POLIZEILICHE FREIHEITSENTZIEHUNG ... - RAV-Polizeirecht
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kapitel 1 | III.<br />
79<br />
e) Überprüfung strafprozessualer Maßnahmen<br />
Geklärt ist durch das Bundesverfassungsgericht, dass Grundrechtseingriffe im strafrechtlichen<br />
Ermittlungsverfahren nachträglich im sachnächsten Instanzenzug zu überprüfen<br />
sind 65 , also bei Freiheitsentziehungen nach §§ 127, 128 und 163 b und 163 c<br />
StPO ohne richterliche Entscheidung im Verfahren nach § 98 Abs. 2 StPO - ggf. analog<br />
- 66 vor den ordentlichen Gerichten. Das Verfahren nach § 98 Abs. 2 StPO zum<br />
Amtsgericht verdrängt das Verfahren nach §§ 23 EGGVG zum Oberlandesgericht 67 .<br />
Dies betrifft insbesondere Freiheitsentziehungen und -beschränkungen ohne richterliche<br />
Entscheidung sowie die Art und Weise des Vollzugs 68 .<br />
Die Überprüfung präventiver ED-Maßnahmen nach § 81 b 2. Alt. StPO erfolgt<br />
dagegen im Verwaltungsrechtsweg 69 .<br />
Für die von Staatsanwaltschaft oder Polizei angeordneten ED-Maßnahmen gegen<br />
Beschuldigte zur Strafverfolgung nach § 81 b 1. Alt. StPO ist dagegen auch das<br />
Verfahren nach § 98 Abs. 2 StPO eröffnet 70 .<br />
In Gemengelagen bestimmt sich der Rechtsweg und das Verfahren nach der<br />
Grundlage, die die Polizei selbst in Anspruch genommen hat 71 .<br />
Bei Anordnung von Untersuchungshaft durch den Richter verbleibt nur das regluäre<br />
Haftprüfungsverfahren nach §§ 117 ff. StPO. Gegen alle richterlichen<br />
Entscheidungen im Ermittlungsverfahren ist die Beschwerdeverfahren nach § 304<br />
StPO im ordentlichen Rechtsweg gegeben.<br />
f) Annexkompetenz für Art und Weise des Vollzugs<br />
Die jeweilige Rechtswegzuweisung umfasst aus dem Prinzip der Rechtsschutzkonzentration<br />
auch die Art und Weise des Vollzugs der Eingriffsmaßnahme 72 , so insbesondere die<br />
Anfechtung der Behandlung im Gewahrsam, Verstöße gegen Belehrungspflichten<br />
etc. Hier muss bei anderen als gravierenden Eingriffen in die persönliche Freiheit jeweils<br />
das Feststellungsinteresse gesondert begründet werden!<br />
g) Beschwerde gegen Richterentscheidung<br />
Rechtsmittel gegen eine Richterentscheidung während des Gewahrsams folgen der<br />
Rechtswegzuweisung an die ordentlichen Gerichte im FGG-Verfahren bzw. im StPO-<br />
Verfahren, je nach der angegebenen Begründung.<br />
Die Anrufung der Verwaltungsgerichte gegen eine Richterentscheidung im Gewahrsam<br />
wird überwiegend abgelehnt mit der Begründung, es könne keinen „Rechtsschutz<br />
gegen Richterentscheidungen“ geben. Uneingeschränkt kann dies aber nur dort gelten,<br />
wo der Richter in einem justizförmigen Verfahren funktionell Rechtsprechung<br />
ausübt. Bei der Wahrnehmung des Richtervorbehaltes dagegen übt der Amtsrichter<br />
überwiegend exekutive Funktionen aus, er soll die möglichst richtige und grundrechtstreue<br />
Rechtsanwendung sicherstellen 73 . Folgt man der Rechtsprechung des<br />
Bundesverfassungsgerichtes, ist allerdings auch bei Ausübung der Exekutiventscheidung<br />
des Richters im Gewahrsam ein strenger Maßstab anzulegen, der ein justizförmiges<br />
Verfahren mit allen verfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien gewährleistet.<br />
Im Bereich der Abschiebehaft wurden Ausländerbehörden von Verwaltungsgerichten<br />
trotz amtsgerichtlicher Haftanordnung verpflichtet, den Haftantrag zurückzunehmen<br />
74 .