Erläuternder Bericht: Bundesgesetz über die Freizügigkeit ... - EJPD
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Artikel 20 Absatz 1 BGFA schreibt vor, dass jeder Kanton eine kantonale Behörde zu<br />
bezeichnen hat, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Überprüfung der Anwaltshonorare für <strong>die</strong> Vertretung von<br />
Parteien vor Gerichtsbehörden zuständig ist. Diese Lösung entspricht der Regelung<br />
in einigen Kantonen, <strong>die</strong> zwischen dem geschuldeten Honorar für <strong>die</strong> gerichtliche<br />
Tätigkeit einerseits und dem für <strong>die</strong> übrigen Anwaltstätigkeiten, einschliesslich der<br />
Rechtsberatung, geschuldeten Honorar anderseits unterscheiden. Die Überprüfung<br />
des Honorars für <strong>die</strong> gerichtliche Tätigkeit ist einer speziellen Behörde anvertraut<br />
(beispielsweise dem in der Rechtssache zuständigen Gericht). Das Honorar für <strong>die</strong><br />
übrigen Anwaltstätigkeiten wird durch <strong>die</strong> Zivilgerichte nach dem ordentlichen Verfahren<br />
<strong>über</strong>prüft, als Streit zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer.<br />
Die Kantone können der speziellen Überprüfungsbehörde auch <strong>die</strong> Überprüfung des<br />
Honorars für aussergerichtliche Anwaltstätigkeiten zuweisen.<br />
Der Entscheid der Behörde für <strong>die</strong> Überprüfung der Honorare stellt jedoch weder ein<br />
vollstreckbares Urteil noch einen Rechtsöffnungstitel dar. Er gibt nur Antwort auf <strong>die</strong><br />
Frage, ob das Honorar - unter der Voraussetzung, dass <strong>die</strong> in Rechnung gestellten<br />
Bemühungen erforderlich oder wenigstens vertretbar sind - den Empfehlungen<br />
entspricht und angemessen ist 106 . Der Streit <strong>über</strong> ein Honorar kann als Streit <strong>über</strong><br />
"zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" im Sinne von Artikel 6 EMRK<br />
betrachtet werden, weil <strong>die</strong> Prüfung der Übereinstimmung mit den Empfehlungen für<br />
<strong>die</strong> Ansprüche einer Partei unmittelbar entscheidend sein kann 107 . Die Behörde für<br />
<strong>die</strong> Überprüfung der Honorare muss deshalb den Anforderungen in Artikel 6 Absatz 1<br />
EMRK genügen, wenn das kantonale Recht keinen Rechtsweg gegen ihre<br />
Entscheide vorsieht. Handelt es sich bei der Behörde für <strong>die</strong> Überprüfung der<br />
Honorare nicht um ein Gericht im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 EMRK, braucht es<br />
eine nachträgliche Kontrolle durch eine kantonale Gerichtsbehörde. Der<br />
letztinstanzliche kantonale Entscheid kann nur Gegenstand einer staatsrechtlichen<br />
Beschwerde ans Bundesgericht sein, da er nicht aufgrund von<br />
Bundesverwaltungsrecht ergeht.<br />
Nach Artikel 20 Absatz 2 BGFA teilen <strong>die</strong> Kantone dem Bundesamt für Justiz <strong>die</strong> für<br />
<strong>die</strong> Überprüfung zuständigen Behörden mit. Die Liste <strong>die</strong>ser Behörden wird zusammen<br />
mit derjenigen der Aufsichtsbehörden nach Ablauf der in Artikel 23 BGFA vorgesehenen<br />
Frist im Anhang des Anwaltsgesetzes publiziert (Abs. 3).<br />
234.3 Überprüfung der Honorare (Art. 21)<br />
Die zuständige kantonale Behörde entscheidet auf Begehren von Klientinnen und<br />
Klienten oder Anwältinnen und Anwälten <strong>über</strong> <strong>die</strong> Angemessenheit der Honorare für<br />
<strong>die</strong> Vertretung von Parteien vor Gerichtsbehörden. Sie setzt aber nicht den genauen<br />
Betrag fest, sondern beschränkt sich darauf, festzustellen, ob <strong>die</strong> geforderten Honorare<br />
<strong>über</strong>trieben sind. Es handelt sich demnach um ein einfaches und rasches Verfahren.<br />
Die zuständige kantonale Behörde fällt einen Entscheid, der gegebenenfalls<br />
nach kantonalem Recht weitergezogen werden kann.<br />
106<br />
Vgl. Wolffers, S. 168.<br />
107<br />
Vgl. Andrew Grotrian, L'article 6 de la Convention européenne des Droits de l'Homme,<br />
Strasbourg 1994, S. 12.