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2009/10 - Rabanus-Maurus-Schule

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<strong>2009</strong>/<strong>10</strong><br />

Gipfelglück<br />

W<br />

ir waren mittlerweile schon zwei Tage in diesem Schweizer Kuhdorf – doch<br />

heute sollte es ein besonderer Tag werden. Sagen wir es so: Ich konnte mir ein<br />

Augenverdrehen bei dem Wort ‚besonderer‘ nicht verkneifen. Wir würden heute auf<br />

irgendeinen Berg steigen. Mein Vater war zu nachtschlafender Zeit (um 9 Uhr) in mein<br />

Zimmer, oder eher in meine Stube, gekommen und hatte mich begeistert geweckt.<br />

Mein Enthusiasmus dagegen hielt sich in Grenzen. Ich nahm mir ein Kissen aus dem<br />

Bett und warf meinen Vater damit ab, weshalb er beleidigt die Stube wieder verließ.<br />

Ich drehte mich auf die andere Seite und versuchte weiterzuschlafen. Natürlich hatte<br />

ich nicht lange meine Ruhe. Zwei Minuten später stand meine Mutter in der Tür und<br />

klatschte mir ohne Vorwarnung einen nassen Waschlappen in den Nacken. Mit spit-<br />

zen Fingern hob ich den Lappen aus meinem Nacken und ließ ihn angewidert fallen.<br />

Wütend blitzte ich meine Mutter an, die mich nur herausfordernd angrinste. Widerwillig<br />

stand ich auf und ging frühstücken. Wie grausam Eltern doch sein können!<br />

Nach diesem tollen Start in den Tag freute ich mich natürlich noch mehr auf diesen<br />

wundervollen Berg. – Mein Vater sagt bei solchen Gelegenheiten, dass ich aufhören<br />

solle, so ironisch zu sein – aber: Ich bin ein Teenager! Da ist das normal!<br />

Mit Sonnenbrille und Handtasche bewaffnet stieg ich in unseren Kombi und mein Vater<br />

trat auf das Gaspedal, worauf der Wagen gemächlich Geschwindigkeit aufnahm.<br />

Nach einer 15-minütigen Gesangseinlage meiner Eltern: „Das Wandern ist des Müllers<br />

Lust“ sah ich endlich vor mir die Talstation auftauchen und war froh, dass ich<br />

nicht mehr mit ihnen in einem geschlossenen Raum<br />

sein musste. Ich wollte mit meinen Eltern auf keinen<br />

Fall in einer der Gondeln fahren, die zu der nächsten<br />

Station führten, das wäre zu peinlich geworden. Dies<br />

verkündete ich ihnen auch postwendend und stieg<br />

dramatisch in die fast volle Gondel ein, in der nach meinem<br />

Einstieg zum Glück kein Platz mehr war. Wohl oder<br />

übel waren meine Erzieher gezwungen, in die nächste<br />

anlaufende Gondel zu steigen, was sie auch taten. Bevor<br />

meine Gondel abhob, bekam ich noch einen bösen<br />

Blick von meinem Vater zu spüren.<br />

Plötzlich begann mein Handy in meiner Handtasche<br />

zu vibrieren. Ich kramte es hervor und sah, dass meine<br />

beste Freundin mir eine Nachricht geschrieben hatte.<br />

Ich tippte gerade eine Antwort, als die Gondel rumpelnd<br />

zu stehen kam, da wir an der ersten Station angekommen<br />

waren. Ich stieg aus der Gondel aus. Mittlerweile<br />

hatte ich die Antwort auf die Nachricht getippt<br />

und war dabei auf „Senden“ zu drücken. Mein Handy<br />

zeigte aber nur, anstatt des üblichen „Nachricht wurde<br />

gesendet“, ein „Die Nachricht konnte nicht zugestellt<br />

werden“. Ein Gefühl des Ärgers überkam mich und ich<br />

stapfte wütend los. Ich hatte nämlich herausgefunden,<br />

dass ich auf diesem blöden Berg keinen Empfang hatte.<br />

‚Es musste doch auf diesem Gipfel irgendwo Handyempfang<br />

geben!’, dachte ich mir trotzig und machte<br />

mich auf den Weg zu einem kleinen Pfad. Mit in die<br />

Luft gestrecktem Handy stapfte ich den Weg entlang.<br />

Der Pfad stieg unentwegt an und irgendwann, nach<br />

<strong>10</strong>-minütiger Empfangssuche, wurde mir bewusst, dass<br />

jegliche Zivilisation außerhalb meiner Reichweite lag.<br />

Nicht mal ein Schild mit Anweisungen, wie ich wieder<br />

zurückkommen würde, war mir begegnet. Langsam<br />

begann ich Panik zu bekommen. Ich war allein in der<br />

Pampa mit einem Mobiltelefon, das keinen Empfang<br />

hatte, und der Sorge, nicht mehr zurückzufinden. „So<br />

etwas kann auch nur mir passieren“ oder „Warum muss<br />

ich nur so stur sein?“ sind eigentlich die üblichen Vorwürfe,<br />

die man sich in so einer Situation macht, aber ich<br />

schob die Schuld wieder einmal auf meine Eltern. „Warum<br />

mussten meine Eltern mich auch mit auf so einen<br />

blöden Berg schleppen!“, fluchte ich zornig vor mich<br />

hin ohne auch nur darüber nachzudenken, wie ich wieder<br />

nach Hause kommen würde. Stattdessen entschied<br />

ich kurzerhand, dass ich einfach diesem Weg weiter folgen<br />

würde und wenn dann irgendwann ein Hauch von<br />

Zivilisation auftauchen würde, könnte ich meine Eltern<br />

von dem dortigen Telefon anrufen und mich abholen<br />

lassen. Dies war mein Plan.<br />

Leider wurde es immer wärmer und die Sonne blendete<br />

mich, weshalb ich mir meine Sonnenbrille aufsetzte.<br />

Ich wusste nicht, wie lange ich schon diesen Weg<br />

folgte, als mir auffiel, dass er immer mehr anstieg und<br />

schmaler wurde.<br />

Inzwischen war ich an dem bisher schmalsten Teil des<br />

Pfades gekommen und sah ein Seil, dass an einer Felswand<br />

befestigt war. Links war der Fels, rechts ein

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