Erläuternder Bericht: Bundesgesetz über die Freizügigkeit ... - EJPD
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schweizerischen Universitäten" 62 . Der Kanton Waadt fordert neben dem Lizentiat der<br />
Rechte, dass <strong>die</strong> Anwaltskandidatin oder der Anwaltskandidat eine der drei folgenden<br />
Voraussetzungen erfüllt: Ermächtigung zur Verfassung einer Dissertation an<br />
einer schweizerischen oder ausländischen Rechtsfakultät, ein nach mindestens zwei<br />
Semestern abgeschlossenes juristisches Nachdiplomstudium an einer schweizerischen<br />
oder ausländischen Hochschule oder eine mindestens zweijährige anerkannte<br />
juristische Praxis 63 . Die Voraussetzung einer juristischen Ausbildung von mindestens<br />
drei Jahren, <strong>die</strong> mit einem Hochschuldiplom abgeschlossen wird, sollte folglich in den<br />
meisten Kantonen keine praktischen Probleme bieten. Sie entspricht den Anforderungen<br />
der Richtlinie 89/48/EWG <strong>über</strong> eine allgemeine Regelung zur Anerkennung<br />
der Hochschuldiplome, <strong>die</strong> eine mindestens dreijährige Berufsausbildung<br />
abschliessen (vgl. Ziff. 142).<br />
232.42 Praktikum (Art. 6 Abs. 1 Bst. b)<br />
In den deutschschweizerischen Kantonen beträgt <strong>die</strong> Mindestdauer des Praktikums<br />
in der Regel ein Jahr. Die Kantone Bern und Thurgau schreiben eine Dauer von 18<br />
Monaten vor. Die welschen Kantone und der Kanton Tessin fordern hingegen eine<br />
Dauer von zwei Jahren. Ein einziger Kanton, nämlich Obwalden, begnügt sich mit<br />
einem sechsmonatigen Praktikum, auch wenn <strong>die</strong> Kandidatinnen und Kandidaten in<br />
der Praxis oft ein einjähriges Praktikum absolvieren. Das Anwaltsgesetz sieht deshalb<br />
ein mindestens einjähriges Praktikum vor. Folglich muss nur der Kanton Obwalden<br />
seine Gesetzgebung in <strong>die</strong>sem Punkt anpassen, damit sein Anwaltspatent den<br />
Anforderungen des Anwaltsgesetzes entspricht.<br />
Die welschen Kantone und der Kanton Tessin sind der Auffassung, dass <strong>die</strong>se Praktikumsdauer<br />
zu kurz ist, während <strong>die</strong> deutschschweizerischen Kantone eine länger<br />
dauernde Hochschulausbildung vorziehen würden (vgl. Ziff. 16). In <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
ist daran zu erinnern, dass das Anwaltsgesetz nur <strong>die</strong> Anforderungen<br />
festlegt, <strong>die</strong> ein Kanton von den Anwältinnen und Anwälten, <strong>die</strong> ihr Patent in einem<br />
anderen Kanton erworben haben, höchstens verlangen kann. Bereits heute erteilen<br />
<strong>die</strong> welschen Kantone Anwältinnen und Anwälten aus Kantonen, in denen <strong>die</strong> Dauer<br />
des Praktikums nur ein Jahr beträgt, <strong>die</strong> Bewilligung zur Berufsausübung. Da <strong>die</strong><br />
welschen Kantone und der Kanton Tessin zudem frei bleiben, für den Erwerb ihres<br />
eigenen Anwaltspatents eine längere Praktikumsdauer vorzuschreiben, brauchen <strong>die</strong><br />
Anforderungen an das Praktikum für <strong>die</strong> interkantonale Anerkennung des Anwaltspatents<br />
nicht erhöht zu werden. Dies hätte zudem zur Folge, dass <strong>die</strong> Praktikumsdauer<br />
für <strong>die</strong> Mehrheit der Kantone verlängert würde. Dieselben Überlegungen können den<br />
deutschschweizerischen Kantonen, <strong>die</strong> eine längere Stu<strong>die</strong>ndauer als drei Jahre<br />
bevorzugen würden, entgegengehalten werden.<br />
Das Praktikum, das in der Schweiz zu absolvieren ist, muss mit einem Examen <strong>über</strong><br />
<strong>die</strong> theoretischen und praktischen Rechtskenntnisse abgeschlossen werden.<br />
62 § 4 Bst. d des Reglements vom 28. Oktober 1952 für <strong>die</strong> Erteilung und den Entzug des Rechtsanwaltspatentes<br />
(GS des Kantons Schwyz 238).<br />
63 Art. 20 des waadtländischen Anwaltsgesetzes vom 22. November 1944.