichkeit zweifelsfrei feststeht, konnte<br />

nach Ansicht des BGH also sogar auf das Ausschlussprinzip verzichtet<br />

werden. Der BGH konnte dabei weder die schädliche Wirkung<br />

des Mittels nachweisen, noch konnte er- dem Ausschlussprinzip<br />

folgend- alle anderen Ursachen bis auf eine ausschließen. Lediglich<br />

stand für das Gericht zweifelsfrei fest, dass zumindest auch das Holzschutzmittel<br />

mitursächlich für die Gesundheitsschädigung der Konsumenten<br />

gewesen sein musste.<br />

An dieser Rechtsprechung ist aber v. a. zu kritisieren, dass sie zu einer<br />

Annährung an die aus dem Zivilrecht bekannte, verschuldensunabhängige<br />

Produkthaft ung führt. 28 Zudem würde der Grundsatz „in<br />

dubio pro reo“ aufgeweicht, wenn bereits eine Mitursächlichkeit den<br />

Anforderungen der Kausalität genügen solle. 29<br />

c) Gremienentscheidungen:<br />

Schwierigkeiten bereitet auch der Nachweis der Kausalität von Gremienentscheidungen,<br />

die typischerweise bei Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen<br />

einer AG bzw. bei Geschäft sführersitzungen<br />

einer GmbH stattfi nden. Problematisch ist hier die Feststellung der<br />

Ursächlichkeit einzelner St<strong>im</strong>men bei Mehrheitsentscheidungen<br />

bzw. die Situation der St<strong>im</strong>menthaltung.<br />

Die Kausalität wird jedenfalls bei nur einer St<strong>im</strong>me Mehrheit bejaht.<br />

Dann liege nämlich ein Fall der sog. kumulativen Kausalität vor. 30<br />

Denn denkt man sich auch nur eine St<strong>im</strong>me weg, so wäre keine St<strong>im</strong>menmehrheit<br />

mehr gegeben. Somit ist das Abst<strong>im</strong>mverhalten eines<br />

jeden Einzelnen kausal für die Herbeiführung des Abst<strong>im</strong>mungsergebnisses<br />

geworden. 31<br />

Wenn jedoch eine Mehrheit von mehr als einer St<strong>im</strong>me vorliegt, ist<br />

der Fall nicht mehr so eindeutig. Denn denkt man sich eine St<strong>im</strong>me<br />

hinweg, so könnte u. U. <strong>im</strong>mer noch eine St<strong>im</strong>menmehrheit<br />

zustande kommen. Die ganz h. M. n<strong>im</strong>mt aber auch für diesen Fall<br />

eine Kausalität an. 32 Zur Begründung wird angeführt, dass sich jeder<br />

beteiligte St<strong>im</strong>mberechtigte als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB strafbar<br />

gemacht habe, indem jedem Beteiligten das Verhalten des anderen<br />

zugerechnet wird. 33 Diese Ansicht weiß zu überzeugen, da aus<br />

wirtschaft srechtlicher Sicht jeder Beteiligte für das Zustandekommen<br />

einer rechtmäßigen Abst<strong>im</strong>mung erforderlich ist.<br />

Bei St<strong>im</strong>menthaltungen i. R. v. Gremienentscheidungen stellt sich<br />

auch die Frage der Kausalität, die von allen Meinungen <strong>im</strong> Ergebnis<br />

bejaht wird. Als Bespiel mag hier das bekannte Mannesmann- Verfahren<br />

34 dienen, bei welchem sich ein Aufsichtsratsmitglied i. R. d.<br />

Abst<strong>im</strong>mung über sog. Anerkennungsprämien der St<strong>im</strong>me enthalten<br />

hatte.<br />

27 Vgl. BGHSt 41,206(214ff .).<br />

28 Vgl. Hassemer, Produktverantwortung <strong>im</strong> modernen Strafrecht, <strong>2.</strong> Aufl age, 1996, S.44f..<br />

29 Vgl. Puppe, in: NK, Vor § 13, Rn.84.<br />

30 Vgl. Wessels/Beulke, Strafrecht AT, Rn.158a; Wittig, Wirtschaft sstrafrecht, § 6, Rn.46.<br />

31 Vgl. Ebd., Rn.4<strong>7.</strong><br />

32 Vgl. Ebd.; Walter, in: LK, Vor § 13, Rn.8<strong>2.</strong><br />

33 Vgl. BGHSt 37,107(129); Beulke/ Bachmann, JuS 1992, 73<strong>7.</strong><br />

34 Vgl. BGHSt 50,33<strong>1.</strong><br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!