D a standen sie nun also vor mir: zwei Gips-Milchtüten, aus denen mal so etwas wie menschenähnliche Büsten werden sollten. Am besten noch mit verschiedenen Gesichtsausdrücken, damit man auch erkennen kann, wer Dr. Jekyll und wer Mr. Hyde sein soll. Aber als ob das nicht schon Herausforderung genug wäre, sollten wir auch die beiden Charaktere der darzustellenden Figuren berücksichtigen. Laut Lehrer sei hier nicht eine Darstellung von „schwarz und weiß“ bzw. „gut und böse“ erwünscht. Man müsse da schon differenzieren. Beide Charaktere hätten ja bei genauerem Hinsehen auch Merkmale des jeweils anderen an sich. Oh je. Wenigstens hatte ich überhaupt eine Ahnung, um was es in der Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde ging. Um mir eine Vorstellung davon zu machen, wie es ist, mit Gips zu arbeiten, ging ich in den Keller und mischte mir aus einem Rest Hobbygips eine Grundform zusammen. Als die endlich getrocknet war, suchte ich mir ein paar Werkzeuge und machte mich daran, einen Menschen aus diesem Gipsblock zu modellieren. Als ich dem halbfertigen, glatzköpfigen Etwas nach zwei Stunden harter Arbeit die Nase abschnitt, gab ich auf. Dieses Projekt würde sich schwerer gestalten als gedacht. Ich hoffte jedoch auf eine gute Anleitung des erfahrenen Studenten, der unser erstes Bildhauerprojekt begleiten würde. Man fühlte sich dann doch etwas armselig mit den zwei kleinen Gipsblöcken vor einem auf dem Tisch, als Sebastian* uns sein ca. drei Meter hohes Bein aus Schrottplatz-Rohren zeigte. Aber jeder fängt eben klein an. Mir schien es wie eine Explosion an Kreativität, als wir endlich anfangen durften. Das hatte ich meinem Kurs nun wirklich nicht zugetraut: Kaum war die Erlaubnis erteilt, hämmerten alle geradewegs auf ihre Blöcke ein, dass der Gips nur so spritzte. Na gut, dann also los. Ich setzte mich vor meinen ersten Block. Hier vielleicht ein … nein … oder dort … nein. Die Produktivität meiner Mitkünstler war schon beinahe unheimlich. Ich musste jetzt einfach anfangen. Es würde schon irgendetwas daraus werden. Schnell stellte sich heraus, dass meine Idee einer Gipsbüste im Gegensatz zu den anderen Arbeiten eher der klassischen Variante entsprach. Jedoch fehlten ihr die Augen. Anfangs dachte ich, dass ich diese lieber zum Schluss machen würde, da ich großen Respekt davor hatte. Ich schob also dieses Problem vorerst vor mir her. Es gefiel mir jedoch immer mehr, dass der sonst so „perfekte“ Mensch keine Augen besaß. Ich beließ es also dabei. Keine Augen. Die Gestaltung des Oberkörpers sollte sich aber noch als ziemlich schwierig herausstellen. Ich schaffte es einfach nicht, eine richtig aussehende Brust zu modellieren. Sebastian half mir schließlich mit ein paar Ratschlägen, sodass es am Ende doch noch einem menschlichen Oberkörper glich. Jedoch war ich nicht sehr zufrieden mit diesem zur Seite blickenden Dr. Jekyll. Irgendwie zu langweilig, im Gegensatz zu den ominösen Gestalten der anderen, mit schrägen Gesichtsausdrücken und krummen Nasen. Da gab es teilweise sehr grob geformte Köpfe, die trotz allem sehr interessant und durchaus charakteristisch waren. Ich ärgerte mich ein wenig über die Starrheit dieses festgelegten Bildes einer Büste in meinem Kopf. Die anderen schienen ihren Gedanken einfach freien Lauf gelassen zu haben. Diese Kanten und Unebenheiten, an denen die Blicke hängen blieben gefielen mir plötzlich viel besser. „Mit der Farbe hau’ ich es raus“, sagte ich mir und fing den nächsten Kopf an. Da der Gips dieses Blockes noch sehr nass war, ging es ziemlich schnell einen dickköpfigen Mr. Hyde zu gestalten. Der gefiel mir schon viel besser, wie er schnippisch und frech zu seinem Gegenüber blickte. Es kam mir jedoch ziemlich komisch vor, dass ich so schnell mit der zweiten Büste fertig war. Ein schmaler, zur Seite blickender, leicht melancholischer Dr. Jekyll und ein frecher, schnippisch aussehender, dickköpfiger Mr. Hyde. Auf keinen Fall wollte ich die Figuren menschlich bemalen. Jetzt musste etwas Buntes her. Ich würde jetzt alles riskieren: Kurzerhand nahm ich mir irgendeinen Pinsel, Restfarbe vom Sitznachbarn und pinselte mir meine Hand an. Wer es sah, fragte mich, was ich da täte, doch ich ließ mich nicht beirren. Ich legte die Hand um den Kopf meines Dr. Jekyll und griff fest zu. Das gleiche tat ich mit der anderen Büste, nahm jetzt aber ein paar dunklere Farben dazu. Fertig waren sie! Lea Keil * Der Workshop wurde von Sebastian Pless, einem Studenten der Burg Giebichenstein und ehemaligen Schüler des Domgymnasiums geleitet. 29 <strong>2009</strong>/<strong>10</strong>
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