Gemeinschafts- diagnose
20151008_gd_herbst_gutachten
20151008_gd_herbst_gutachten
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
Deutschland<br />
mögensteuern insgesamt dürften um reichlich 5½ Prozent<br />
in diesem Jahr und um 3½ Prozent im Jahr 2016<br />
steigen. Die Produktions- und Importabgaben werden<br />
im Prognosezeitraum mit reichlich 2 ½ Prozent je Jahr<br />
moderat zunehmen. Zwar steigt die Umsatzsteuer –<br />
die aufkommensstärkste indirekte Steuer – aufgrund<br />
der stärker anziehenden Konsumnachfrage spürbar,<br />
doch expandieren die anderen Verbrauchsteuern insgesamt<br />
nur schwach.<br />
Die Einnahmen des Staates aus Sozialbeiträgen dürften<br />
in diesem Jahr um 3,9 Prozent zunehmen. Ausschlaggebend<br />
hierfür ist die anhaltend günstige Beschäftigungsund<br />
Entgeltentwicklung. Der kumulierte Beitragssatz<br />
der Sozialversicherung bleibt unverändert. Zwar wurde<br />
zu Jahresbeginn der Beitragssatz zur Pflegeversicherung<br />
um 0,3 Prozentpunkte angehoben, doch wurde der<br />
Beitragssatz zur Rentenversicherung um 0,2 Prozentpunkte<br />
gesenkt; zudem ist der durchschnittliche Beitrag<br />
zur Krankenversicherung um 0,1 Prozentpunkte<br />
gesunken. 13 Im kommenden Jahr dürften die Beitragseinnahmen<br />
der Sozialversicherung aufgrund der langsamer<br />
steigenden Lohnsumme mit 3,7 Prozent etwas<br />
schwächer zunehmen. Dabei wird von einer leicht steigenden<br />
Sozialabgabenbelastung ausgegangen, da viele<br />
Krankenkassen im kommenden Jahr zur Finanzierung<br />
ihrer Ausgaben ihre Zusatzbeiträge anheben dürften; in<br />
dieser Prognose ist unterstellt, dass der Beitragssatz im<br />
Durchschnitt um 0,1 Prozentpunkte steigt.<br />
Die Vermögenseinkommen des Staates werden in diesem<br />
Jahr kräftig sinken, insbesondere weil die Deutsche<br />
Bundesbank einen deutlich geringeren Gewinn an den<br />
Bund abführte als im vergangenen Jahr. Nach dem kräftigen<br />
Anstieg im Vorjahr werden die empfangenen Vermögenstransfers<br />
in diesem Jahr nochmals zunehmen,<br />
dann aber im Jahr 2016 zurückgehen. Ausschlaggebend<br />
hierfür ist, dass viele Unternehmer vor der anstehenden<br />
Erbschaftsteuerreform Schenkungen vorzogen,<br />
um in den Genuss der alten Begünstigungsregeln zu<br />
kommen. 14 Die Einnahmen des Staates aus Verkäufen<br />
dürften im Prognosezeitraum merklich zunehmen; so<br />
werden höhere Mauteinnahmen anfallen, da Mitte des<br />
laufenden Jahres weitere Bundesstraßen und im Herbst<br />
weitere Lkw-Typen mautpflichtig werden. Insgesamt<br />
13 Seit dem 1. Januar 2015 gilt in der gesetzlichen Krankenversicherung ein<br />
einheitlicher, paritätisch finanzierter Beitragssatz von 14,6 Prozent. Gleichzeitig<br />
wurde der ausschließlich von den Krankenkassenmitgliedern zu tragende Beitragssatzanteil<br />
von 0,9 Prozent abgeschafft. Die aus letzterem resultierende Finanzierungslücke<br />
wird durch die von den Mitgliedern aufzubringenden Zusatzbeiträge<br />
gedeckt, die sich in diesem Jahr auf durchschnittlich 0,8 Prozent belaufen.<br />
14 Das Bundesverfassungsgericht hat am 17. Dezember 2014 entschieden,<br />
dass die erbschaftsteuerliche Begünstigung von Unternehmensvermögen<br />
