Gemeinschafts- diagnose
20151008_gd_herbst_gutachten
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Wirtschaftspolitik<br />
Abbildung 5.6<br />
Aufteilung der monatlichen Ankäufe<br />
unter dem Erweiterten Anleihekaufprogramm<br />
In Milliarden Euro<br />
Anleihen<br />
supranationaler<br />
Institutionen<br />
Pfandbriefe und<br />
vermögensbesicherte<br />
Anleihen<br />
Staatsanleihen und Anleihen<br />
von Emittenten mit Föderauftrag<br />
10<br />
6<br />
Quellen: Europäische Zentralbank; Berechnungen der Institute.<br />
44<br />
ne Wohnungsbau- und Unternehmenskredite im Euroraum<br />
insgesamt seit März dieses Jahres noch einmal<br />
leicht nach. Dieser Rückgang war maßgeblich durch<br />
die ehemaligen Krisenländer getrieben, so dass sich die<br />
Zinsabstände zu den bonitätsstarken Ländern des Euroraums<br />
in den vergangenen Monaten leicht reduzierten.<br />
Die expansive Politik der EZB spiegelt sich auch in der<br />
Geldmengenentwicklung wider. So legte das Geldmengenaggregat<br />
M1 seit Ende letzten Jahres mit zweistelligen<br />
Raten zu; im August 2015 lag die annualisierte<br />
Sechsmonatsrate bei 11 Prozent. Dies dürfte im Umfeld<br />
anhaltend niedriger Zinsen einer nach wie vor hohen<br />
Präferenz für liquide Anlagen der Nichtbanken geschuldet<br />
sein. Auch das breitgefasste Aggregat M3 nimmt seit<br />
etwa einem Jahr mit Raten von knapp 5 Prozent deutlich<br />
zu; der im Vergleich zu M1 geringere Anstieg ist auf<br />
einen starken Rückgang der verzinslichen Spar- und Termineinlagen<br />
zurückzuführen. In den Gegenposten der<br />
Geldmenge zeigte sich der starke Anstieg unter anderem<br />
in einem Rückgang der längerfristigen Verbindlichkeiten<br />
der Geschäftsbanken und einer Ausweitung der<br />
Kredite an den öffentlichen Sektor. Letztere wurde unter<br />
anderem durch die Anleihekäufe der EZB bewirkt. 42<br />
42 Forderungen der Geschäftsbanken und des Eurosystems gegenüber der<br />
öffentlichen Hand gehen in die Gegenposten der Geldmenge M3 ein. Erwirbt<br />
die EZB oder eine nationale Zentralbank (NZB) Staatsanleihen aus Beständen<br />
von Geschäftsbanken im Euroraum, ist dies geldmengenneutral. Die aktuelle<br />
Ausweitung der Geldmenge in den Gegenposten durch eine Ausweitung der<br />
Forderungen gegenüber der öffentlichen Hand deutet darauf hin, dass ein Teil<br />
der Anleihekäufe des Eurosystems aus Beständen von Geschäftsbanken außerhalb<br />
des Euroraums stammt.<br />
8,7<br />
8,3<br />
5,2<br />
7,2<br />
10,6<br />
4,0<br />
Restliches Eurosystem<br />
Banque de France<br />
Banco d’Espana<br />
Banca d’Italia<br />
Deutsche Bundesbank<br />
Europäische Zentralbank<br />
© GD Herbst 2015<br />
Können die zum Kauf vorgesehenen<br />
Wertpapiere knapp werden?<br />
Bei seinen Sitzungen machte der EZB-Rat wiederholt<br />
deutlich, dass die Anleihekäufe in Höhe von monatlich<br />
60 Milliarden Euro bis September 2016 fortgeführt werden<br />
und erforderlichenfalls jederzeit darüber hinaus<br />
verlängert werden können. Mit dieser Kommunikation<br />
macht die EZB deutlich, dass eine geldpolitische Straffung<br />
noch in weiter Ferne liegt, und versucht darüber,<br />
Einfluss auf die Erwartungen insbesondere der Finanzmarktakteure<br />
zu nehmen. Allerdings hängt die Glaubwürdigkeit<br />
dieser „Forward Guidance“ unter anderem<br />
von der Fähigkeit des Eurosystems ab, die geplanten<br />
Käufe auch tatsächlich umzusetzen. Wie bereits im vergangenen<br />
halben Jahr ist davon auszugehen, dass auch<br />
in Zukunft monatlich rund 10 Milliarden Euro auf forderungsbesicherte<br />
Wertpapiere und gedeckte Schuldverschreibungen<br />
und 50 Milliarden Euro auf öffentliche<br />
Anleihen entfallen. Die Ausgestaltung des Ankaufprogramms<br />
für öffentliche Anleihen sieht dabei vor,<br />
dass 12 Prozent (bzw. rund 6 Milliarden Euro) auf Anleihen<br />
supranationaler Institutionen (ESM, EFSF, EIB,<br />
EU) und die übrigen 88 Prozent (bzw. rund 44 Milliarden<br />
Euro) auf Ankäufe von Staatsanleihen der Euroländer<br />
und auf Schuldtitel von Emittenten mit Förderauftrag<br />
entfallen. Letztere werden entsprechend des<br />
Kapitalschlüssels der EZB auf Anleihen der einzelnen<br />
Mitgliedsländer verteilt, wobei die EZB selbst Ankäufe<br />
im Volumen von rund 4 Milliarden Euro (8 Prozent<br />
der Ankäufe öffentlicher Anleihen) direkt tätigen und<br />
auf ihrer Bilanz halten wird. Die verbleibenden Ankäufe<br />
im Volumen von 40 Milliarden Euro werden durch<br />
die nationalen Zentralbanken getätigt und auch auf deren<br />
Bilanzen verbucht (Abbildung 5.6). 43<br />
Das Eurosystem beschränkt die Ankäufe auf Anleihen<br />
mit Restlaufzeiten zwischen 2 und 30 Jahren. Die durchschnittliche<br />
Restlaufzeit der bisher angekauften öffentlichen<br />
Anleihen betrug Ende August rund 8 Jahre. Zu<br />
Beginn der Ankäufe im März war die durchschnittliche<br />
Restlaufzeit der erworbenen Anleihen etwas höher und<br />
ist seitdem um rund ein halbes Jahr gesunken. Allerdings<br />
bestehen hier zwischen den Beständen der einzelnen<br />
nationalen Zentralbanken durchaus Unterschiede.<br />
Da die nationalen Zentralbanken jedoch weitestgehend<br />
Anleihen ihrer eigenen Zentralstaaten ankaufen, dürfte<br />
dies im Wesentlichen Unterschiede in den durchschnittlichen<br />
Restlaufzeiten der auf dem Markt gehandelten<br />
Anleihen der Euro-Mitgliedsländer widerspiegeln.<br />
43 Für die von den NZB getätigten Ankäufe bestehen keine Risikoteilung und<br />
somit auch keine Gewinnteilung innerhalb des Eurosystems. Die NZB können<br />
dabei selbstständig entscheiden, ob sie die ihnen zugewiesenen Volumina für<br />
Ankäufe von Staatsanleihen ihres Landes oder für die zugelassenen Anleihen<br />
ihrer heimischen Emittenten mit Förderauftrag verwenden.<br />
70 GD Herbst 2015