2009/10 - Rabanus-Maurus-Schule
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<strong>2009</strong>/<strong>10</strong><br />
Erkundungen auf<br />
dem Reichsparteitagsgelände<br />
Handgranantenweitwurf<br />
und Gasmaskenlauf<br />
B<br />
ilder von Nationalsozialisten, die unter anderem diese makaberen Wettkämpfe<br />
veranstalteten, sorgten in unserer Gruppe für einige irritierte Lacher. Getreu<br />
dem Motto „Hart wie Kruppstahl…“ , so wurde uns erzählt, lockten die Nazis das Volk<br />
mit Veranstaltungen wie diesen auf ihren Reichsparteitag in Nürnberg.<br />
Heutzutage zieht das ehemalige Reichstagsgelände noch immer unzählige Besucher<br />
an (glücklicherweise aus anderen Gründen) – so auch uns, fünf wissbegierige<br />
Geschichtsgrundkurse der Jahrgangsstufe 13. Unsere LKler mussten ironischerweise<br />
zuhause bleiben, dafür durften wir aber am 01. September 20<strong>10</strong> die Begleitung der<br />
Herren Galmarini, Elm, Kramß, Zirpins und Michel genießen.<br />
Bevor wir nach zweieinhalb Stunden Busfahrt unter den nicht wirklich einstimmenden<br />
Klängen von planetradio das Hauptgebäude, die „Kongresshalle“ erreichten,<br />
hätte wohl niemand mit derartigen Ausmaßen gerechnet. 39 m hoch, an das Römische<br />
Kolosseum erinnernd, fasst sie 50.00 Menschen. Und als wir dann mit unserer<br />
Führung in den 200 m breiten Innenhof gingen, konnte man erahnen, welche Wirkung<br />
die Architekten beim Volk erzielen wollten: „Du bist unbedeutend, Wicht, aber<br />
Teil einer großen Sache!“ Das verschwenderische Gelände, vier mal größer als die<br />
Nürnberger Altstadt, wurde also für Propagandaveranstaltungen genutzt. Vor dem<br />
2. Weltkrieg versammelte sich hier ganz Nazi-Deutschland um die NSDAP und Hitler,<br />
der es anscheinend für nötig hielt, neben dem genannten Hauptgebäude auch noch<br />
die steinerne „Luitpoldarena“, das „Zeppelinfeld“ samt Tribüne, ein Stadion, die 60<br />
m breite “Große Straße” und ein “Märzfeld” zu bauen; alles hauptsächlich zwecks<br />
Aufmärschen und „Führerreden“. 50 Mio. Euro kostete umgerechnet alleine die Erbauung<br />
der Kongresshalle. Und das Bizarrste ist: vieles blieb unvollendet. So hätte die<br />
Kongresshalle beispielsweise noch ein Stockwerk und ein freitragendes Dach aufgesetzt<br />
bekommen sollen, ein zweites „Deutsches Stadion“ war auch in Planung. Von<br />
solchem Größenwahn zeugt auch ein gigantisches Vergnügungsareal mit Volksfestcharakter<br />
nahe des Geländes – übrigens war diese sogenannte „Kraft durch Freude-<br />
Stadt“ ebenfalls ein Punkt, an dem wir die Nazis nur noch bespötteln konnten. Alle<br />
Selbstinszenierungen und Verherrlichungen Hitlers<br />
wurden allerdings nur bis zum Kriegsbeginn betrieben<br />
– paff, dann verschwand nämlich auf einmal Geld, Volk<br />
und Gelegenheit.<br />
Nach der Führung vertieften wir unsere Geschichtskenntnisse<br />
im Museum, das sich heutzutage in der Kongresshalle<br />
befindet. Wir bekamen riesige, nostalgische<br />
Audioguides in die Hand gedrückt und konnten uns auf<br />
Exkursion begeben. Prima, da jeder sein eigenes Tempo<br />
bestimmen konnte, und sich so in der modernen Ausstellung<br />
über das Dritte Reich frei weiterbilden konnte.<br />
Prima, da alles sehr anschaulich und verständlich war,<br />
mit vielen Filmen und interessanter Darstellung. Von<br />
manchen allerdings kritisiert, da der Audioguide „nur“<br />
den Text vorlas, der neben den Filmen und Fotografien<br />
abgedruckt war.<br />
Beachtlich war wohl trotzdem, da sind wir uns einig,<br />
die kritische, tabulose Auseinandersetzung mit der<br />
Schreckenszeit des NS-Regimes; aber vor allem die<br />
„hautnahen“ Quellen fernab von typischen ausgekauten<br />
Informationen, die man im Laufe seiner Schulzeit so<br />
mitbekommt. Auf dem Reichsparteitagsgelände haben<br />
also auch unsere LKler etwas verpasst.<br />
Julia Günther, Hannah Rettberg