POLIZEILICHE FREIHEITSENTZIEHUNG ... - RAV-Polizeirecht
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kapitel 1 | I.<br />
28<br />
durch den Richtervorbehalt bei der präventiven Freiheitsentziehung nach <strong>Polizeirecht</strong><br />
verwaltungsrechtliche Prinzipien fortgelten, selbst wenn das Verfahren den Regeln<br />
der Freiwilligen Gerichtsbarkeit folgt und der zuständige Richter häufig Ermittlungsund<br />
Strafrichter ist. Dies bedeutet insbesondere, dass die verkürzten Voraussetzungen<br />
des sog. strafrechtlichen Rechtmäßigkeitsbegriffs jedenfalls bei nachträglicher Überprüfung<br />
der Freiheitsentziehung nicht fortgelten, sondern eine unbeschränkte<br />
Rechtmäßigkeitsüberprüfung ex post zu erfolgen hat 97 .<br />
Eine spätere Ergänzung der (tatsächlichen) Begründung von Ermessensentscheidungen<br />
ist nach der Rechtsprechung nur zulässig, wenn die nachträglich von der Behörde angegebenen<br />
Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen, der Verwaltungsakt<br />
durch sie in seinem Wesen nicht geändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung<br />
beeinträchtigt wird 98 . Ein Wechseln von präventivem zu repressivem<br />
Einschreiten verändert jedoch den Eingriff in seinem Wesen 99 , weil die Polizei entweder<br />
als Ordnungsbehörde oder als Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft tätig wird und<br />
weil die Maßnahmen und daraus folgenden Rechtsbehelfe unterschiedlichen Regeln<br />
und Prozessordnungen folgen. Das Auswechseln der Rechtsgrundlage bedeutet daher<br />
immer für die Betroffenen eine Behinderung bei der Justiziabilität der Entscheidung.<br />
Nur die frühzeitige Begründung (und ihre Beibehaltung) kann in Gemengelagen<br />
effektiven Rechtsschutz ermöglichen und ist daher unverzichtbar.<br />
b) Repressives Eingreifen zur Strafverfolgung nach StPO<br />
Handelt es sich um eine Strafverfolgungsmaßnahme, gelten die unter 7. genannten<br />
Voraussetzungen der Strafprozessordnung sowie Art. 104 Abs. 2 und 3 GG sowie<br />
Art 5 MRK. Auch hier ist eine richterliche Entscheidung über die Fortdauer der Haft<br />
"unverzüglich" herbeizuführen. Betroffene sind spätestens bis zum Ablauf des auf<br />
die Ergreifung folgenden Tages zu entlassen, sofern nicht eine richterliche Haftanordnung<br />
erfolgt.<br />
Das Verfahren nach StPO erfolgt stets mit Beteiligung der Staatsanwaltschaft. Die<br />
Staatsanwaltschaft ist bei rein präventiv-polizeilich begründeten Maßnahmen und dagegen<br />
gerichteten Rechtsbehelfen nicht beteiligt.<br />
Die Eingriffsvoraussetzungen nach StPO sind wesentlich enger als nach Landespolizeirecht,<br />
die (längerfristigen) Rechtsfolgen aber in der Regel schwerwiegender.<br />
Erfüllen repressive Eingriffe nicht die einschränkenden Voraussetzungen der<br />
Strafprozessordnung, dürfen diese rechtsstaatlichen Schranken nicht über das <strong>Polizeirecht</strong><br />
ausgehebelt werden.<br />
So sind die Eingriffsvoraussetzungen für die Präventivhaft nach § 112 a StPO beschränkt:<br />
neben dringendem Tatverdacht für die Begehung einer schweren Straftat<br />
müssen weiter bestimmte Tatsachen für die Fortsetzung oder Wiederholung vorliegen.<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat die Voraussetzungen weiter beschränkt - wegen<br />
des hohen Rangs des Freiheitsgrundrechtes und der Unschuldsvermutung - auf schwerwiegende<br />
Beeinträchtigungen der Rechtsordnung durch die Anlasstat, bei der Art<br />
und Ausmaß des Schadens erheblich sein müssen. Die Anlasstat muss einen überdurchschnittlichen<br />
Unrechtsgehalt und Schweregrad aufweisen, für die Wiederholungsgefahr<br />
muss eine hohe Wahrscheinlichkeit sprechen, die Haft muss zur Abwendung der<br />
Wiederholungsgefahr erforderlich sein 100 .<br />
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, dann darf die präventive Freiheitsentziehung