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GF_Basel_03-2015

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128 KOLUMNE<br />

Wachstum? Natürlich!<br />

DR. FRANZ SALADIN<br />

Direktor Handelskammer beider <strong>Basel</strong><br />

St. Jakobs-Strasse 25<br />

Postfach<br />

CH-4010 <strong>Basel</strong><br />

Telefon +41 (0)61 270 60 60<br />

Telefax +41 (0)61 270 60 05<br />

hkbb@hkbb.ch<br />

www.hkbb.ch<br />

Wachstumskritiker haben dann Hochkonjunktur, wenn<br />

es einem gut geht. Das war beim Club of Rome in den<br />

1970er-Jahren nicht anders als heute. Sie jedoch als<br />

Wohlstandsverwöhnte zu schelten, greift zu kurz.<br />

Wachstumsmüde sind oft verunsichert oder überfordert. Verunsichert,<br />

weil sie fürchten, unter die Räder der wirtschaftlichen Entwicklungen<br />

zu kommen und zum Beispiel den Job zu verlieren. Überfordert, weil der<br />

stete Fortschritt sie kaum zur Ruhe kommen lässt. Permanent Erreichbare<br />

meinen, sie stünden im Dauereinsatz. Neben diesen Unbehagen<br />

kursieren aber auch Denkfehler. Wachstum heisst zum Beispiel nicht,<br />

dass mengenmässig immer mehr konsumiert und dafür mehr gearbeitet<br />

werden muss. Fakt ist, dass die Menschen in der Schweiz immer weniger<br />

lange arbeiten und dass der Privatkonsum in erster Linie wertmässig<br />

steigt, da die Qualität der konsumierten Produkte steigt. Ein biologisch<br />

produzierter Apfel bleibt ein Apfel, sein Preis und damit sein Beitrag an<br />

die Wertschöpfung ist jedoch höher als bei der üblichen Produktion.<br />

Konsumenten leisten also einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum,<br />

wenn sie ihren Früchtekonsum auf «bio» umstellen.<br />

DAS VERHÄLTNIS VON WACHSTUM UND VERBRAUCH<br />

Wachstum schadet auch nicht zwingend der Umwelt. Nachdem Ende<br />

des 19. Jahrhunderts in London ernsthaft befürchtet wurde, dass bei einem<br />

weiteren Wachstum der Stadt und deren Transportbedürfnissen<br />

die Strassen innerhalb von 50 Jahren täglich unter einer drei Meter dicken<br />

Schicht Pferdemist begraben würden, kam es anders. Innovation –<br />

in diesem Fall in Form eines Automobils – strafte alle Beschwörer dieser<br />

«Grenze des Wachstums» Lügen. Entkoppelung von Wirtschaftswachstum<br />

und Ressourcenverbrauch heisst die Devise. Hier sind wir noch<br />

nicht am Ziel, aber zumindest in der Schweiz wachsen Wirtschaft und<br />

Energieverbrauch seit ca. 1995 nicht mehr im Gleichschritt, und in<br />

jüngster Tendenz zeichnet sich sogar trotz anhaltenden Wachstums ein<br />

sinkender Energieverbrauch ab. Auch diese Entwicklung war nur dank<br />

qualitativen Wachstums möglich. Ein Golf GTI fährt heute mit doppelter<br />

Leistung und geringerem Benzinverbrauch als vor 30 Jahren.<br />

EIN BESSERES LEBEN<br />

Wachstum lässt sich politisch nicht verhindern. Dank des technologischen<br />

Fortschritts braucht es immer weniger Beschäftigte, um die gleichen<br />

Güter und Dienstleistungen herzustellen. Also entweder man stellt<br />

mit den frei werdenden Kapazitäten neue, bessere Produkte und Dienstleistungen<br />

her oder man lässt die Arbeitslosigkeit wachsen. Je höher das<br />

Wirtschaftswachstum in den letzten 20 Jahren in der Schweiz war, desto<br />

positiver entwickelte sich denn auch jeweils die Beschäftigungssituation.<br />

Wachstum hat aber nicht nur in Bezug auf die Arbeitsplatzsicherheit<br />

positive Seiten. So haben zum Beispiel Fortschritte in der Medizin<br />

vielen Krankheiten, die früher tödlich verliefen, einen Teil ihres Schreckens<br />

genommen. Wer möchte schon darauf und auf die noch zu erwartenden<br />

Fortschritte verzichten? Das Verlangen nach einer Verbesserung<br />

oder Vereinfachung unseres Lebens ist natürlich. Wenn ein Ereignis<br />

eintritt, das besser ist, als wir erwarten, werden in unserem Frontalhirn<br />

Endorphine – eine Art Opium – ausgeschüttet, die für ein Glücksgefühl<br />

sorgen. Dieser Mechanismus sorgt seit Urzeiten für unser Streben nach<br />

Besserem. Das hat uns von den Bäumen herunter und aus den Höhlen<br />

heraus in die Häuser geholt, wo wir unseren Wohlstand geniessen. Dafür<br />

ein schlechtes Gewissen zu haben, ist unangebracht. Im Gegenteil.<br />

Wir müssen dafür sorgen, dass auch unsere Nachkommen vom Fortschritt<br />

profitieren können.<br />

GESCHÄFTSFÜHRER <strong>03</strong> : : <strong>2015</strong>

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