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2009/10 - Rabanus-Maurus-Schule

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Freiwilligendienst<br />

bei der Fundación Arco Iris<br />

E-mail: paul.berbee@gmx.de<br />

Blog: http://paulinbolivien.wordpress.com/<br />

I<br />

ch heiße Paul Berbée und habe im Frühjahr 20<strong>10</strong> am Domgymnasium mein<br />

Abitur gemacht. Anstelle meines Zivildienstes leiste ich seit Ende Juli einen<br />

zwölfmonatigen „Anderen Dienst im Ausland“ bei der Stiftung „Arco Iris“ in La Paz,<br />

dem Bolivienprojekt, das von unserer <strong>Schule</strong> gefördert wird (siehe vorherige Seite).<br />

Seit gut einem Monat bin ich nun hier in Südamerika und habe diesen Schritt noch<br />

keinen Augenblick bereut. La Paz ist einfach phantastisch. Es ist die höchstgelegene<br />

Großstadt der Welt mit einer absolut einmaligen Lage: Für mich bleibt bis heute<br />

atemberaubend, wie sich die Stadtviertel an den steilen Hänge des Andentals hochziehen,<br />

in das La Paz hineingebaut ist. Auf den Straßen und Plätzen herrscht zwischen<br />

dem unbeschreiblichen Verkehrschaos ein so vielfältiges und buntes Leben, wie wohl<br />

nirgendwo in Europa. Die Lebensfreude der Menschen und die unzähligen Volksfeste<br />

mit Musik und Tanz sind und bleiben faszinierend für mich.<br />

Ich fühle mich hier zwar sehr wohl, kann mich aber nicht an die unglaublichen Gegensätze<br />

gewöhnen, auf die man hier unwillkürlich trifft und die für Bolivien charakteristisch<br />

sind. Der Kontrast zwischen dem supermodernen Zentrum von La Paz<br />

mit seinen Wolkenkratzern, 5-Sterne-Hotels und seinem spektakulären Nachtleben<br />

und den Slums von El Alto oben auf der Bergkette ist einfach niederschmetternd. Die<br />

Familien, die ich für meine Arbeit dort besucht habe, leben mit ihren zahlreichen Kindern<br />

in einem einzigen kleinen Raum ohne vernünftiges Mobiliar, zu schweigen von<br />

fließendem Wasser und jeglichen sanitären Einrichtungen.<br />

In diesen Familien kommt es auf Grund der Armut häufig zu Konflikten und Gewalt.<br />

Viele Kinder werden Opfer von körperlicher und auch sexueller Misshandlung.<br />

Manchmal geht sie so weit, dass sie es bei ihren Eltern nicht mehr aushalten und von<br />

zu Hause abhauen. Ihr ganzes Leben spielt sich dann auf der Straße ab, wo sie arbeiten<br />

und übernachten müssen und oft mit Kriminalität, Alkohol und Drogen in Kontakt<br />

kommen.<br />

Ich arbeite im Projekt „Casa de Paso“, dem Übergangsheim der Regenbogenstiftung,<br />

wo ca. 30 solcher Jungs freiwillig Schutz finden können. Bei uns erhalten die Kinder<br />

und Jugendlichen alles, was sie zum Leben brauchen, inklusive psychologischer und<br />

medizinischer Betreuung, handwerklicher Ausbildung und Hausaufgabenhilfe. Wichtig<br />

ist, dass gleichzeitig auch intensiv mit den Familien zusammengearbeitet wird,<br />

um die vorhandenen Probleme zu lösen, damit die Kinder wieder zu ihren Eltern zurückkehren<br />

können. Falls das nicht möglich ist, vermitteln wir sie an das permanente<br />

Jungenheim der Stiftung weiter.<br />

Infos zum FSJ/ADiA bei der Fundación Arco Iris:<br />

Entsendeorganisation ist der „Verein zur Förderung<br />

der Straßenkinder in Bolivien e.V. Rottweil“. Der Kontakt<br />

läuft über Herrn Hans-Peter Funke (arco-iris.de).<br />

Die Dienststellen sind Teil des Weltwärts-Programms<br />

der Bundesregierung. Das heißt, dass alle Kosten für<br />

den Freiwilligendienst übernommen werden.<br />

Die Jungs sind zwischen <strong>10</strong> und 17 Jahre alt und haben,<br />

wie man sich vorstellen kann, zu einem großen Teil<br />

eine ziemlich heftige Vergangenheit hinter sich. Ihre<br />

Geschichten und Probleme ähneln sich häufig. Einige<br />

haben mir erzählt, dass die Person, die sie auf dieser<br />

Welt am meisten hassen, ihre Mutter ist, die sie auf keinen<br />

Fall mehr sehen wollen. Man merkt aber, wie sehr<br />

viele sich darüber freuen, wenn ihnen jemand zuhört,<br />

einfach mit ihnen herumalbert oder Fußball spielt. Das<br />

sind einige der Dinge, die ich ihnen als Freiwilliger bieten<br />

kann. Davon abgesehen begleite ich die Kinder ins<br />

Krankenhaus oder zum Arzt, wenn das nötig ist, oder<br />

erledige kleinere anfallende Aufgaben. Die Arbeit im<br />

Projekt ist für mich bisher sehr interessant, aber alles<br />

andere als leicht, weil mir erst ganz allmählich klar<br />

wird, wie die Jungs eigentlich ticken, und ihr spanischer<br />

Slang für mich ziemlich schwer zu verstehen ist.<br />

Ich merke aber, dass ich von den Mitarbeitern viel lernen<br />

kann und im Umgang mit unseren Kindern immer<br />

routinierter und professioneller werde.<br />

In meiner ersten Zeit der Eingewöhnung habe ich einen<br />

enormen Respekt vor der Arbeit der gesamten Fundación<br />

Arco Iris bekommen: Die einzelnen Projekte arbeiten<br />

nahtlos zusammen und bilden ein engmaschiges<br />

Netz, das alle Lebensphasen und -lagen abdeckt – von<br />

der Geburtsbetreuung junger Mütter über Kindergärten,<br />

Jugendheime und Ausbildungsstätten bis hin zur<br />

Besuchsdiensten für Ehemalige. Das Personal macht<br />

auf mich einen sehr guten Eindruck und leistet – soweit<br />

ich das beurteilen kann – trotz zahlreicher Rückschläge,<br />

die es immer wieder gibt, exzellente Arbeit. Die Fundación<br />

bietet einem mehr als nur einen Job, nämlich ein<br />

Stück Gemeinschaft und Heimat. Die Mitarbeiter – inklusive<br />

ich als Voluntär – empfinden es als eine Ehre für<br />

die Stiftung Arco Iris arbeiten zu dürfen.<br />

67 Berichte aus dem Schulleben<br />

<strong>2009</strong>/<strong>10</strong>

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