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Erfahrung als besondere Humanressource<br />
„Das Prinzip der Betriebsbindung, das (arbeits-)lebenslang gilt, und der dort vorherrschende<br />
Innovationsmodus, der vom kontinuierlichen Erfahrungsaufbau und<br />
von der „Wissenswanderung“ lebt, kommen der älteren Arbeitskraft entgegen. Sie<br />
ist nicht nur präsent in den Innovationsbereichen, sie ist ein ausgesprochener Aktivposten<br />
im Innovationsgeschehen. In der Regel liegt der Altersdurchschnitt dort<br />
deutlich über dem des Gesamtbetriebs. Die älteren Mitarbeiter gelten als wichtige<br />
Erfahrungsträger und (Hervorhebung im Original) Ideengeber.“ (Ebenda:285)<br />
Demgegenüber stellt sich der Zusammenhang zwischen Innovation und Alter(n) in den<br />
beiden anderen Innovationsmilieus eindeutig negativ dar.<br />
Im großbetrieblichen Innovationsmilieu hat die strikte Reorganisation des gesamten<br />
Innovationsprozesses à la lean management (simultaneous engeneering, cross functional<br />
teams, Prozessorientierung) laut Reindl nur zu einer Umwandlung der alten<br />
Innovationsbürokratie in eine „beschleunigte Innovationsbürokratie“ geführt. Ökonomisierung<br />
und Vermarktlichung der innerbetrieblichen Abläufe und Beziehungen sind die<br />
kennzeichnenden Merkmale dieses Wandels.<br />
Daraus ergeben sich aber fatale Folgen für den Stellenwert von Erfahrung und in der<br />
Folge für die Bewertung älterer Arbeitskräfte. Die gegenständliche Erfahrung verliert<br />
radikal an Wert und es kommt zu einer massiven Ausgrenzung Älterer aus den Innovationsbereichen.<br />
„Das im mittelständischen Milieu so hoch geschätzte Kapital der<br />
älteren Arbeitskraft wird ignoriert“ (Ebenda:299).<br />
Reindl sieht die Gründe dafür weniger in sachlich-inhaltlichen Faktoren als vielmehr im<br />
Vorherrschen von radikalem Kostendenken und Zuschreibungsprozessen von mangelnder<br />
Anpassungsbereitschaft (Willigkeit) Älterer durch das Management.<br />
„Im Grunde sind diese Unternehmen dabei, den betrieblichen Gesamtarbeiter neu<br />
zu komponieren. Jung, flexibel, billig und willig sind die Attribute seiner gewünschten<br />
Gestalt.“ (Ebenda:300)<br />
Eine weitere Steigerung erfährt die Ausgrenzung Älterer im High-Tech-Innovationsmilieu<br />
der sogenannten „new economy“, die als Innovationsmotor der Zukunft schlechthin<br />
gefeiert wird. Kommen die grundlegenden Prinzipien im mittelständischen Innovationsmilieu<br />
der älteren Arbeitskraft entgegen, so werden sie durch jene des High-<br />
Tech-Milieus geradezu strukturell ausgeschlossen. Extreme Beschleunigung, Preis- und<br />
Innovationsdruck, management by chaos, kaum entwickelte, labile Organisationsstrukturen<br />
und ausufernde Arbeitszeiten bilden Rahmenbedingungen und ein Anforderungsamalgam,<br />
dem ältere ArbeitnehmerInnen nicht genügen können.<br />
Für Reindl erfüllt der Sozialtyp des „lebenslangen Anfängers“ in nahezu idealer Weise<br />
das geforderte Anforderungsprofil.<br />
„Sie suchen den Winner-Typ, der sich und anderes verkaufen kann und dennoch<br />
kein Anspruchsdenken hat. Sie suchen letztlich den workaholic, der dauernd verfügbar<br />
ist, sich permanent selbst qualifiziert und nicht an einer Aufgabe klebt ...<br />
Der Sozialtypus, der diesem Anforderungsmix am nächsten kommt, ist der Anfänger.<br />
Er, der sich ansonsten schwer tut in unserer Gesellschaft, hat hier gute Karten.“<br />
(Ebenda:305)<br />
Forschungsbericht 4/2001_______________________________________________________________________24