POLIZEILICHE FREIHEITSENTZIEHUNG ... - RAV-Polizeirecht
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kapitel 2 | II.<br />
104<br />
b) Spezielle Gefahrenlage<br />
Es müssen weiter „bestimmte Tatsachen“ die „Annahme begründen“, dass gerade<br />
der/die Betroffene die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange<br />
der Bundesrepublik gefährdet.<br />
Diese Tatsachen müssen nach der Rechtsprechung zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG konkret<br />
und nachvollziehbar sein 13 . Der zuständigen Behörde müssen bestimmte gerichtsverwertbare<br />
Tatsachen zur Verfügung stehen, die die Begründetheit ihrer Annahme<br />
nachvollziehbar rechtfertigen 14 . Die bloße Möglichkeit, eine Vermutung oder ein<br />
Verdacht reichen nicht aus 15 . Daher können etwa Ermittlungsverfahren, die nach §<br />
170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt wurden, nicht als derartige „konkrete<br />
Tatsachen“ gewertet werden, weil es hier an beweisbaren Tatsachen fehlt.<br />
Auch der Hinweis auf Einträge der Betroffenen in polizeilichen Dateien ohne Angeben<br />
der genaueren Umstände der Eintragung (etwa des Abschlusses des Ermittlungsverfahrens<br />
oder konkreter personenbezogener Verdachtsmomente, die dem Eintrag zugrund liegen)<br />
reichen nicht aus.<br />
Diesen Anforderungen entsprechen die in den bisherigen Ausreiseverboten benannten<br />
Tatsachen meist nicht.<br />
ba) Strafverfahren<br />
Häufig werden zur Begründung angebliche Strafverfahren der Betroffenen ins Feld<br />
geführt. Oft werden die Ausführungen hierzu offenbar bewusst ungenau gehalten,<br />
wie z.B. „der Betroffene ist bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten“. Aktenzeichen<br />
oder konkrete Angaben zum Tatvorgang, die dem Gericht und den Betroffenen eine<br />
Überprüfung und Bewertung ermöglichen würden, fehlen. Viele der angeblichen<br />
Vorfälle oder Dateneinträge, die von den Behörden angeführt wurden, sind den<br />
Betroffenen unbekannt. Eine Überprüfung durch das Gericht oder eine fundierte<br />
Stellungnahme des Betroffenen, d.h. die effektive Wahrnehmung rechtlichen Gehörs,<br />
insbesondere im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wird so faktisch unmöglich.<br />
Solche Bescheide verstoßen gegen § 39 VwVfG, Art. 19 Abs. 4 und 103 GG, da die<br />
Behörde die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt.<br />
Eine einzige Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtes Berlin zu Ausreiseverboten<br />
hat diesen Grundsätzen bisher Rechnung getragen 16 . Hier wurde ein Reiseverbot der<br />
Polizei für rechtswidrig erklärt, da die angestellte Prognose nicht hinreichend fundiert<br />
sei. Zu dessen Begründung hatte die Polizei ausgeführt, der Antragsteller sei in der<br />
Vergangenheit mehrfach durch gewalttätiges Verhalten auffällig geworden, in diesem<br />
Zusammenhang sei er auch einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten z.B.<br />
wegen schweren Landfriedenbruchs. Nicht der Bescheid, sondern nur die Akte enthielt<br />
lediglich einen Auswertungsbericht des Landeskriminalamtes, der nur einen einzigen<br />
Vorfall aufführte. Danach solle dem Antragsteller während der Ereignisse in<br />
Göteborg im Juni 2001 besonders schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen worden<br />
sein - der Antragsteller habe sich an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt,<br />
durch die schwedischen Behörden sei ein Ermittlungsverfahren mit diesem Tatvorwurf<br />
eingeleitet worden. Eine Vorgangsnummer oder Aktenzeichen oder war aber nicht<br />
vorhanden. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht als nicht hinreichend konkretisiert<br />
angesehen.