POLIZEILICHE FREIHEITSENTZIEHUNG ... - RAV-Polizeirecht
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kapitel 1 | I.<br />
16<br />
(ähnlich Art. 16 BayPAG, § 29 ASOG Bln, § 16 BbgPolG, § 14 BremPolG, § 12 a<br />
HmbSOG, § 31 HSOG, § 52 SOG MV, § 354 PolG NW, § 13 POG RP, § 12 SPolG,<br />
§ 21 SächsPolG, § 36 SOG LSA, § 201 LVwG SH, § 18 ThürPAG).<br />
Ein Platzverweis als polizeiliche Maßnahme ist seiner Natur nur nach kurzfristig<br />
(„vorübergehend“), daher soll die Freizügigkeit (Art. 11 GG) nicht betroffen sein 32 ,<br />
sondern nur die körperliche Bewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 GG). Zulässig ist ein<br />
Platzverweis nur zur Abwehr einer Gefahr im Rahmen der Verhältnismäßigkeit.<br />
§ 17 Abs. 1 NGefAG gestattet nur ein Verweisen von einem eng begrenzten Ort,<br />
etwa einem Gebäude, Grundstück, Straßenstück oder Platz, nicht aber die Verweisung<br />
aus großflächigen Gebieten oder einem ganzen Stadtgebiet 33 . Großräumige Verweisungen<br />
können nur auf die Befugnis zur Erteilung eines Aufenthaltsverbotes nach § 17 Abs.<br />
2 NGefAG gestützt werden.<br />
Ein Platzverweis gegen Teilnehmer einer Sitzblockade ist rechtswidrig, wenn die<br />
Versammlung nicht vorher aufgelöst wurde 34 .<br />
bb) Exkurs: Rechtmäßigkeit von Aufenthaltsverboten<br />
Einige Landespolizeigesetze enthalten darüber hinaus die Befugnis zur Erteilung von<br />
Aufenthaltsverboten (§ 29 Abs. 2 ASOG Bln, § 17 Abs. 2 NGefAG - dort geregelt<br />
als Unterfall des Platzverweises, § 36 Abs. 2 SOG LSA, § 21 Abs. 2 SächsPolG) 35 und<br />
die darauf aufbauende Befugnis zum Gewahrsam bei Verletzung des Aufenthaltsverbotes.<br />
Nach diesen Bestimmungen darf die Polizei einer Person das Betreten eines bestimmten<br />
örtlichen Bereichs und den Aufenthalt darin verbieten, wenn Tatsachen die<br />
Annahme rechtfertigen, dass die Person dort eine Straftat begehen wird 36 . Das<br />
Aufenthaltsverbot muss zeitlich und räumlich auf den erforderlichen Umfang beschränkt<br />
sein und darf nicht den Zugang zur Wohnung des Betroffenen verhindern.<br />
Der örtliche Bereich darf wegen der gesetzlichen Beschränkung auf einen Teil<br />
oder eine ganze Gemeinde nicht auf mehrere Gemeinden erstreckt werden, auch<br />
nicht in mehreren aufeinander folgenden Verwaltungsakten 37 . Die räumlichen Grenzen<br />
müssen in der Anordnung genau definiert sein. Daher werden Aufenthaltsverbote in<br />
der Regel schriftlich erteilt. Üblicherweise wird mit dem ausgefüllten Formblatt ein<br />
markierter Lageplan ausgehändigt. An die Begründung von Aufenthaltsverboten sind<br />
im Hinblick auf die zeitliche und örtliche Bestimmtheit hohe Anforderungen zu stellen,<br />
um eine hinreichend klare Grundlage bei einer späteren Vollstreckung zu bieten<br />
38 .<br />
Die täterspezifischen Tatsachen und die darauf gestützte Straftatenprognose müssen<br />
bezeichnet werden. Daran fehlt es häufig bei formularmäßiger Erteilung von<br />
Aufenthaltsverboten anläßlich einschlägiger Bürgerproteste, denn die Wahrnehmung<br />
oder Absicht der Versammlungsteilnahme oder der Protestäußerung begründet noch<br />
keine konkrete Gefahr der Straftatbegehung.<br />
Es müssen hinreichende Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass<br />
gerade der Adressat Straftaten im räumlichen Geltungsbereich des Aufenthaltsverbotes<br />
begehen werde; Vermutungen, Behauptungen und subjektive Einschätzungen reichen<br />
hierfür nicht aus 39 .<br />
Bei Aufenthaltsverboten ist eine besonders sorgfältige Prüfung der Verhältnismäßigkeit<br />
erforderlich 40 . Insbesondere darf das Mittel des Aufenthaltsverbotes nicht ersatzweise<br />
missbraucht werden, eine Eingriffsgrundlage und Anordnungsbefugnis für Polizei-