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Kunstbulletin Mai 2023

Unsere Mai Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Katharina Grosse, Kunst und Klima, Alexandra Bachzetsis, Johanna Bruckner, uvm.

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Tschabalala Self — Performance, Inszenierungen und Rollenspiele<br />

Figuren, die ihre Identität selbstbewusst inszenieren, aber auch<br />

zugeschriebene Rollen einnehmen. Dazu ein Mash-up aus verschiedenen<br />

Materialien, Techniken und Stilrichtungen. Die junge<br />

Amerikanerin Tschabalala Self zeigt im Kunstmuseum St. Gallen<br />

eine Ausstellung, die Komplexität nicht scheut.<br />

St. Gallen — «And you are? Are you a friend? Are you family? Who are you?» Diese Fragen,<br />

stetig wiederholt von verschiedenen Protagonist:innen in der theatral inszenierten<br />

Performance ‹Sounding Board›, 2021, sind richtungsweisend für die Ausstellung<br />

im Kunstmuseum St. Gallen: In immer neuen Variationen verhandelt Tschabalala Self<br />

(*1990, New York) Identität, Selbst- und Fremdverortung. Stereotypen und Rollenzuschreibungen<br />

vermischen sich dabei mit Selbstinszenierung und affirmativer Pose,<br />

während gleichzeitig verschiedene persönliche Aspekte in den Fokus rücken, darunter<br />

Selfs Identität als Schwarze Amerikanerin, als Frau und als Künstlerin.<br />

Den Auftakt zur Ausstellung macht die Videoinstallation, welche die erwähnte<br />

Performance zeigt, aufgenommen an der Performa Biennial New York City 2021.<br />

Unterschiedliche Paarkonstellationen konfrontieren sich darin nicht nur mit repetitiven<br />

Fragen, sondern auch mit Vorwürfen und Bedürfnissen, welche Konflikte und<br />

Verhaltensweisen offenlegen, die sowohl im Privaten wie auch im Gesellschaftlichen<br />

wirken. Im Saaltext, der ausschliesslich aus Kommentaren der Künstlerin besteht,<br />

verweist Self darauf, dass sie die Figuren aus der Performance als «dreidimensionale<br />

und lebendige Version» ihrer Gemälde versteht, als Figuren, die sozusagen ihren<br />

Gemälden entsprungen sind und nun in Aktion treten. Entsprechend entdeckt man<br />

in ihren Objekten und Bildern, die den Hauptteil der Schau ausmachen, denn auch<br />

ähnliche Themen. Neben der Komplexität der Identitätskonstruktion, die Self stets<br />

aufrechterhält, ist insbesondere auch ihre Technik faszinierend. Ihre Bilder – ein Mix<br />

aus Siebdruck, Vinylfarbe, Emaille, Gouache, Acryl, Farbe und Bleistift – erinnern unter<br />

anderem an Kubismus, Pop-Art, Grafik oder Textilkunst. Oft näht sie auch Stoffe,<br />

aus denen sie ihre Personen wie Collagen entstehen lässt, auf die Leinwand. Bemerkenswert<br />

ist dabei, wie sie den Faden nicht nur zweckmässig einsetzt, sondern mit<br />

ihm buchstäblich zeichnet und dabei den Gesichtern und Körperteilen Konturen verleiht.<br />

Nach dem Gang durch die Ausstellung wünscht man sich einzig, dass sich die<br />

Künstlerin nicht auf ihrem bisherigen Erfolgsrezept ausruhen wird: Viele der Bilder<br />

sind sich relativ ähnlich, und man ist gespannt, was von Tschabalala Self in Zukunft<br />

noch kommen wird. Vorerst jedoch sei ihr die volle Aufmerksamkeit gegönnt, denn:<br />

«Today is about me. Can you see that? Can’t you see all these eyes on me? See it, feel<br />

it and know it, baby.» Martina Venanzoni<br />

→ ‹Tschabalala Self – Inside Out›, Kunstmuseum St. Gallen, bis 18.6. ↗ kunstmuseumsg.ch<br />

90 <strong>Kunstbulletin</strong> 5/<strong>2023</strong>

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