Erläuternder Bericht: Bundesgesetz über die Freizügigkeit ... - EJPD
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234 Honorare<br />
- 42 -<br />
234.1 Kantonale Empfehlungen für <strong>die</strong> Honorare (Art. 19)<br />
Der Höhe der Anwaltshonorare wird meistens aufgrund von Tarifen festgelegt oder<br />
beeinflusst, <strong>die</strong> je nach Kanton variieren 102 . Es gibt einerseits <strong>die</strong> staatlichen Tarife,<br />
<strong>die</strong> gestützt auf eine gesetzliche Grundlage beschlossen werden und deren Höhe für<br />
<strong>die</strong> Anwältinnen und Anwälte zwingend ist. Diese gelten für Rechtsstreitigkeiten und<br />
manchmal sogar für Rechtsberatungen. Anderseits können Berufsorganisationen<br />
Konventionaltarife erlassen, <strong>die</strong> auf Privatrecht beruhen. Werden <strong>die</strong>s jedoch aufgrund<br />
einer Delegationsbestimmung beschlossen, sind sie mit staatlichen Tarifen<br />
vergleichbar.<br />
Das <strong>Bundesgesetz</strong> vom 6. Oktober 1995 <strong>über</strong> <strong>die</strong> Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen<br />
(Kartellgesetz, KG) 103 ist für Konventionaltarife direkt anwendbar.<br />
Werden <strong>die</strong> Konventionaltarife von der Berufsorganisation, <strong>die</strong> sie beschlossen hat,<br />
für zwingend erklärt oder wird durch <strong>die</strong> Praxis der Anwältinnen und Anwälte ein<br />
Einheitstarif geschaffen, liegt eine Abrede vor, von der nach Kartellgesetz vermutet<br />
wird, dass sie den wirksamen Wettbewerb verhindert (Art. 5 Abs. 3 KG). Die Berufsorganisation<br />
muss <strong>die</strong>se Vermutung widerlegen und gegebenenfalls <strong>die</strong> Zulässigkeit<br />
der Abrede nachweisen, indem sie zu ihrer Rechtfertigung Gründe der wirtschaftlichen<br />
Effizienz vorbringt (Art. 5 Abs. 2 KG). Die staatlichen Tarife hingegen fallen<br />
nicht in den Anwendungsbereich des Kartellgesetzes. Die Wettbewerbskommission<br />
kann jedoch den kantonalen Behörden Empfehlungen unterbreiten (Art. 45 KG) und<br />
zu kantonalen rechtsetzenden Erlassesentwürfen Stellung nehmen (Art. 46 Abs. 2<br />
Satz 2 KG). Zudem kann der Preis<strong>über</strong>wacher den Kantonen aufgrund von Artikel 14<br />
des Preis<strong>über</strong>wachungsgesetzes 104 Empfehlungen abgeben.<br />
Das Anwaltsgesetz schlägt für alle Kantone eine einheitliche Lösung vor. Es sieht<br />
den Erlass nicht zwingender Empfehlungen für <strong>die</strong> Festlegung der Honorare vor und<br />
verzichtet auf verbindliche staatliche Tarife. Diese Empfehlungen <strong>die</strong>nen nur als<br />
Wegweiser und gelten nur für <strong>die</strong> Vertretung von Parteien vor Gerichtsbehörden 105 .<br />
Sie sollen eine Grössenordnung angeben, auf <strong>die</strong> sich sowohl Anwältinnen und<br />
Anwälte als auch Klientinnen und Klienten beziehen können. Diese können vertraglich<br />
jedoch auch ein niedrigeres Honorar festsetzen.<br />
Das Anwaltsgesetz sieht zudem vor, dass <strong>die</strong> Kantone <strong>die</strong> Zuständigkeit für den<br />
Erlass solcher Empfehlungen auf eine Berufsorganisation (Anwaltsverband) <strong>über</strong>tragen<br />
können. Diese müssen dann aber durch den Kanton genehmigt werden, damit<br />
sie ihre Wirkungen entfalten können.<br />
234.2 Kantonale Behörde für <strong>die</strong> Überprüfung der Honorare (Art. 20)<br />
102 Vgl. Tercier, S. 8 ff.<br />
103 AS 1996 546, SR 251.<br />
104 SR 942.20.<br />
105 Vgl. Wolffers, S. 160 f.