POLIZEILICHE FREIHEITSENTZIEHUNG ... - RAV-Polizeirecht
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kapitel 1 | II.<br />
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§ 81 b 2. Alt. StPO hat aufschiebende Wirkung, sofern nicht die sofortige Vollziehung<br />
angeordnet ist. Der Eilrechtsschutz richtet sich nach § 80 Abs. 5 VwGO. 60<br />
7. Umgang mit Verzögerungsstrategien der Polizei<br />
Nach § 3 Abs. 1 FEVG und den Regelungen in den Landespolizeigesetzen ist trotz<br />
Amtsermittlungspflicht ein Antrag der zuständigen 61 Verwaltungsbehörde auf richterliche<br />
Anordnung oder Bestätigung der Freiheitsentziehung erforderlich. Das<br />
Vorliegen eines solchen ordnungsgemäßen Antrages ist in jeder Lage des Verfahrens<br />
von Amts wegen zu prüfen 62 . Der Antrag begrenzt die Haftdauer, denn Haft darf nur<br />
im Rahmen des Antrages angeordnet werden 63 . Fehlt ein solcher Antrag der Polizei<br />
oder wird die Antragstellung und -begründung von der Polizei verzögert, ist der<br />
Richter zur Überprüfung und ggf. Freilassung wegen Fehlens der Voraussetzungen<br />
verpflichtet, sobald er davon Kenntnis erhält (z.B. durch Antrag des Betroffenen oder<br />
Besprechungen mit der Polizei ohne deren Antragstellungen).<br />
a) Rechtsgrundlage des polizeilichen Eingriffs/Begründungspflichten gegenüber<br />
Betroffenen<br />
Die Kontrolle von Freiheitsentziehungen bei demonstrativen Massengeschehen wird<br />
nicht selten erschwert durch das mehrfache Auswechseln der Rechtsgrundlage des<br />
konkreten polizeilichen Handelns, auch nachträglich und auch durch die Gerichte 64 ,<br />
die polizeiliches Handeln kontrollieren sollen. Das nachträgliche Auswechseln einer<br />
einmal gegebenen Begründung ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn dadurch das<br />
Wesen der Maßnahme verändert oder der Rechtsschutz der Betroffenen erschwert<br />
wird (dazu s. oben I. 8. a).<br />
Vor Ort muss daher frühzeitig geklärt werden, dass die Polizei sich auf die<br />
Rechtsgrundlage festlegt (Polizeigewahrsam nach Landespolizeirecht oder BGS-<br />
Gesetz, Strafverfolgung, Festhalten zur Identitätsfeststellung nach <strong>Polizeirecht</strong>/präventiv<br />
oder nach StPO/repressiv). Davon hängt nicht nur die weitere Zulässigkeit der<br />
freiheitsentziehenden Maßnahme, sondern auch die nachträgliche Rechtmäßigkeitskontrolle<br />
und der Beurteilungsmaßstab ab (Kontrolle ex nunc oder ex tunc, objektiver Maßstab<br />
oder Beurteilungshorizont der festnehmenden Beamten oder des Gerichtes im Zeitpunkt<br />
der Festnahme oder der Entscheidung...). Ggf. sind schon auf dieser Ebene eigene<br />
Recherchen erforderlich und Beweise zu sichern und zu dokumentieren (Gedächtnisprotokolle,<br />
Namen der zuständigen Beamten, die von diesen angegebenen<br />
Rechtsgrundlagen, Angaben gegenüber Betroffenen, Zeugen und Pressevertretern).<br />
Bei Eingriffen muss die Polizei immer die Rechtsgrundlage ihres Handelns und<br />
die tatsächliche Begründung für die Eingriffsmaßnahme angeben - dies folgt aus dem<br />
Rechtstaatsprinzip 65 , der Bindung an Recht und Gesetz (Art 20 Abs. 1 GG) sowie aus<br />
Art. 19 Abs. 4 (effektiver Rechtsschutz) 66 und Art. 103 Abs. 1 GG (Recht auf Gehör)<br />
sowie aus § 39 VwVfG (ggf. analog).<br />
Die Pflicht, den Betroffenen die Rechtsgrundlage der Freiheitsentziehung bekannt<br />
zu geben, ist auch in den meisten Polizeigesetzen ausdrücklich normiert ebenso wie<br />
die Pflicht zur Belehrung über die zustehenden Rechtsmittel (z.B. § 20 Abs. 1 NGefAG,<br />
§ 41 Abs. 1 BGSG 67 ). Ähnlich ist die Verpflichtung zur Angabe der Rechtsgrundlage