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GF_Basel_03-2015

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48 KOLUMNE<br />

Steueramnestie<br />

GUIDO MÜLLER<br />

Advokat, dipl. Steuerexperte<br />

Ludwig + Partner AG<br />

St. Alban-Vorstadt 110<br />

Postfach 419<br />

CH-4010 <strong>Basel</strong><br />

Telefon +41 (0)61 204 02 02<br />

guido.mueller@ludwigpartner.ch<br />

www.ludwigpartner.ch<br />

Zwei Sachen sollen gemäss Volksmund im Leben sicher sein: die Steuer<br />

und der Tod. Gegen die Steuern gibt es aber ein Heilmittel. Die Dosierung<br />

und Anwendung des Heilmittels «Steueramnestie» sollen aufgrund eines<br />

aktuellen Anlasses nachfolgend beleuchtet werden.<br />

Die Finanzministerin Eveline Widmer Schlumpf hat vor rund einem Monat<br />

eine weitere Steueramnestie angekündigt. Diese wird mit dem geplanten<br />

automatischen Informationsaustausch begründet (Aufhebung des<br />

Bankgeheimnisses im Inland sowie Informationsaustausch mit dem Ausland).<br />

Dieser wohl kommende Informationsaustausch soll Schwarzgelder<br />

im In- und Ausland aufdecken.<br />

Politiker sprechen bei der Steueramnestie gerne von der «Brücke zur Steuerehrlichkeit».<br />

Eine generelle Steueramnestie widerspricht aber in diametraler<br />

Weise der Steuergerechtigkeit und dem Gleichbehandlungsprinzip –<br />

die Unehrlichen werden nämlich durch eine Amnestie belohnt. Ganz<br />

unideologisch muss jedoch festgehalten werden, dass eine Steueramnestie<br />

in der Regel die Steuereinnahmen erhöht, und somit muss das Fiskalinteresse<br />

als eigentlicher Beweggrund für eine Steueramnestie genannt<br />

werden. Im vorliegenden Fall geht es bei der nächsten «grossen Steueramnestie»<br />

aber wohl eher um die politische Durchsetzbarkeit des<br />

geplanten Informationsaustausches.<br />

Seit dem Jahre 2010 kennen wir in der Schweiz bereits die «kleine Steueramnestie»:<br />

Im Todesfall werden statt zehn Jahre nur noch drei Jahre nachbesteuert;<br />

und einmal im Leben kann ohne Bussen-Folgen (statt 20 Prozent)<br />

eine straffreie Selbstanzeige eingereicht werden. Die Steuern bis zu<br />

zehn Jahre sowie die Verzugszinsen sind aber trotzdem geschuldet.<br />

In der Schweiz wurden vorher erst drei Steueramnestien vom Bund<br />

durchgeführt: 1940 die Wehropferamnestie, die bereits fünf Jahre später<br />

wiederholt wurde, zusammen mit der Erhöhung des Verrechnungssteuersatzes<br />

von 15 auf 25 Prozent (auch Verrechnungssteueramnestie) und<br />

1969, um angeblich die Steuermoral zu heben, welche über CHF 11 Mrd.<br />

Schwarzgeld aufdeckte (und somit wurde das Fiskalinteresse erfüllt). Im<br />

Gegenzug hat Italien allein in den letzten elf Jahren drei Scudo fiscale<br />

«erfolgreich» durchgeführt. Eine periodische Steueramnestie verfehlt in<br />

der Regel ihre Wirkung. So ist in Frankreich eine Zunahme von Strassenverkehrsvergehen<br />

vor Präsidentenwahlen zu verzeichnen. Die Bürger vertrauen<br />

nämlich darauf, dass die Strafzettel unter die quasi periodische<br />

Amnestie fallen.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Steueramnestie per<br />

1969 in der Region Jura des Kantons Bern nicht gefruchtet hat. Die Jurassier<br />

hatten keine Lust, dem Kanton Bern Steuern abzu-geben und im Gegenzug<br />

nur Bürger zweiter Klasse zu sein. Als der Kanton Jura gegründet<br />

und eine kantonale Steueramnestie eingeführt wurde, war diese besonders<br />

erfolgreich.<br />

Die Selbstanzeigeprogramme in den USA waren sehr erfolgreich, denn<br />

der Steuerpflichtige war sich einer Entdeckung gewiss, und auch dem in<br />

der Schweiz angekündigten Amnestieprogramm dürfte derselbe Erfolg<br />

beschieden sein.<br />

Obwohl man heute noch nicht weiss, wie die neue «grosse Steueramnestie»<br />

aussehen wird – von der «kleinen Steueramnestie» muss man heute<br />

wohl keinen Gebrauch mehr machen.<br />

GESCHÄFTSFÜHRER <strong>03</strong> : : <strong>2015</strong>

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