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Kunstbulletin Mai 2023

Unsere Mai Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Katharina Grosse, Kunst und Klima, Alexandra Bachzetsis, Johanna Bruckner, uvm.

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Andreas Hochuli / Ei Arakawa<br />

Freiburg — Die Malerei von Andreas Hochuli<br />

(*1982), die in der Ausstellung ‹The Year of the<br />

Babyshit Brown SUV› bei Friart gezeigt wird, ist<br />

auf schräge Weise symbolistisch. Der Künstler<br />

streut Zeichen eines esoterischen Referenzsystems,<br />

die sich bei näherer Betrachtung als<br />

Markierungen einer Geschichte des lebensreformerischen<br />

Aussteigertums und dessen<br />

Ausstrahlung in Avantgarde und <strong>Mai</strong>nstream-<br />

Kultur entpuppen: vom Monte Verità über das<br />

«Age of Aquarius» bis zur Online-Astrologie<br />

der Gegenwart. Geschwungene Jugendstil-<br />

Linien alternieren mit abstrakt-geometrischen<br />

Mustern aus modernem Grafikdesign, Motive<br />

aus Märchen und Volkskultur mit Fragmenten<br />

digitaler Bildzirkulation. Hochuli arbeitet mit<br />

gefundenen Bildern, die er am Computer zu<br />

idiosynkratischen Montagen zusammensetzt,<br />

um diese dann mit von Hand ausgeschnittenen<br />

Schablonen auf die Leinwand zu übertragen.<br />

Die materialen Verfahrensweisen stellen im<br />

Transfer vom Digitalen ins Analoge einen gewissen<br />

Primitivismus zur Schau. Die Bildelemente<br />

und -räume wirken in dieser scharfkantigen,<br />

wie aufgeklebt wirkenden Malerei leicht<br />

deplatziert und buchstäblich ver-rückt. Man<br />

könnte darin einen gewissermassen schiefen<br />

Blick auf die in den Bildern zitierten kulturellen<br />

Referenzen erkennen, die als Ausdruck derselben<br />

(irren) Moderne erscheinen.<br />

Die zweite Ausstellung bei Friart ist von Los<br />

Angeles ins Üechtland gereist: ‹Don’t give up›<br />

von Ei Arakawa (*1977, Fukushima) ist eine<br />

multimediale Installation, die über Familie und<br />

Elternschaft aus der Perspektive eines queeren<br />

Mannes reflektiert. An den Wänden eines provisorisch<br />

aufgestellten Labyrinths aus Karton<br />

sind Bilder unter anderem von Mary Cassatt,<br />

Alice Neel, Nicole Eisenman als pointilistischverpixelte<br />

Reproduktionen aus LED-Lämpchen<br />

auf Stoffgrund zu sehen. Und zu hören! Aus<br />

in die Bilder eingebauten Lautsprecherboxen<br />

tönt ein von synthetischen Vocaloid-Stimmen<br />

gesungenes Gespräch, an dem sich auch vier<br />

ebenfalls mit Lautsprechern ausgestattete Babypuppen<br />

in Kinderwägen beteiligen. Durch die<br />

Pappwände erklingt diese von Arakawa und Celia<br />

Hollander komponierte «insecure opera» als<br />

im Raum verstreuter Monolog einer polyphonen,<br />

denaturierten und mäandernden Subjektivität.<br />

Bilder und Babys unterhalten sich über<br />

die Schwierigkeiten, Künstler:innenberuf und<br />

Kindererziehung zu vereinen, und singen die<br />

Utopie einer nicht-heteronormativen Familie:<br />

«Thousand million ways to raise a child / a unit,<br />

plural! Collective ‹they›.» TE<br />

Andreas Hochuli · Balabiott, 2022, Acryl<br />

auf Leinwand, 45 x 66 cm. Foto: Julie Folly<br />

Ei Arakawa · Dont’t give up, 2022, Ausstellungsansicht<br />

Overduin & Co., Los Angeles<br />

→ Kunsthalle Friart, bis 14.5.<br />

↗ friart.ch<br />

68 <strong>Kunstbulletin</strong> 5/<strong>2023</strong>

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