469kB - FORBA
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Erfahrung als besondere Humanressource<br />
Beim erfahrungsgeleiteten Arbeiten handelt es sich also um eine besondere Arbeitsweise,<br />
die mit dem herkömmlichen Verständnis von Arbeit „im Sinne eines ‚objektivierbaren‘,<br />
rational geleiteten, nachvollziehbaren und begründeten Handelns“ (Böhle<br />
1998:242) nicht erfaßt werden kann. Sie bezieht ihre Stärke vielmehr aus subjektiven,<br />
an die Person gebundenen Faktoren wie „Gespür“, sinnliche Wahrnehmung und<br />
persönliches Eingebundensein in die Arbeit. Böhle verwendet dafür auch den Begriff<br />
des „subjektivierenden Arbeitshandelns“.<br />
Wichtig ist allerdings zu betonen, daß erfahrungsgeleitetes Arbeiten keinen Gegensatz<br />
zu theoretischem Fachwissen darstellt. Es ist vielmehr so, daß erfahrungsgeleitete<br />
Handlungsformen Umsetzung und Anwendbarkeit von theoretischem Fachwissen auf<br />
unterschiedliche Arbeitssituationen wesentlich erhöhen. Es geht dabei vielmehr um eine<br />
Integration unterschiedlicher Wissens- und Handlungsformen in der praktischen<br />
Arbeitsausführung. Darüber hinaus eröffnet erfahrungsgeleitetes Arbeiten Handlungsspielräume<br />
und Lösungswege in Situationen, wo man mit seinem (theoretischen<br />
Fach-)Latein am Ende ist und es auf Improvisationsfähigkeit ankommt.<br />
Organisatorisches und soziales Erfahrungswissen<br />
Erfahrungsgeleitetes Arbeiten bezieht sich aber nicht nur auf technisch-funktionale<br />
Zusammenhänge an automatisierten Anlagen. Es läßt sich auch auf neue Organisationsund<br />
Kooperationsformen, wie Gruppen- und Projektarbeit anwenden. Strauß und Kuda<br />
(1999) bezeichnen mit „organisatorischem und sozialem Erfahrungswissen“ neue<br />
Dimensionen von Erfahrung, die gerade in neuen, stark auf Selbstorganisation basierenden<br />
Formen der Arbeitsorganisation an Bedeutung gewinnen.<br />
Auch hier gehen die AutorInnen der Frage nach, was den/die erfahrene/n OrganisatorIn<br />
auszeichnet und arbeiten dabei folgende Merkmale heraus:<br />
! Intime Kenntnis der informellen Organisationswege und –kanäle,<br />
Abgleichung mit formalen Organisationsregeln<br />
! Souveräne Meisterung unerwartet auftretender org. Probleme wie z.B. Materialengpässe,<br />
Zusatzaufträge, Umstoßen der Prioritäten im Tagesablauf<br />
! Kenntnis unkonventioneller Wege zum Ziel und flexibler und effizienter Umgang<br />
mit Zielkonflikten (z.B. Termin und Qualität oder Kundenwünsche und Mitarbeiter-<br />
Erwartungen)<br />
! „Witterung“ von org. Schwachstellen im Voraus, situationsgerechtes Improvisieren,<br />
Mobilisierung vieler Ressourcen (Strauss/Kuda 1999:6)<br />
Soziales Erfahrungswissen bezeichnet darüberhinaus die Sensibilität gegenüber dem,<br />
„was mit wem, wann und wie im Betrieb ‚geht‘“ (Strauss/Kuda 1999:7) und die<br />
Berücksichtigung dieses Gespürs im eigenen Handeln. Folgende Elemente beschreiben<br />
diese Kompetenzen genauer:<br />
! Gespür für soziale Beziehungen in unmittelbarer Arbeitsumgebung (dafür ‚was geht‘<br />
und ‚was nicht geht‘; für Unterschiede zwischen Personen und Arbeitsrollen; für das<br />
‚soziale Klima‘)<br />
Forschungsbericht 4/2001_______________________________________________________________________15