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ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...

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B. Das Trauma <strong>der</strong> Geburt<br />

I. Zur Problematik des Geburtstraumas<br />

Wir erleben in tiefen psychologischen Behandlungen immer wie<strong>der</strong>, wie<br />

die Patienten den Heilungsvorgang vom Unbewußten her mit einer<br />

durchgängig verwandten Symbolik als seelische Wie<strong>der</strong>geburt erleben.<br />

Sie sprechen dann auch in <strong>der</strong> Genesung vom Sich-neugeboren-<br />

Fühlen. Die Behandlung erweist sich also als eine Art<br />

Mutterleibssituation, als eine Wie<strong>der</strong>holung des intrauterinen Daseins<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> darauffolgenden Geburt, so nämlich, als ob die eigentliche<br />

Geburt nicht zur Zufriedenheit des Individuums ausgefallen sei <strong>und</strong> nun<br />

endlich auch seelisch noch voll <strong>und</strong> ganz sich vollziehen müßte.<br />

Es ist ganz natürlich, daß bei diesem Vorgang dem Tiefenpsychologen<br />

vom Unbewußten her immer wie<strong>der</strong> mütterliche Funktionen <strong>und</strong><br />

Eigenschaften zugeschrieben werden. Warum nun, so fragen wir uns,<br />

muß denn die Geburt immer wie<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holt werden? Warum auch<br />

zeigt <strong>der</strong> Patient immer wie<strong>der</strong> die Tendenz, in <strong>der</strong> Behandlung zu<br />

verharren? Hat sein Unbewußtes die Erfahrung gemacht, daß das<br />

Geborenwerden nicht bekömmlich ist? Hat er erfahren, daß das Dasein<br />

nach <strong>der</strong> Geburt im Gegensatz zum intrauterinen höchst wi<strong>der</strong>wärtig<br />

<strong>und</strong> leidvoll ist? Warum will er nicht wie<strong>der</strong>geboren werden <strong>und</strong> will es<br />

doch? Warum ist er so ambivalent? Warum sind wir alle seelisch noch<br />

nicht wirklich geboren?<br />

Warum ist unsere unbewußte Ich- Tendenz mehr eine regressive<br />

(rückwärts gerichtet) als eine progressive (vorwärtsgerichtet)?<br />

Warum sehnt sich unsere Seele immer wie<strong>der</strong> nach dem verlorenen<br />

Paradies?<br />

Was hat es also für eine Bewandtnis mit dem Trauma <strong>der</strong> Geburt? Das<br />

bedürfnislosere Leben des Kindes im Mutterleib wird durch das<br />

furchtbare Erlebnis des Geburtsaktes gestört.<br />

Dieser Ureindruck des Unlustvollen ist Auftakt für ein neues Dasein, das<br />

als beständige Begleiter die Versagung <strong>und</strong> den Schmerz hat. Das Kind<br />

erlebt bei <strong>und</strong> nach <strong>der</strong> Geburt diesen krassesten von allen denkbaren<br />

Gegensätzen im menschlichen Dasein. Er gibt seinem Seelenleben ein<br />

neues Gepräge.<br />

Wie schon betont, sehe ich das Trauma weniger im Schmerzerlebnis des<br />

Durchgequetschtwerdens durch die Geburtswege (0. RANK), als<br />

vielmehr im Wechsel <strong>der</strong> beinahe völlig gegensätzlichen Lebens- <strong>und</strong><br />

Daseinbedingungen vor- <strong>und</strong> nachgeburtlicher Existenz. Beide

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