Besucherrekord beim 49. Österr. Gemeindetag

Europa
Daseinsvorsorge – Die Gefahren eines politischen Unwortes
Zufriedenheit der
Bürger sollte einziger
Gradmesser sein
Daseinsvorsorge – ein politisches Unwort, das sich immer häufiger in die Diskussion um
die europäische Zukunft schleicht. Was man darunter versteht und welche Gefahren
damit verbunden sind, hat Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer bei einem
Referat vor der Euregio Salzburg-Traunstein-Berchtesgardenerland in St. Bartholomä
am Königssee dargelegt. KOMMUNAL bringt Auszüge davon.
◆ Mag. Sylvia Rojer
Der Begriff der Daseinsvorsorge wurde in
den 30er Jahren von Ernst Forshoff entwickelt.
Er umfasste zunächst nur Verkehrs-
und Versorgungsunternehmen der
öffentlichen Hand, wurde aber in der
Folge ausgeweitet auf alle staatlichen
Aktivitäten, die mit der Schaffung von
Infrastrukturen zu tun haben.
Dabei geht die Sicherung der Daseinsvorsorge
mittlerweile weit über eine Befriedigung
der menschlichen Grundbedürfnisse
hinaus.
Ist in diesen Tagen von „Daseinsvorsorge“
die Rede, dann geht es um die Vollendung
des EU-Binnenmarktes und seine
Folgen für den öffentlichen Bereich. In
unserem Sprachgebrauch versteht man
unter Leistungen der Daseinsvorsorge
gemeinwohlorientierte Leistungen wirtschaftlicher
und nichtwirtschaftlicher Art,
an deren Erbringung die Allgemeinheit
◆ Mag. Sylvia Rojer leitet das Brüsseler
Büro des Österreichischen
Gemeindebundes
38 KOMMUNAL
und der Staat ein besonderes Interesse
haben. Dazu gehören in den verschiedenen
Mitgliedsstaaten der EU die öffentlich
zugängliche Versorgung mit Energie
und Wasser, Abwasserbeseitigung, Abfallentsorgung,
Transport, Telekommunikation,
Post, Medien, Finanz- und Versicherungsleistungen,
ein grundlegendes
Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Ausbildungssystem,
soziale Dienste, äußere
und innere Sicherheit aber auch die Nahversorgung
mit
Gütern des täglichen
Lebens. Es sind regel-
mäßig die Kommunen,
die diese
Daseinsvorsorge
sicher stellen.
Die öffentliche
Daseinsvorsorge spielt
insbesondere für die
Entwicklung des ländlichen
Raumes eine
wichtige Rolle. Auch
abseits der Zentren
und Ballungsgebiete
muss es selbstverständlich
sein, dass
die Bevölkerung
jederzeit medizinische
Versorgung und
Krankenhauseinrichtungen
in Anspruch
nehmen kann. Natürlich
kann nicht jede
In unserem Sprachgebrauch
versteht man
unter Leistungen der
Daseinsvorsorge
gemeinwohlorientierte
Leistungen, an deren
Erbringung die
Allgemeinheit und der
Staat ein besonderes
Interesse haben. Dazu
gehören u.a. die
öffentliche Versorgung
mit Energie und Wasser,
Abwasserbeseitigung,
Abfallentsorgung.
Kleingemeinde unter betriebswirtschaftlicher
Betrachtung ihren eigenen Arzt oder
gar Krankenhaus unterhalten. Aber dennoch
ist die öffentliche Hand aufgerufen,
dafür zu sorgen, dass durch entsprechende
Betreuungs- und Versorgungsmodelle
die Bürgerinnen und Bürger auch
im weitest entlegenen Weiler entsprechend
medizinisch betreut werden!
Ein anderes Beispiel ist der öffentliche
Personennahverkehr. Gerade in den ländlichen
Gebieten ist es
oftmals erforderlich,
große Strecken
zurücklegen zu müssen,
um Geschäfte jeglicher
Art tätigen oder
eine Arbeitsstätte
erreichen zu können.
Für die ausgewogene
Entwicklung einer
regionalen Wirtschaftsstruktur
ist es unerlässlich,
dass auch Kleinund
Mittelzentren im
ländlichen Raum über
die Verkehrswege
Straße, Schiene udgl.
erreichbar sind.
Andere Beispiele für
infragegestellte Einrichtungen
der
Daseinsvorsorge sind
auch Postämter, Gendarmerieposten,
Nah-