2009/10 - Rabanus-Maurus-Schule
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klaffender Abgrund. ‚Wie bin ich bloß hierher gekommen?‘, fragte ich mich in stiller<br />
Verzweiflung. Ich wusste nicht, wie ich wieder zurückkommen sollte, weshalb ich die<br />
Initiative ergriff: Vorsichtig berührte ich mit schwitzenden Händen das Tau und testete,<br />
ob es stabil war. Als ich es ergriff, schwang es ein wenig, aber sonst geschah<br />
nichts weiter. Also wagte ich es, mich mit beiden Händen an dem Seil festzuhalten.<br />
Mit verkrampften Händen hangelte ich mich am Abgrund entlang. Meine Sonnenbrille<br />
saß gefährlich instabil auf meiner Nasenspitze und als ich in die Sonne blickte und<br />
niesen musste, fiel sie hinab in die Tiefe und ich konnte hören, wie sie auf den spitzen<br />
Felsen zerschellte. ‚Oh nein! Meine schöne Sonnenbrille!‘, ärgerte ich mich, war aber<br />
dennoch froh, dass nur meine Sonnenbrille und nicht ich dort unten lag.<br />
Nur noch ein paar Meter bis zum erlösenden Bergweg standen mir bevor. Nur noch<br />
einige Meter des engen Passes und ich würde mich nicht mehr in Gefahr befinden.<br />
Drei Meter, zwei Meter, ein Meter – ich stürmte förmlich mit Euphorie getränkt den<br />
Hang hinauf.<br />
Über mir tauchte eine Gondel auf und ich begann zu strahlen. Denn nun wurde mir<br />
bewusst, dass die Zivilisation, und somit meine Eltern, nicht mehr weit entfernt waren.<br />
Nichts konnte mehr meine positiv angehauchte Stimmung trüben und ich sprang vor<br />
Glück und Erleichterung die letzten Meter bis zur rettenden Bergstation. Keuchend<br />
erklomm ich die Stufen des Bergrestaurants und fand meine Eltern bedrückt vor.<br />
Ich begann laut zu schreien. „Mama, Papa!“ Die beiden wandten sich mir zu und ich<br />
rannte ihnen entgegen. Glücklich schloss ich die Arme<br />
um meinen Vater und meine anfängliche Wut war verschwunden.<br />
Irgendwie hatte ich doch noch mein persönliches<br />
Gipfelglück gefunden.<br />
Sara Bechtold<br />
Eigentlich sollten die Schülerinnen und Schüler der<br />
Klasse 8c die Luftperspektive in der Malerei einüben<br />
und die Bildbearbeitung/-montage am Computer<br />
erlernen. Doch Sara, die wie einige andere ihren Farbkasten<br />
vergessen hatte und deshalb eine Geschichte<br />
zum Thema schreiben musste, nutzte die Gelegenheit<br />
und debütierte als Kurzgeschichten-Autorin. Sie bekommen<br />
hier beides geliefert – die visuellen und die<br />
literarischen „Glücksfälle“.