Demographischer Wandel und Fachkräftebedarf - Kuratorium der ...
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Petra Beck, Deutsche Telekom AG<br />
Ute Büchele, Gesellschaft für Ausbildungsforschung <strong>und</strong> Berufsentwicklung<br />
Wilfried Malcher, Hauptverband des Deutschen Einzelhandels<br />
Qualifi zierung des betrieblichen Ausbildungspersonals<br />
Die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter in Unternehmen, die sich<br />
in unterschiedlichen Aufgabenzuschnitten mit <strong>der</strong> Vorbereitung,<br />
Durchführung <strong>und</strong> Steuerung <strong>der</strong> betrieblichen Ausbildungsaktivitäten<br />
beschäftigen, stellen die Qualität guter<br />
Ausbildung sicher. Die Entwicklung <strong>der</strong> Qualifi kationsanfor<strong>der</strong>ungen,<br />
geeignete Qualifi zierungswege für Lernprozessbegleiter<br />
<strong>und</strong> politische Rahmenvorgaben für die Qualifi zierung<br />
von Ausbildungspersonal, z. B. AEVO <strong>und</strong> Berufspädagoge,<br />
werden <strong>der</strong>zeit breit diskutiert.<br />
Ute Büchele<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an ausbildende Fachkräfte<br />
Einordnung des Themas<br />
Das Thema Lernen lässt sich historisch sowohl sprachgeschichtlich<br />
als auch kulturgeschichtlich einordnen. Sprachgeschichtlich<br />
gibt es eine gemeinsame Wurzel zwischen den<br />
Worten Leisten, Lernen, Lehren <strong>und</strong> List, aus dem erst später<br />
(im mittelhochdeutschen) Wissen wird. Diese Wurzel kommt<br />
ursprünglich aus dem Gotischen „laisti“ <strong>und</strong> besagt, dass man<br />
einer Spur nachgeht, wenn man tätig ist. Daraus wird Lernen<br />
(lais got.), wenn man dieser Fußspur nachgespürt hat, <strong>und</strong> am<br />
Ende ist man gelehrt (laisjan got.) <strong>und</strong> kann lehren, wissend<br />
machen. Die erworbenen Einsichten beim Nachspüren werden<br />
als List (ahd.) in <strong>der</strong> Jagd, im Kampf, in <strong>der</strong> Magie <strong>und</strong><br />
im Handwerk eingesetzt.<br />
Kulturgeschichtlich hat sich diese Einheit langsam auseinan<strong>der</strong><br />
dividiert <strong>und</strong> ihre Trennung erfahren: Die Universität wurde<br />
<strong>der</strong> Hort <strong>der</strong> Wissenschaft (<strong>der</strong> List), die Arbeit wurde in<br />
einer gewissen Hochblüte <strong>der</strong> Arbeitsteilung in tayloristisch<br />
organisierten Produktionsbetrieben geleistet <strong>und</strong> für die Bildung<br />
wurden Schulen, ausdifferenziert nach Leistungsgruppen,<br />
geschaffen.<br />
Mo<strong>der</strong>ne Arbeitsplätze<br />
Heute sehen wir, dass dieser ursprüngliche Zusammenhang<br />
von Leisten, Lernen, Lehren <strong>und</strong> Wissen an mo<strong>der</strong>nen Arbeitsplätzen<br />
wie<strong>der</strong> zu fi nden ist, denn in komplexen Arbeitssituationen<br />
ist es notwendig, diese Aktivitäten wie<strong>der</strong> miteinan<strong>der</strong><br />
zu verbinden, um den gestiegenen Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht<br />
werden zu können. Die Wissensarbeit fängt im Shopfl or bei<br />
<strong>der</strong> kontinuierlichen Verbesserung von Abläufen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Prozessgestaltung<br />
an; Innovationen werden in den Labors <strong>der</strong><br />
großen Betriebe <strong>und</strong> / o<strong>der</strong> in Kooperation mit Lehrstühlen<br />
o<strong>der</strong> Forschungsinstituten entwickelt; nicht umsonst gibt es<br />
große Anstrengungen, lernende Organisationen zu gestalten<br />
<strong>und</strong> das lebenslange Lernen zu for<strong>der</strong>n <strong>und</strong> zu för<strong>der</strong>n. Das<br />
<strong>und</strong> noch mehr soll heute auch in <strong>der</strong> Ausbildung veranlagt,<br />
also vom Bildungspersonal geleistet werden.<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an ausbildende Fachkräfte<br />
Wie lauten im Einzelnen die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Fachleute<br />
