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Erläuternder Bericht: Bundesgesetz über die Freizügigkeit ... - EJPD

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- 43 -<br />

Artikel 20 Absatz 1 BGFA schreibt vor, dass jeder Kanton eine kantonale Behörde zu<br />

bezeichnen hat, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Überprüfung der Anwaltshonorare für <strong>die</strong> Vertretung von<br />

Parteien vor Gerichtsbehörden zuständig ist. Diese Lösung entspricht der Regelung<br />

in einigen Kantonen, <strong>die</strong> zwischen dem geschuldeten Honorar für <strong>die</strong> gerichtliche<br />

Tätigkeit einerseits und dem für <strong>die</strong> übrigen Anwaltstätigkeiten, einschliesslich der<br />

Rechtsberatung, geschuldeten Honorar anderseits unterscheiden. Die Überprüfung<br />

des Honorars für <strong>die</strong> gerichtliche Tätigkeit ist einer speziellen Behörde anvertraut<br />

(beispielsweise dem in der Rechtssache zuständigen Gericht). Das Honorar für <strong>die</strong><br />

übrigen Anwaltstätigkeiten wird durch <strong>die</strong> Zivilgerichte nach dem ordentlichen Verfahren<br />

<strong>über</strong>prüft, als Streit zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer.<br />

Die Kantone können der speziellen Überprüfungsbehörde auch <strong>die</strong> Überprüfung des<br />

Honorars für aussergerichtliche Anwaltstätigkeiten zuweisen.<br />

Der Entscheid der Behörde für <strong>die</strong> Überprüfung der Honorare stellt jedoch weder ein<br />

vollstreckbares Urteil noch einen Rechtsöffnungstitel dar. Er gibt nur Antwort auf <strong>die</strong><br />

Frage, ob das Honorar - unter der Voraussetzung, dass <strong>die</strong> in Rechnung gestellten<br />

Bemühungen erforderlich oder wenigstens vertretbar sind - den Empfehlungen<br />

entspricht und angemessen ist 106 . Der Streit <strong>über</strong> ein Honorar kann als Streit <strong>über</strong><br />

"zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" im Sinne von Artikel 6 EMRK<br />

betrachtet werden, weil <strong>die</strong> Prüfung der Übereinstimmung mit den Empfehlungen für<br />

<strong>die</strong> Ansprüche einer Partei unmittelbar entscheidend sein kann 107 . Die Behörde für<br />

<strong>die</strong> Überprüfung der Honorare muss deshalb den Anforderungen in Artikel 6 Absatz 1<br />

EMRK genügen, wenn das kantonale Recht keinen Rechtsweg gegen ihre<br />

Entscheide vorsieht. Handelt es sich bei der Behörde für <strong>die</strong> Überprüfung der<br />

Honorare nicht um ein Gericht im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 EMRK, braucht es<br />

eine nachträgliche Kontrolle durch eine kantonale Gerichtsbehörde. Der<br />

letztinstanzliche kantonale Entscheid kann nur Gegenstand einer staatsrechtlichen<br />

Beschwerde ans Bundesgericht sein, da er nicht aufgrund von<br />

Bundesverwaltungsrecht ergeht.<br />

Nach Artikel 20 Absatz 2 BGFA teilen <strong>die</strong> Kantone dem Bundesamt für Justiz <strong>die</strong> für<br />

<strong>die</strong> Überprüfung zuständigen Behörden mit. Die Liste <strong>die</strong>ser Behörden wird zusammen<br />

mit derjenigen der Aufsichtsbehörden nach Ablauf der in Artikel 23 BGFA vorgesehenen<br />

Frist im Anhang des Anwaltsgesetzes publiziert (Abs. 3).<br />

234.3 Überprüfung der Honorare (Art. 21)<br />

Die zuständige kantonale Behörde entscheidet auf Begehren von Klientinnen und<br />

Klienten oder Anwältinnen und Anwälten <strong>über</strong> <strong>die</strong> Angemessenheit der Honorare für<br />

<strong>die</strong> Vertretung von Parteien vor Gerichtsbehörden. Sie setzt aber nicht den genauen<br />

Betrag fest, sondern beschränkt sich darauf, festzustellen, ob <strong>die</strong> geforderten Honorare<br />

<strong>über</strong>trieben sind. Es handelt sich demnach um ein einfaches und rasches Verfahren.<br />

Die zuständige kantonale Behörde fällt einen Entscheid, der gegebenenfalls<br />

nach kantonalem Recht weitergezogen werden kann.<br />

106<br />

Vgl. Wolffers, S. 168.<br />

107<br />

Vgl. Andrew Grotrian, L'article 6 de la Convention européenne des Droits de l'Homme,<br />

Strasbourg 1994, S. 12.

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