gegen das Grundrecht der steuerlichen Belastungsgleichheit verstößt und<br />
deshalb verfassungswidrig ist. Bis zum 30. Juni 2016 hat der Gesetzgeber Zeit,<br />
um das Erbschaftsteuerrecht neu zu regeln.<br />
dürften die Staatseinnahmen um 3,7 Prozent in diesem<br />
und um 3,2 Prozent im kommenden Jahr steigen.<br />
Die Staatsausgaben werden voraussichtlich in diesem<br />
Jahr um 2,6 Prozent und im kommenden Jahr um 4 Prozent<br />
zunehmen, nach 2,8 Prozent im Vorjahr. Ausschlaggebend<br />
für den verlangsamten Anstieg im Jahr<br />
2015 sind zwei Sondereffekte: Zum einen erbrachte die<br />
Versteigerung der Frequenznutzungsrechte Einmalerlöse<br />
von 5,1 Milliarden Euro, die in den VGR ausgabenmindernd<br />
gebucht werden. 15 Zum anderen war das<br />
Ausgabenniveau im Vorjahr durch die Buchung der finanziellen<br />
Auswirkungen von zwei Urteilen des Bundesfinanzhofes<br />
um knapp 8 Milliarden Euro überzeichnet.<br />
Ohne diese beiden Effekte würde der Anstieg in den<br />
Jahren 2015 und 2016 jeweils 3,6 Prozent betragen. Diese<br />
kräftigen Zunahmen resultieren insbesondere aus<br />
den Mehrausgaben im Zusammenhang mit der Flüchtlingsmigration,<br />
die sich vor allem bei den monetären<br />
Sozialleistungen, den Vorleistungen und den sozialen<br />
Sachleistungen bemerkbar machen. Außerdem lässt mit<br />
der sich bessernden Finanzlage der öffentlichen Haushalte<br />
der Konsolidierungsdruck nach, so dass Einsparungen<br />
im Haushaltsvollzug vielfach geringer ausfallen<br />
oder entfallen.<br />
Die Vorleistungen des Staates werden im Prognosezeitraum<br />
kräftig expandieren, da aufgrund der Zuwanderung<br />
von Flüchtlingen erhebliche Mehrausgaben für deren<br />
Unterbringung anfallen. Die Arbeitnehmerentgelte<br />
dürften in diesem und im kommenden Jahr um 2,8<br />
bzw. 3,0 Prozent steigen. Der Anstieg ist zum einen auf<br />
Tariflohnanpassungen und zum anderen auf Ausweitungen<br />
des Personalbestandes zurückzuführen. Unter<br />
anderem dürfte es in Folge der Flüchtlingsmigration zu<br />
einem Personalaufbau für die Betreuung und Ausbildung<br />
von Asylsuchenden kommen. Die sozialen Sachleistungen,<br />
dazu zählen insbesondere die Ausgaben im<br />
Gesundheitswesen, wiesen bereits in der Vergangenheit<br />
eine hohe Dynamik auf. Auch im Prognosezeitraum<br />
werden die Gesundheitsausgaben spürbar zunehmen.<br />
Ausgabensteigernd wirken auch die Leistungsausweitungen<br />
in der Pflegeversicherung sowie die zusätzlichen<br />
Ausgaben für die Versorgung von Asylsuchenden.<br />
Die monetären Sozialleistungen steigen im Prognosezeitraum<br />
ebenfalls kräftig. Im Jahr 2015 werden zwar<br />
die Ausgaben für das Arbeitslosengeld weiter zurückgehen,<br />
und die Einführung des Mindestlohns lässt die<br />
Transfers an beschäftigte Erwerbstätige sinken, die ergänzend<br />
zum Arbeitslohn Leistungen der Grundsiche-<br />
15 In den VGR werden der Erwerb und der Verkauf von nichtproduzierten<br />
Vermögensgegenständen saldiert und auf der Ausgabenseite gebucht; die<br />
Erlöse aus der Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen mindern mithin die<br />
Staatsausgaben.<br />
52 GD Herbst 2015