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2009/10 - Rabanus-Maurus-Schule

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D<br />

a standen sie nun also vor mir: zwei Gips-Milchtüten, aus denen<br />

mal so etwas wie menschenähnliche Büsten werden sollten. Am<br />

besten noch mit verschiedenen Gesichtsausdrücken, damit man auch<br />

erkennen kann, wer Dr. Jekyll und wer Mr. Hyde sein soll. Aber als ob das<br />

nicht schon Herausforderung genug wäre, sollten wir auch die beiden<br />

Charaktere der darzustellenden Figuren berücksichtigen. Laut Lehrer<br />

sei hier nicht eine Darstellung von „schwarz und weiß“ bzw. „gut und<br />

böse“ erwünscht. Man müsse da schon differenzieren. Beide Charaktere<br />

hätten ja bei genauerem Hinsehen auch Merkmale des jeweils anderen<br />

an sich. Oh je. Wenigstens hatte ich überhaupt eine Ahnung, um was es<br />

in der Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde ging.<br />

Um mir eine Vorstellung davon zu machen, wie es ist, mit Gips zu arbeiten,<br />

ging ich in den Keller und mischte mir aus einem Rest Hobbygips<br />

eine Grundform zusammen. Als die endlich getrocknet war, suchte ich<br />

mir ein paar Werkzeuge und machte mich daran, einen Menschen aus<br />

diesem Gipsblock zu modellieren. Als ich dem halbfertigen, glatzköpfigen<br />

Etwas nach zwei Stunden harter Arbeit die Nase abschnitt, gab<br />

ich auf. Dieses Projekt würde sich schwerer gestalten als gedacht. Ich<br />

hoffte jedoch auf eine gute Anleitung des erfahrenen Studenten, der<br />

unser erstes Bildhauerprojekt begleiten würde.<br />

Man fühlte sich dann doch etwas armselig mit den zwei kleinen Gipsblöcken<br />

vor einem auf dem Tisch, als Sebastian* uns sein ca. drei Meter<br />

hohes Bein aus Schrottplatz-Rohren zeigte. Aber jeder fängt eben<br />

klein an. Mir schien es wie eine Explosion an Kreativität, als wir endlich<br />

anfangen durften. Das hatte ich meinem Kurs nun wirklich nicht zugetraut:<br />

Kaum war die Erlaubnis erteilt, hämmerten alle geradewegs auf<br />

ihre Blöcke ein, dass der Gips nur so spritzte. Na gut, dann also los. Ich<br />

setzte mich vor meinen ersten Block. Hier vielleicht ein … nein … oder<br />

dort … nein. Die Produktivität meiner Mitkünstler war schon beinahe<br />

unheimlich. Ich musste jetzt einfach anfangen. Es würde schon irgendetwas<br />

daraus werden. Schnell stellte sich heraus, dass meine Idee einer<br />

Gipsbüste im Gegensatz zu den anderen Arbeiten eher der klassischen<br />

Variante entsprach. Jedoch fehlten ihr die Augen. Anfangs dachte ich,<br />

dass ich diese lieber zum Schluss machen würde, da ich großen Respekt<br />

davor hatte. Ich schob also dieses Problem vorerst vor mir her. Es gefiel<br />

mir jedoch immer mehr, dass der sonst so „perfekte“ Mensch keine Augen<br />

besaß. Ich beließ es also dabei. Keine Augen. Die Gestaltung des<br />

Oberkörpers sollte sich aber noch als ziemlich schwierig herausstellen.<br />

Ich schaffte es einfach nicht, eine richtig aussehende Brust zu modellieren.<br />

Sebastian half mir schließlich mit ein paar Ratschlägen, sodass<br />

es am Ende doch noch einem menschlichen Oberkörper glich. Jedoch<br />

war ich nicht sehr zufrieden mit diesem zur Seite blickenden Dr. Jekyll.<br />

Irgendwie zu langweilig, im Gegensatz zu den ominösen Gestalten der<br />

anderen, mit schrägen Gesichtsausdrücken und krummen Nasen. Da<br />

gab es teilweise sehr grob geformte Köpfe, die trotz allem sehr interessant<br />

und durchaus charakteristisch waren. Ich ärgerte mich ein wenig<br />

über die Starrheit dieses festgelegten Bildes einer Büste in meinem<br />

Kopf. Die anderen schienen ihren Gedanken einfach freien Lauf gelassen<br />

zu haben. Diese Kanten und Unebenheiten, an denen die Blicke<br />

hängen blieben gefielen mir plötzlich viel besser.<br />

„Mit der Farbe hau’ ich es raus“, sagte ich mir und fing den nächsten<br />

Kopf an. Da der Gips dieses Blockes noch sehr nass war, ging es ziemlich<br />

schnell einen dickköpfigen Mr. Hyde zu gestalten. Der gefiel mir<br />

schon viel besser, wie er schnippisch und frech zu seinem Gegenüber<br />

blickte. Es kam mir jedoch ziemlich komisch vor, dass ich so schnell mit<br />

der zweiten Büste fertig war. Ein schmaler, zur Seite blickender, leicht<br />

melancholischer Dr. Jekyll und ein frecher, schnippisch aussehender,<br />

dickköpfiger Mr. Hyde.<br />

Auf keinen Fall wollte ich die Figuren menschlich bemalen. Jetzt musste<br />

etwas Buntes her. Ich würde jetzt alles riskieren: Kurzerhand nahm ich<br />

mir irgendeinen Pinsel, Restfarbe vom Sitznachbarn und pinselte mir<br />

meine Hand an. Wer es sah, fragte mich, was ich da täte, doch ich ließ<br />

mich nicht beirren. Ich legte die Hand um den Kopf meines Dr. Jekyll<br />

und griff fest zu. Das gleiche tat ich mit der anderen Büste, nahm jetzt<br />

aber ein paar dunklere Farben dazu. Fertig waren sie!<br />

Lea Keil<br />

* Der Workshop wurde von Sebastian Pless, einem Studenten der Burg<br />

Giebichenstein und ehemaligen Schüler des Domgymnasiums geleitet.<br />

29<br />

<strong>2009</strong>/<strong>10</strong>

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