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Kunstbulletin Mai 2023

Unsere Mai Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Katharina Grosse, Kunst und Klima, Alexandra Bachzetsis, Johanna Bruckner, uvm.

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Ob in ihren frühen Performances oder ihrer aktuellen digitalen Kunst: Der Körper – in<br />

menschlicher, humanoider oder molekularer Ausprägung – spielt in den Werken von<br />

Johanna Bruckner eine zentrale Rolle. Er ist dabei nicht nur ein Träger von Identität,<br />

sondern auch ein Konstrukt sozialer Normen und ein Instrument des Widerstands,<br />

um tradierte Wertvorstellungen zu überwinden. Dieses Potenzial wird auch in den<br />

neuen Arbeiten evident, die Bruckner im Rahmen der Pax Art Awards für Schweizer<br />

Medienkunst 2022 an der Seite von Pe Lang und Jennifer Merlyn Scherler im HEK in<br />

Basel zeigt. Darin verhandelt die Künstlerin das Verhältnis von Körpern und Technologien,<br />

wobei sie mithilfe digitaler Kunst und visuell ästhetischer Anreize auslotet,<br />

wie posthumane Daseins- und Beziehungsformen durch Technologie kreiert werden<br />

können. Der Körper zeigt sich als wandelbares Element, das die Möglichkeit gleichwertiger<br />

Existenz von menschlichen und nicht-menschlichen Wesen eröffnet. Diese<br />

Idee des anpassungsfähigen Körpers weitet sich im HEK auf den Raum und das<br />

Publikum aus. Bruckners raumfüllende multimediale Inszenierungen erzeugen nicht<br />

zuletzt durch Immersion und Sound eine körperliche Erfahrung und projizieren die<br />

durch die Kunst verhandelten Thematiken auf das eigene Sein.<br />

Queerness als Metapher<br />

Wenn Johanna Bruckner von Queerness spricht, meint sie damit keine Identitätspolitik,<br />

sondern sie nutzt den Begriff als Metapher für eine fluide veränderbare Masse,<br />

die auf Einflüsse reagiert: «Queer bezeichnet für mich eine Artikulation jenseits<br />

binärer Regime. Mit der Kunst möchte ich Handlungsformen finden, eine Agency<br />

kreieren und die Voraussetzungen für polymorphe Körper schaffen, die sich Ausbeutung<br />

widersetzen können.» Dabei stützt sie sich auf die Theorien der amerikanischen<br />

Quantenphysikerin Karen Barad, die queer als einen Zustand des permanent Performativen<br />

umschreibt.<br />

Mit einem Master in Fine Arts, Kultur- und Sozialanthropologie, Visuelle Kulturen<br />

und Gender Studies nutzt Bruckner die Wissenschaft als Referenz, um in ihrer künstlerischen<br />

Praxis eine kritische Reflexion anzuregen und Vorstellungen zu erweitern.<br />

Veränderungen des Körpers werden in ihren Werken meist durch Technologien ausgelöst.<br />

Die Ästhetik ist ihr dabei besonders wichtig, denn über das Visuelle werden<br />

ihre Recherchefragen in Kunst übersetzt. Um Vermittlung oder Aufklärung geht es<br />

dabei nicht. Vielmehr soll die Kunst dazu anregen, sich mit gesellschaftspolitischen<br />

Fragen zu beschäftigen und über den eigenen Tellerrand hinaus zu denken.<br />

Unbehagen ist erwünscht<br />

Die Installation ‹Body Obfuscations›, <strong>2023</strong>, und die auf einem Screen präsentierte<br />

Videoarbeit ‹Atmospheric Drafts of Intimacy›, 2020, bilden im HEK in Basel ein Environment,<br />

das sowohl Utopie als auch Dystopie in sich trägt. Angezogen und zugleich<br />

abgeschreckt von skulptural geformtem, rötlichem Latex, das an organisches Gewebe<br />

erinnert, erkennt man blutrote Kabel, die in die fleischlich anmutende Masse<br />

eindringen und auf eine technologisch künstliche Manipulation des menschlichen<br />

52 <strong>Kunstbulletin</strong> 5/<strong>2023</strong>

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