unterschiedlichster Couleur, die Auszubildende <strong>und</strong> Studenten<br />
(in dualen Studiengängen) in die Berufswirklichkeit<br />
einführen <strong>und</strong> auf diese vorbereiten?<br />
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Sie sollen: 1<br />
● die Ausbildung kompetenzorientiert gestalten (beson<strong>der</strong>s<br />
auch fachübergreifende, personale <strong>und</strong> soziale Kompetenz<br />
ausbilden)<br />
● an das selbstorganisierte Lernen heranführen (auf lebenslanges<br />
Lernen vorbereiten)<br />
● auf die heterogenen Voraussetzungen <strong>der</strong> jungen Menschen<br />
eingehen (Ausbildung individualisieren)<br />
● beson<strong>der</strong>e Angebote für benachteiligte Jugendliche <strong>und</strong><br />
Migranten entwickeln<br />
● die Europäisierung <strong>und</strong> die Globalisierung in <strong>der</strong> Ausbildung<br />
mit berücksichtigen<br />
● die Qualität <strong>der</strong> Ausbildung (Abschlüsse) erhöhen, so dass<br />
die Durchlässigkeit zur Hochschule erreichbar wird.<br />
Als Ziele für die Berufsausbildung gelten weiterhin 2 , die beruflichen<br />
Qualifi kationen in komplexen Handlungssituationen zu<br />
erwerben <strong>und</strong> <strong>der</strong> Anspruch dies so zu tun, dass die Persönlichkeit<br />
des Einzelnen so geför<strong>der</strong>t wird, dass er auch Umbrüche<br />
in seiner Biografi e selbst gestalten kann. Die Ausbildung<br />
soll nach wie vor die soziale Integration in die Gesellschaft<br />
ermöglichen.<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Professionalisierung<br />
von Bildungspersonal<br />
Diese Ansprüche können heute nicht mehr nur mit einer guten<br />
Fachmannschaft geleistet werden, son<strong>der</strong>n Ausbil<strong>der</strong> sehen<br />
sich vor komplexe Herausfor<strong>der</strong>ungen gestellt. Sie müssen<br />
ganz neue <strong>und</strong> zusätzliche Rollen in <strong>der</strong> Ausbildung übernehmen.<br />
Dies setzt für den Ausbil<strong>der</strong> durchaus Paradigmenwechsel<br />
voraus: Sie müssen ein erweitertes Rollenverständnis<br />
entwickeln. Es geht nicht mehr nur darum, Arbeitsaufträge<br />
zur Bearbeitung zu übergeben, son<strong>der</strong>n sie müssen Arbeitsaufträge<br />
so gestalten, dass sie als Lernmedium zur Kompetenzbildung<br />
<strong>der</strong> Auszubildenden genutzt werden können. Sie<br />
sind nicht mehr nur die Experten in einem bestimmten Fachgebiet,<br />
die den Lernenden diese fachlichen Inhalte vermitteln,<br />
son<strong>der</strong>n sie sollen Lernprozessbegleiter sein in <strong>der</strong> individuellen<br />
Unterstützung des Wissens- <strong>und</strong> Kompetenzerwerbs<br />
<strong>der</strong> Auszubildenden unterschiedlicher kultureller <strong>und</strong> sozialer<br />
Hintergründe. Außerdem sollen sie die Wissensarbeit <strong>der</strong> Lernenden<br />
in diesen komplexen Lernsituationen begleiten.<br />
Alle diese Tätigkeiten sollen von ihnen durch ein entsprechendes<br />
Verständnis, Methodenrepertoire <strong>und</strong> persönliche<br />
refl exive Handlungskompetenz professionell unterstützt<br />
werden. Sie müssen sich daher auskennen in Lerntheorien,<br />
Kenntnisse über Jugend-Psychologie <strong>und</strong> Jugendkultur besitzen:<br />
Wie äußern sich junge Menschen heute <strong>und</strong> wie ist<br />
dies zu bewerten, wie kann man damit als „Älterer“ in Kontakt<br />
kommen. Aber natürlich gehört auch dazu, sein Wissen über<br />
neue Medien <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Nutzung zu aktualisieren, <strong>und</strong> sie<br />
müssen differenziert kommunizieren <strong>und</strong> die Alltagskonfl ikte<br />
handhaben. Ohne dass sie die Prozesse im eigenen Unter-<br />
1 Themen, die Ausbildungsleiter als dringlich erachten. Ergebnisse einer<br />
Expertenbefragung “Berufsausbildung 2015“, Bertelsmann Stiftung 2008<br />
2 aao. zu fi nden in <strong>der</strong> gleichen Studie