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Kunstbulletin Mai 2023

Unsere Mai Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Katharina Grosse, Kunst und Klima, Alexandra Bachzetsis, Johanna Bruckner, uvm.

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zwischen dem Drang, hinzuschauen, und der<br />

Angst, nicht mehr erfahren zu wollen, um nicht<br />

in einen Abgrund gezogen zu werden. Diese<br />

Gefühle gilt es auszuhalten. «Man muss sich<br />

einlassen; wer nur durchläuft, geht leer aus», so<br />

der Kurator Stephan Kunz. Wenn dies gelingt,<br />

berühren und beschäftigen einen Ilse Webers<br />

Werke mehr, als man zuerst gedacht hat. SP<br />

Ilse Weber · Im Loft, 1978, Aquarell auf Papier,<br />

42 x 33,7 cm, Privatbesitz Luzern<br />

Ilse Weber · Nachtcapriccio, 1981, Bleistift<br />

und Gouache auf Papier, 31 x 46 cm, Aargauer<br />

Kunsthaus, Aarau<br />

→ Bündner Kunstmuseum Chur, bis 30.7.<br />

↗ kunstmuseum.gr.ch<br />

Judith Fegerl<br />

Dornbirn — Gar offensichtlich setzt der Kunstraum<br />

Dornbirn, so scheint es, auf erneuerbare<br />

Energien: Eine 40 m² grosse Fotovoltaikanlage<br />

an der Südfront des historischen Gebäudes<br />

empfängt die Ankommenden. Im Innern dann<br />

optisch dezente, raumspezifisch passgenaue<br />

Setzungen. Fünf schräg aus dem Boden ragende<br />

massive Stahlstelen sind in jeweils zwei<br />

unterschiedlich lange Segmente unterteilt, die<br />

von einem kräftigen Elektromagneten zusammengehalten<br />

werden. Die Stromzufuhr ist am<br />

Boden offen ausgelegt. Über ein locker hängendes<br />

Drahtseil sind die oberen Stelenabschnitte<br />

mit den darüber befindlichen Schwenkkränen<br />

aus der Zeit, als hier Turbinen für die ersten<br />

Wasserkraftwerke zusammengebaut wurden,<br />

verbunden. Hat die ehemalige Montagehalle<br />

ihre ursprüngliche Funktion zurückerhalten?<br />

Unvermittelt blitzt die fast rabiat herbeigeführte<br />

Erkenntnis auf: Das Drahtseil dient der<br />

Sicherung, wir befinden uns in einer Gefahrenzone.<br />

Wenn die Stromzufuhr auch nur sekundenkurz<br />

aussetzt, bricht das Objekt auseinander.<br />

‹moment› nennt die Wienerin Judith Fegerl<br />

(*1977) ihre seit 2016 fortlaufende Werkserie.<br />

Mit Blick auf die Gesamtinszenierung im Raum<br />

wird klar, dass weniger die individuelle Verletzlichkeit<br />

im Vordergrund steht, als vielmehr die<br />

existenzielle Abhängigkeit des Kunstwerks,<br />

des Ausstellungswesens, des Menschen von<br />

Elektrizität.<br />

‹profound understanding› nimmt das «Moment»<br />

der Erkenntnis auf: Ein am Querkran<br />

montierter Elektromagnet senkt sich in einen<br />

Haufen Stahlnadeln, hebt einen wackeren Büschel<br />

in die Höhe – gerade so lange, bis mittels<br />

programmierten Stromunterbruchs alles zum<br />

Boden zurückfällt.<br />

Zumindest für die Dauer der Ausstellung<br />

beziehen sowohl der Kunstraum als auch die<br />

Ausstellungsobjekte selber ihre Energie von<br />

den Solarpanelen. Fegerl erforscht aber auch<br />

die Möglichkeiten elektrischer Energie als bildhauerisches<br />

und bildgebendes Material. Über<br />

Sonnenenergie lässt sie mittels galvanischer<br />

Prozesse kupferbeschichtete Edelstahlplatten<br />

HINWEISE // BERN / CHUR / DORNBIRN<br />

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