HANSA 05-2019
Nor-Shipping ’19 | Maritime Hub Norway | Finanzplatz Oslo | Tugs & Salvage | HullPIC | Offshore-Logistik | NordLB | Breakbulk Europe | Hansa Heavy Lift | HS Schiffahrt | MPP-Carrier
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Schifffahrt | Shipping<br />
ORGANISED BY:<br />
»Unspektakuläres Insolvenzverfahren bei HHL«<br />
Die Reederei Hansa Heavy Lift wird abgewickelt, weil der Investor Oaktree kein Kapital mehr<br />
bereitstellen wollte. Im <strong>HANSA</strong>-Interview spricht Insolvenzverwalter Christoph Morgen über<br />
das Verfahren, Schulden, Mitarbeiter und den Streitpunkt »Bunker«<br />
Wie ist der Stand der Dinge im Insolvenzverfahren?<br />
Christoph Morgen: Der Geschäftsbetrieb<br />
ist zum 1. März eingestellt worden.<br />
Das technische Management der Commerzbank-Schiffe<br />
wurde an Liberty One<br />
übergeben und sämtlichen Mitarbeitern<br />
bis auf ein Abwicklungsteam gekündigt.<br />
Eine Restabwicklung wie Buchhaltung,<br />
Arbeitszeugnisse, Abwicklung der Arbeitsverhältnisse<br />
oder der Forderungseinzug<br />
läuft noch.<br />
Die Übergabe an Liberty One betrifft nur<br />
die Commerzbank-Schiffe?<br />
Morgen: Die von der Unicredit-Bank finanzierten<br />
Schiffe hat Spliethoff von den<br />
Schiffsgesellschaften, außerhalb des Insolvenzverfahrens,<br />
gekauft. Sie sind nicht<br />
insolvent und wurden schon finanziell restrukturiert.<br />
Wie viele Mitarbeiter waren am Ende<br />
noch da?<br />
Morgen: Wir sind mit 60 Mitarbeitern<br />
gestartet. Knapp 30 haben Aufhebungsverträge<br />
beantragt, weil sie neue Jobs<br />
hatten, sodass wir rund 30 Kündigungen<br />
aussprechen mussten. Viele der Betroffenen<br />
hatten schon etwas Neues in<br />
Aussicht, diese Erfahrung deckt sich mit<br />
anderen Verfahren. Es gab Insolvenzausfallgeld<br />
für Dezember, Januar, Februar.<br />
Für März, April, Mai erfolgt die Bezahlung<br />
aus der Insolvenzmasse, soweit diese<br />
dafür ausreicht.<br />
Christoph Morgen<br />
hat bereits mehrere deutsche<br />
Schifffahrtsunternehmen beraten<br />
© Brinkmann & Partner<br />
Wird sie denn ausreichen?<br />
Morgen: Die genaue Höhe der Insolvenzmasse<br />
ist noch unklar, weil einzelne Vermögenspositionen<br />
noch zu klären sind,<br />
z.B. wem der Bunker an Bord gehört. Bis<br />
zur Klärung wurden beim Verkauf der<br />
Schiffe der Bunker-Wert separiert und<br />
auf einem Treuhandkonto hinterlegt.<br />
Der Bunker wurde an HHL als Besteller<br />
übereignet. Da der Lieferant jedoch<br />
nicht vollständig bezahlt wurde, mussten<br />
die Schiffseigentümer und die finanzierenden<br />
Banken die Forderungen<br />
bezahlen, um Gläubigerrechte abzuwenden.<br />
Das führt dazu, dass Bunker, den<br />
HHL nicht bezahlt hat, der HHL aber<br />
ohne Eigentumsvorbehalt übereignet<br />
wurde, jetzt HHL gehört, obwohl andere<br />
gezahlt haben.<br />
Dann geht der Wert in die Insolvenzmasse?<br />
Morgen: Das wird zu verhandeln sein.<br />
Hauptargument dagegen ist, dass mit<br />
der Zeitcharter schuldrechtlich vereinbart<br />
wurde, dass Bunker-Anfangs- und<br />
Endbestand verrechnet werden und nur<br />
der Saldo auszugleichen sei.<br />
Was sind weitere Bestandteile?<br />
Morgen: Ansonsten fließt nicht viel in<br />
die Insolvenzmasse. Dazu gehört Mobiliar,<br />
Computer, Ersatzteile mit gewissem<br />
Wert, Bunkerbestände, Kontoguthaben<br />
und Forderungen gegenüber Kunden.<br />
Kontoguthaben und Forderungen betrugen<br />
zusammen einen niedrigen einstelligen<br />
Millionenbetrag.<br />
Wie hoch war HHL am Ende verschuldet?<br />
Morgen: Die Schiffe waren deutlich verschuldet,<br />
zum Teil deutlich über Marktwert.<br />
Bei der Reederei ist es etwas komplizierter,<br />
weil sich die Frage stellt, ob<br />
man die Finanzierung der Gesellschafter<br />
quasi als Eigenkapital betrachtet. In dem<br />
Fall ist es ein niedriger einstelliger Millionenbetrag.<br />
Hinzu kommen 15 Mio. $<br />
beim Bunkerlieferanten.<br />
Waren »die Bücher« in Ordnung?<br />
Morgen: Es gab aufgrund der Gesellschafterstruktur<br />
mit einem Finanzinvestor<br />
relativ hohe Reporting-Verpflichtungen<br />
und dementsprechend eine geordnete<br />
Buchhaltung und ein kaufmännisches<br />
Berichtswesen.<br />
Gibt es neben dem Bunker-Lieferanten<br />
weitere größere Gläubiger?<br />
Morgen: Es gibt im niedrigen einstelligen<br />
Millionenbereich 300 verschiedene Gläubiger,<br />
unter anderem Agenturen. Hinzu<br />
gekommen ist die Bundesagentur für Arbeit.<br />
Durch die Lohnzahlungen im Dezember,<br />
Januar und Februar wird sie zum<br />
Insolvenzgläubiger und ist nach World<br />
Fuel der größte Einzelgläubiger.<br />
Bis wann könnte das Verfahren abgeschlossen<br />
sein?<br />
Morgen: Ich strebe eine schnelle und gütliche<br />
Einigung zu allen Themen an. Wenn<br />
wir Einzelfragen gerichtlich klären müssen,<br />
kann es jedoch noch Jahre dauern.<br />
Aber es scheint mir hier durchaus eine<br />
Chance zu bestehen, im Laufe dieses Jahres<br />
die Restabwicklung zu schaffen.<br />
Was könnte den Prozess verhindern?<br />
Morgen: Bei möglichen Rechtsstreitigkeiten<br />
geht es um Bunker, womöglich<br />
auch um einzelne Anfechtungsfragen.<br />
HHL hat Direktzahlungen an Schiffsgläubiger<br />
vorgenommen. Die Frage ist,<br />
ob man den abgekürzten Zahlungsweg<br />
insolvenzrechtlich zurückdrehen muss.<br />
Ist eine Klage gegen das HHL-Management<br />
möglich, wie im Markt spekuliert<br />
wird?<br />
Morgen: In jedem Insolvenzverfahren ist<br />
zu prüfen, ob es bezüglich dem Zeitpunkt<br />
des Eintritts der Insolvenzreife eine Haftung<br />
gibt, ob der Antrag also rechtzeitig<br />
22 <strong>HANSA</strong> International Maritime Journal <strong>05</strong> | <strong>2019</strong>