POLIZEILICHE FREIHEITSENTZIEHUNG ... - RAV-Polizeirecht
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kapitel 1 | I.<br />
22<br />
b) Voraussetzungen des Gewahrsams nach § 39 BGSG<br />
Handelt der BGS im Bereich der Bahnanlagen oder in Verfolgung einer auf Bahnanlagen<br />
begangenen Tat (originäre Zuständigkeit als Bahnpolizei § 3 BGS-G) gilt § 39 BGSG:<br />
„Der Bundesgrenzschutz kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies<br />
1. zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.....<br />
2. unerlässlich ist, um eine Platzverweisung nach § 38 durchzusetzen, oder<br />
3. unerlässlich ist, um eine unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung<br />
einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit<br />
zu verhindern.“<br />
Die Voraussetzungen des Gewahrsams (und ggf. des Platzverweises) decken sich<br />
im Wesentlichen mit den Regelungen der Landespolizeigesetze, allerdings kann es<br />
Differenzen insbesondere hinsichtlich der zulässigen Gewahrsamsdauer geben. Auch<br />
hier gilt der Richtervorbehalt (§ 40 Abs. 1 BGSG und Art. 104 Abs. 2 GG unmittelbar).<br />
Die höchstzulässige Dauer der Freiheitsentziehung ist „bis zum Ende des Tages<br />
nach dem Ergreifen“ (§ 42 Abs. 1 Ziff. 3 BGSG), sofern nicht der Richter zuvor die<br />
Verlängerung angeordnet hat. Zum Zweck der Identitätsfeststellung darf die<br />
Freiheitsentziehung 12 Stunden nicht überschreiten (§ 42 Abs. 2 BGSG).<br />
Der BGS kann (wie die Polizei) auf die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung<br />
verzichten, wenn diese länger dauern würde als die Freilassung ohne Richterentscheidung.<br />
Diese Befugnis dient dem Schutz der Betroffenen, bedeutet aber keine eigenständige<br />
Kompetenz zum Verzicht auf die Richterentscheidung. In normalen Fällen kann<br />
innerhalb von zwei Stunden eine Richterentscheidung herbeigeführt werden, im<br />
Zweifel ist der Antrag zu stellen 67 .<br />
Auch hier bedeutet der Richtervorbehalt keineswegs, dass der BGS die Betroffenen<br />
ohne Herbeiführung der richterlichen Entscheidung bis zu 48 Stunden festhalten darf,<br />
vielmehr besteht die Verpflichtung zur „unverzüglichen“ Herbeiführung unmittelbar<br />
aus Art. 104 Abs. 1 GG. Wird die richterliche Entscheidung nicht „unverzüglich herbeigeführt“,<br />
ist auch hier der Gewahrsam rechtswidrig, und zwar von Anfang an.<br />
Verzögerungen, die das Festhalten ohne Richterentscheidung bis zum Ablauf der<br />
Maximalfrist rechtfertigen können, sind z.B. mangelnde Erreichbarkeit der Richter,<br />
Zustand der Festgenommenen (z.B. Vollrausch) 68 - nicht aber mangelnde organisatorische<br />
Vorkehrungen beim BGS selbst.<br />
c) Gewahrsam aufgrund Richterentscheidung nach § 42 BGSG<br />
Der Gewahrsam darf auf richterliche Anordnung maximal 4 Tage betragen. Die richterliche<br />
Anordnung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung ist nach BGSG allerdings<br />
nur als Verhinderungsgewahrsam und nur dann zulässig<br />
- wenn eine Straftat nach §§ 125, 125 StGB oder eine gemeinschaftlich begangene<br />
Nötigung nach § 240 StGB begangen worden ist und<br />
- Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betroffene sich an einer solchen Straftat<br />
beteiligt hat oder beteiligen wollte und<br />
- ohne die Freiheitsentziehung eine Fortsetzung dieser Verhaltensweise zu erwarten<br />
ist (§ 42 Abs. 1 S. 2 BGSG).