Strafrecht II: Übungen - Studentische Organisationen Uni Luzern
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<strong>Strafrecht</strong> <strong>II</strong>: Notizen <strong>Übungen</strong> FS 08, <strong>Uni</strong>versität <strong>Luzern</strong> - 33 -<br />
(Prof. Dr. iur. Jürg-Beat Ackermann)<br />
Übung vom 26.03.2008<br />
Referentin: Kerstin Schröder<br />
Übung 16: Fahrlässigkeit (Forts.)<br />
Im StGB ist die fahrlässige Begehung eines Deliktes nur strafbar, wenn der Tatbestand<br />
die fahrlässige Begehung ausdrücklich vorsieht nach Art. 12 Abs. 1 StGB. In<br />
Nebenstrafrecht funktioniert es allerdings gerade umgekehrt: Nach Art. 333 Abs. 3<br />
StGB sind alle Übertretungen in Nebenstrafgesetzen auch unter fahrlässiger Begehung<br />
strafbar, ausser der Tatbestand schliesst eine fahrlässige Begehung explizit aus.<br />
Fall 16.1.: „der betrunkene Radfahrer“ (vgl. BGHSt 11,1)<br />
Obersatz<br />
Wer fahrlässig den Tod eines verursacht, wird gemäss Art. 117 StGB bestraft. Fahrlässig<br />
begeht ein Verbrechen oder Vergehen gemäss Art. 12 Abs. 3 StGB, wer die Folge<br />
seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht<br />
Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht<br />
nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen<br />
verpflichtet ist.<br />
Prüfung der Strafbarkeit des A wegen fahrlässiger Tötung nach Art. 117 StGB<br />
Tatbestandsmässigkeit<br />
1. ungewolltes Bewirken eines tatbestandsmässigen Erfolges<br />
a. Tatbestandsmässiger Erfolg<br />
Der Erfolg von Art. 117 StGB (tatbestandsmässiger Erfolg) ist die Tötung eines<br />
Menschen und gegeben, weil V getötet wurde.<br />
b. Tathandlung<br />
A fährt (mit einem Abstand von 55 cm muss hier eigentlich noch nicht stehen, denn<br />
das ist erst relevant bei der Prüfung der Sorgfaltspflichtsverletzung) am Velofahrer V<br />
vorbei und erfasst ihn schliesslich, womit eine rechtlich relevante Tathandlung gegeben.<br />
c. natürliche Kausalität<br />
Wenn A den V nicht überholt und angefahren hätte, wäre V nicht gestorben, somit ist<br />
der Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg zu bejahen.<br />
Das ungewollte Bewirken eines tatbestandsmässigen Erfolges ist zu bejahen.<br />
2. Verletzung einer Sorgfaltspflicht (Art. 12 Abs. 3 StGB)<br />
a. Sorgfaltsnorm lediglich Indiz (nicht jeder Regelverstoss führt zu einer Verletzung<br />
der Sorgfaltspflicht)<br />
Das SVG schreibt beim Überholen eines Velofahrers einen Abstand von 95 cm vor, diese<br />
Norm aus dem SVG können wir als Sorgfaltspflicht relevante Sorgfaltsnorm bezeichnen<br />
(Sorgfaltspflichten können sich auch aus Vertrag, Reglementen oder dem allgemeinen<br />
Gefahrensatz ergeben).<br />
b. Voraussehbarkeit des Erfolgs<br />
Der Velounfall mit Tötung ist für A sicherlich vorstellbar und somit voraussehbar gewesen.