Erläuternder Bericht: Bundesgesetz über die Freizügigkeit ... - EJPD
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Wer den Beruf des avvocato ausüben will, muss <strong>die</strong> Ausbildung eines procuratore<br />
legale absolvieren. Nach zweijähriger Berufsausübung kann der procuratore legale<br />
das Staatsexamen für avvocati ablegen. Nach sechsjähriger Tätigkeit wird er auch<br />
ohne Staatsexamen direkt ins Register der avvocati eingetragen. Der avvocato<br />
<strong>über</strong>nimmt in einem Prozess nicht <strong>die</strong> Parteivertretung, sondern besorgt <strong>die</strong> "difesa<br />
tecnica", <strong>die</strong> eigentliche Planung des Prozesses. In der Praxis wird <strong>die</strong>se Unterscheidung<br />
dadurch abgeschwächt, dass jeder avvocato auch im Register der<br />
procuratori legali eingetragen sein muss und deshalb auch Parteivertretungen <strong>über</strong>nehmen<br />
kann.<br />
Vor höheren Gerichtsinstanzen (Corte di cassazione, Consiglio di Stato, Corte dei<br />
conti usw.) sind nur avvocati zugelassen, <strong>die</strong> in einem Spezialregister (albo speciale<br />
delle giurisdizioni superiori) eingetragen sind. Dieser Eintrag ist ohne Prüfung nach<br />
achtjähriger Berufsausübung oder mit Prüfung nach mindestens zweijähriger Berufsausübung<br />
möglich.<br />
153.2 <strong>Freizügigkeit</strong> der italienischen Anwältinnen und Anwälte<br />
Der procuratore legale darf seinen Beruf nur in dem Appellationsgerichtsbezirk ausüben,<br />
in dem er eingetragen ist. Er ist verpflichtet, Wohnsitz in <strong>die</strong>sem Bezirk und<br />
zwar am Hauptort <strong>die</strong>ses Bezirks zu nehmen. Der avvocato hingegen kann seinen<br />
Beruf in ganz Italien ausüben. Handelt er jedoch als procuratore legale, vertritt er<br />
also Parteien vor Gericht, ist er denselben Beschränkungen unterworfen wie der<br />
procuratore legale und muss folglich einen procuratore legale des betreffenden<br />
Bezirks beiziehen.<br />
153.3 Dienstleistungserbringung durch Anwältinnen und Anwälte aus<br />
den EU- und EWR-Staaten<br />
Das Gesetz Nr. 31 vom 9. Februar 1982 regelt <strong>die</strong> Stellung der Anwältinnen und<br />
Anwälte aus den EU-Staaten. Haben <strong>die</strong>se ihr Diplom in einem EU-Staat erworben,<br />
dürfen sie ohne weitere Bewilligung in Italien arbeiten, vorausgesetzt, sie arbeiten<br />
dort nur vor<strong>über</strong>gehend. Artikel 2 des Gesetzes Nr. 31 verbietet Anwältinnen und<br />
Anwälten aus anderen EU-Staaten - und aufgund des EWR-Abkommens auch denjenigen<br />
aus den EWR-Staaten - ausdrücklich, in Italien ein Anwaltsbüro oder auch<br />
nur eine zweite Kanzlei einzurichten. Diese Bestimmung muss jedoch in Zusammenhang<br />
mit dem EuGH-Urteil vom 30. November 1995 in Sachen Reinhard Gebhard<br />
gegen Consiglio dell'Ordine degli Avvocati e Procuratori di Milano (vgl. Ziff. 142)<br />
relativiert werden. Im Rahmen von Dienstleistungen dürfen <strong>die</strong>se Anwältinnen und<br />
Anwälte gerichtlich und aussergerichtlich wie ein avvocato tätig sein. Für eine<br />
gerichtliche Tätigkeit müssen sie allerdings einen avvocato oder einen procuratore<br />
legale beiziehen. Zusätzlich müssen sie der Präsidentin oder dem Präsidenten der<br />
Anwaltskammer des Bezirks, in dem sie gerichtlich tätig sein wollen, den Sitz ihrer<br />
Anwaltskanzlei und den Namen ihrer italienischen Anwaltskollegin oder ihres italienischen<br />
Anwaltskollegen mitteilen.<br />
153.4 Niederlassung der Anwältinnen und Anwälte aus den EU- und<br />
EWR-Staaten