153 Politikwissenschaft

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Arbeitskreis „Politik und Geschichte“ Auf dem diesjährigen DVPW-Kongress war der AK auf zweifache Weise präsent: In Zusammenarbeit mit dem bisherigen Vorstand haben wir das Spezialplenum Die DVPW als erinnerungspolitischer Akteur sowie eine reguläre AK-Sitzung organisiert. Mit dem Spezialplenum war geplant, die Kontroverse um den Eschenburg- Preis nach den Debatten auf dem Tübinger Kongress sowie auf dem 2. Passauer Symposium Geschichtspolitik nochmals aufzugreifen und abschließend aus einer breiteren, internationalen Sicht zu reflektieren. Zu diesem Zweck konnten wir Jeffrey K. Olick von der University of Virginia als Experten für kollektive Erinnerungen sowie bundesdeutsche Erinnerungsdiskurse für einen Vortrag gewinnen. Unter dem Titel Die Eschenburg-Kontroverse in historischer und soziologischer Perspektive referierte er nicht nur über deutsches Bemühen um Aufarbeitung des Nationalsozialismus nach 1945 mit vielen Fort- und Rückschritten, sondern ging auch mit kritischen Worten auf Theodor Eschenburgs Wirken als öffentlicher Intellektueller in den 1960er- und 1970er-Jahren ein, der etwa jemanden wie Hans Globke in dessen Rolle als Staatssekretär verteidigte. Wichtig war zudem Olicks abschließender Vergleich mit einer Vergangenheitsdebatte an seiner Universität in Virginia. Der Versuch, sexuellen Übergriffen unter Studierenden heute unter Berufung auf Thomas Jefferson als einem der Verfassungsväter und damit einer Legitimierungsinstanz Einhalt zu gebieten, sei zum Scheitern verurteilt, weil Jefferson als Sklavenhalter auch über die Körper seiner Sklavinnen verfügt habe. Auf dieser Ebene könne er daher kein Vorbild sein. Wohl wissend um Fragen nach der Vergleichbarkeit von Nationalsozialismus und Sklaverei wandte sich Olick dann mit der Aufforderung an das Duisburger Publikum, sich nicht nur auf die deutsche Perspektive zu konzentrieren, sondern den Fokus zu erweitern. Er jedenfalls konnte nicht wirklich etwas Neues in der Eschenburg-Debatte im Vergleich zu den vielen anderen NS-Debatten erkennen. Die dem Vortrag folgende Diskussion und insbesondere das Abschlusswort Ulrich von Alemanns machten deutlich, dass die Vereinigung mit dieser Debatte nach einem längeren Prozess die Auseinandersetzung jetzt abschliessen kann. Ob und wie die Kontroverse im kollektiven Gedächtnis der Disziplin verankert bleibt, hängt – wie gerade unser Arbeitskreis weiß – von vielen Faktoren ab. Jedenfalls könnten zwei wichtige Erkenntnisse damit verbunden bleiben. Die eine betrifft die Einsicht hinsichtlich des Handelns des früheren Vorstandes als erinnerungspolitischer Akteur, das immer auch Legitimationsfragen aufwerfen kann, hier die nach der Tradition, Herbst 2015 Nr. <strong>153</strong> 138
Herbst 2015 Nr. <strong>153</strong> in die sich die DVPW mit der Berufung auf einen bestimmten Fachvertreter stellt. Die andere bezieht sich auf das Wissen, mit dem Streit um den Namen des Lebenswerkpreises ein Beispiel geliefert zu haben, wie konstruktiv mit einer negativ zu bewertenden Vergangenheit umgegangen werden kann. Auf der regulären AK-Sitzung wurden drei Forschungsprojekte zu neueren Entwicklungen im Bereich Geschichtspolitik präsentiert. Pamela Heß, Frankfurt, referierte über Geschichte als Politikum: Zur geschichtspolitischen Relevanz im Umgang mit der DDR-Vergangenheit. Verena Weyland, Passau, stellte ihre Überlegungen zu Bedingungen und Auswirkungen von ereignisbasierten digitalen Aushandlungsprozessen auf die Entwicklung eines sozialen Gedächtnisses vor. Sebastian Baier, ebenfalls Passau, sprach schließlich über Zertifizierungssysteme als geschichtspolitischem Steuerungsinstrument. Als Diskutant kommentierte Jeffrey Olick im Anschluss die Vorträge. Bei der anschließenden Mitgliederversammlung wurden die ‚alten’ SprecherInnen Horst-Alfred Heinrich, Nina Leonhard und Harald Schmid in ihren Ämtern bestätigt. Darüber hinaus wurden Vorschläge für zukünftige Arbeitsschwerpunkte diskutiert. Das nächste Treffen wird voraussichtlich mit dem AK Menschenrechte zu dem Thema Menschenrechte als geschichtspolitischer Topos stattfinden. Vorstand & Kontakt des Arbeitskreises: Prof. Dr. Horst-Alfred Heinrich, Horst-Alfred.Heinrich@uni-passau.de Dr. Nina Leonhard, nina.leonhard@berlin.de Dr. Harald Schmid, harald.schmid@gedenkstaetten-sh.de Homepage des AK: http://www.dvpw.de/gliederung/ak/ak-politik-undgeschichte.html Der Arbeitskreis ist für DVPW-Mitglieder und Nichtmitglieder ebenso offen wie für Interessierte anderer Disziplinen. Bei Interesse an der Aufnahme in den E-Mail-Verteiler des Arbeitskreises bitten wir um eine entsprechende Nachricht an über eine unserer Email-Adressen. 139
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