Erläuternder Bericht: Bundesgesetz über die Freizügigkeit ... - EJPD
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Anwaltsberuf jedoch nicht anwendbar. Da ein spezielles <strong>Bundesgesetz</strong> oder eine<br />
interkantonale Vereinbarung <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Freizügigkeit</strong> der Anwältinnen und Anwälte<br />
fehlt, gilt für den Anwaltsberuf grundsätzlich das Binnenmarktgesetz. Dieses vermag<br />
jedoch <strong>die</strong> spezifischen Probleme (z.B. Disziplinaraufsicht, Berufsregeln,<br />
Berufsbezeichnung, Honorare) nicht zu lösen. Das vorliegende Anwaltsgesetz<br />
schliesst folglich eine Lücke in der <strong>Bundesgesetz</strong>gebung und ergänzt <strong>die</strong> Massnahmen,<br />
welche vom Bund und den Kantonen bereits getroffen worden sind.<br />
122 Ergänzung zum Binnenmarktgesetz<br />
Das Binnenmarktgesetz ist am 1. Juli 1996 in Kraft getreten. In Artikel 3 sieht es vor,<br />
dass der freie Zugang zum Markt anderer Kantone nur dann nach Massgabe der<br />
Vorschriften des Bestimmungsortes eingeschränkt werden kann, wenn <strong>die</strong>se<br />
Beschränkungen gleichermassen auch für ortsansässige Personen gelten, zur Wahrung<br />
<strong>über</strong>wiegender öffentlicher Interessen unerlässlich sind und wenn sie den<br />
Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten. Damit fördert das neue Gesetz <strong>die</strong><br />
tatsächliche Verwirklichung der Handels- und Gewerbefreiheit nach Artikel 31 BV. Es<br />
schliesst allerdings nicht aus, dass <strong>die</strong> Kantone für Zweifelsfälle ein einfaches,<br />
rasches und kostenloses Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit der Ausbildungen<br />
vorsehen (Art. 4 BGBM).<br />
Die Eigentümlichkeit der Anwaltstätigkeit und <strong>die</strong> besondere Rolle der Anwältinnen<br />
und Anwälte im Justizverfahren haben zur Folge, dass <strong>die</strong> Kantone aufgrund ihrer<br />
Kompetenz im Bereich der Gerichtsorganisation ein Verfahren vorsehen könnten,<br />
das gewährleistet, dass <strong>die</strong> Anwältinnen und Anwälte aus anderen Kantonen <strong>die</strong>selben<br />
Voraussetzungen erfüllen wie <strong>die</strong> "einheimischen" Anwältinnen und Anwälte.<br />
Eine Überprüfung der Ausbildungsanforderungen wäre aufgrund von Artikel 4 Absatz<br />
3 BGBM möglich; <strong>die</strong>se würde gegen<strong>über</strong> der heutigen Situation allerdings einen<br />
Rückschritt bedeuten. Das Problem der <strong>Freizügigkeit</strong> der Anwältinnen und Anwälte<br />
stellt sich jedoch ohnehin vor allem hinsichtlich der Prüfung der persönlichen Voraussetzungen<br />
30 . Artikel 4 Absatz 3 BGBM sieht aber vor, dass das einfache, rasche<br />
und kostenlose Verfahren zur Prüfung der Frage des freien Zugangs sich auf <strong>die</strong><br />
erforderlichen Kenntnisse bezieht und nicht auf <strong>die</strong> persönlichen Voraussetzungen.<br />
Die Prüfung <strong>die</strong>ser persönlichen Voraussetzungen könnte folglich Gegenstand eines<br />
Verfahrens sein, welches <strong>die</strong> Erhebung einer Gebühr rechtfertigt. Nach Artikel 3<br />
Absatz 1 BGBM darf der freie Zugang zum Markt für ortsfremde Anbieterinnen und<br />
Anbieter jedoch nur dann nach Massgabe der Vorschriften des Bestimmungsortes<br />
eingeschränkt werden, wenn <strong>die</strong>se Beschränkungen gleichermassen auch für<br />
ortsansässige Personen gelten, zur Wahrung <strong>über</strong>wiegender öffentlicher Interessen<br />
unerlässlich sind und verhältnismässig sind. Diese Beschränkungen dürfen dar<strong>über</strong><br />
hinaus in keinem Fall ein verdecktes Handelshemmnis zu Gunsten einheimischer<br />
Wirtschaftsinteressen beinhalten (Art. 3 Abs. 4 BGBM).<br />
Als Ergänzung zum Binnenmarktgesetz und für eine bessere Verwirklichung der<br />
<strong>Freizügigkeit</strong> der Anwältinnen und Anwälte muss deshalb festgelegt werden, welche<br />
fachlichen und persönlichen Voraussetzungen verlangt werden können, in welchem<br />
Zeitpunkt sie durch wen geprüft werden und wie <strong>die</strong> Gerichtsbehörden <strong>die</strong> notwendi-<br />
30 Vgl. Wolffers, S. 77 und dort zitierte Literatur; P. Chaulmontet, Contribution à l'étude de la<br />
profession d'avocat, Lausanne 1970, S. 54.