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Demographischer Wandel und Fachkräftebedarf - Kuratorium der ...

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Ulrich Degen / Oliver Eichhorn, BASF Sozialstiftung<br />

Dr. Christian Gravert, Deutsche Bahn AG<br />

Markus Kiss, Deutscher Industrie- <strong>und</strong> Handelskammertag<br />

Helga Weiß, dm-drogerie markt GmbH + Co. KG<br />

Umgang mit Suchtverhalten bei Auszubildenden<br />

Markus Kiss<br />

Suchtverhalten ist ein gesellschaftliches Problem, das in <strong>der</strong><br />

Ausbildung ebenso wenig lösbar ist wie das Problem <strong>der</strong> mangelnden<br />

Ausbildungsreife. Konkrete Zahlen zum Drogenkonsum<br />

unter Auszubildenden liegen nicht vor, da das Thema<br />

lange Zeit tabuisiert wurde. Die Fallzahlen dürften sich im<br />

gesellschaftlichen Durchschnitt bewegen. Wichtige Hinweise<br />

gibt eine explorative Studie des B<strong>und</strong>esinstituts für Berufsbildung<br />

aus dem Jahr 2005. Generell gilt, dass ein Suchtproblem<br />

von den Unternehmen erst einmal erkannt werden<br />

muss. Manche Betriebe ignorieren es lieber <strong>und</strong> werden erst<br />

dann hellhörig, wenn es zum Eklat kommt. Der Film „Crash“<br />

<strong>der</strong> Bahn-Zentralstelle gegen die Alkoholgefahren (BZAL) gibt<br />

dafür ein eindrucksvolles Beispiel.<br />

In den medizinischen Einstellungstests <strong>der</strong> Deutschen Bahn<br />

können Drogen- <strong>und</strong> Alkoholprobleme erkannt werden, allerdings<br />

lassen sich diese Tests aber auch umgehen. Kleinere<br />

<strong>und</strong> mittlere Unternehmen wie dm-drogerie markt führen<br />

solche Tests nicht durch. Die allermeisten Betriebe werden<br />

folglich erst dann aufmerksam, wenn das Kind bereits in den<br />

Brunnen gefallen ist.<br />

Das Spektrum <strong>der</strong> Süchte ist äußerst vielfältig. Neben den<br />

stoffl ichen Süchten, die beispielsweise Alkohol <strong>und</strong> Drogen<br />

betreffen, gibt es die nicht stoffgeb<strong>und</strong>enen Süchte. Von Letzterem<br />

am weitesten verbreitet unter Jugendlichen sind Spiel-<br />

<strong>und</strong> Onlinesucht. Mancher Erwachsene, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Blackberry-<br />

o<strong>der</strong> Arbeitssucht verfallen ist, muss sich allerdings fragen, ob<br />

er ein gutes Vorbild ist. Ganz abgesehen davon, dass auch<br />

Alkoholismus ein Problem ist, das sich durch alle Schichten<br />

<strong>und</strong> Berufsgruppen zieht. Das Spektrum <strong>der</strong> gängigen Süchte<br />

ergänzt sich um das Rauchen <strong>und</strong> um Essstörungen.<br />

Die sog. „kurative Funktion <strong>der</strong> Berufsbildung“ geht nicht so<br />

weit, dass sich die Unternehmen bewusst Jugendliche mit<br />

Alkohol- o<strong>der</strong> Drogenproblemen ins Unternehmen holen. Ein<br />

Betrieb – ein kleinerer noch viel weniger als ein großer – ist<br />

letztlich keine Therapieeinrichtung, auch wenn Ausbildung<br />

durchaus therapeutische Funktion erfüllt <strong>und</strong> Unternehmen<br />

eine soziale Verantwortung besitzen. Möglicherweise wird hier<br />

in den kommenden Jahren ein Umdenken einsetzen, wenn<br />

die Bewerber um Ausbildungsplätze noch knapper werden.<br />

In erster Linie geht es in den Unternehmen also um Suchtprävention<br />

<strong>und</strong> darum, auffällig gewordenen Auszubildenden<br />

Hilfe anzubieten. Eine Kündigung darf nur das letzte Mittel<br />

sein. Gr<strong>und</strong>voraussetzung für eine aussichtsreiche Therapie<br />

ist die Bereitschaft des Jugendlichen, etwas zu än<strong>der</strong>n. Da<br />

Süchte häufi g durch eine Sucht nach Anerkennung entstehen,<br />

können Projekte viel bewirken, die die Persönlichkeit stabilisieren.<br />

Sehr gute Erfahrungen hat <strong>der</strong> dm-drogerie markt<br />

mit seinen Theaterprojekten gesammelt.<br />

56<br />

Verschärfte Jugendschutzgesetze sind keine probaten Mittel<br />

zur Eindämmung <strong>der</strong> Suchtproblematik. Gewünscht wird dagegen<br />

mehr Beratung durch die Kammern <strong>und</strong> Berufsgenossenschaften.<br />

Ebenso wie die Ausbil<strong>der</strong> in den Unternehmen<br />

müssen die Ausbildungsberater <strong>der</strong> Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern<br />

<strong>und</strong> Handwerkskammern besser geschult werden,<br />

bei Notfällen Hilfestellung geben <strong>und</strong> als Wegweiser zu regionalen<br />

Ambulanzen <strong>und</strong> Suchtberatungsstellen dienen.<br />

Wichtig ist, den dualen Partner Berufsschule <strong>und</strong> – auch bei<br />

über 18-Jährigen – die Eltern einzubeziehen. Entscheidend<br />

ist jedoch das Vorbild, das Gesellschaft, Ausbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Eltern<br />

vorleben.<br />

Ulrich Degen<br />

Suchtverhalten – Ausbildung <strong>und</strong> Qualifi kation<br />

„Heimweh <strong>der</strong> Jugend nach <strong>der</strong> Zukunft?“ (J.-P. Sartre)<br />

Bef<strong>und</strong>e des Drogen- <strong>und</strong> Suchtberichts 2008<br />

● Immer mehr Jugendliche trinken bis zum Umfallen, die<br />

Zahl <strong>der</strong> Komatrinker steigt, das Alter sinkt.<br />

● Die Zahl <strong>der</strong> Klinikeinweisungen von 10- bis 20-Jährigen<br />

wegen Alkoholmissbrauchs haben sich seit 2000 auf<br />

19.500 Fälle verdoppelt.<br />

● Je<strong>der</strong> vierte 12- bis 17-Jährige nahm im Jahr 2007 nach<br />

eigenen Angaben mindestens einmal im Monat mehr als<br />

vier alkoholische Getränke hintereinan<strong>der</strong> zu sich (2005<br />

je<strong>der</strong> fünfte).<br />

● Gelegentlicher Alkoholkonsum bei Schülern ist leicht gesunken,<br />

exzessives Trinken jedoch häuft sich.<br />

● Konsum reinen Alkohols betrug 2007 pro Woche 50 g<br />

(2005 34 g).<br />

● „Binge Drinking“ ist ein europaweites Problem von Jugendlichen<br />

aller gesellschaftlichen Gruppen.<br />

● In je<strong>der</strong> dritten Familie werden Jugendliche beim Umgang<br />

mit Alkohol allein gelassen (32% <strong>der</strong> Eltern sprechen das<br />

Thema nicht an <strong>und</strong> geben keine klare Regeln (DAK)).<br />

BIBB-Forschungsvorhaben Suchtprävention<br />

<strong>und</strong> Qu@lifi zierung (SuQu@)<br />

Das BIBB-Vorhaben hatte die Analyse des Zusammenhangs<br />

zwischen Drogenkonsum <strong>und</strong> Ausbildungsschwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> die Ableitung von Präventionsmaßnahmen aus den Untersuchungsergebnissen<br />

zum Ziel. In zwei Expertenworkshops<br />

wurde zum Thema „Drogen <strong>und</strong> Ausbildungsschwierigkeiten“<br />

gearbeitet. Es wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet<br />

<strong>und</strong> die Bildung einer b<strong>und</strong>esweiten AG „Ausbildung <strong>und</strong><br />

Suchtverhalten“ initiiert. Zum Abschluss fand im September<br />

2006 ein Expertenworkshop statt.

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