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ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...

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<strong>und</strong> Abwehr gegen eine völlig neuartige Daseinsbedingung. Im<br />

Gegensatz zur befriedigten <strong>und</strong> gesicherten Existenz im Mutterleib<br />

zwingt ein nach geburtliches Dasein voller Entbehrungen, stören<strong>der</strong><br />

Reize <strong>und</strong> einer ungeheuerlichen Umstellung auf »Alleinsein« <strong>und</strong><br />

»Selbstversorgung« mit Luft, Nahrung, Wärme usw., die alle »erworben«<br />

<strong>und</strong> »verarbeitet« werden müssen, zu einer psychischen Instanz, die<br />

diese riesige Aufgabe übernimmt. Es entsteht das ganze uns nunmehr<br />

bekannte System <strong>der</strong> Begehrungen o<strong>der</strong> Triebe, das zugleich die Basis<br />

des Ichs bildet.<br />

Dieses Ich, das in steigerndem Maße eine unendliche Fülle von<br />

Aufgaben übernimmt, einerseits unersättlich ist im Bestreben, eine<br />

Daseinsbedingung zu schaffen, die <strong>der</strong> vorgeburtlichen gleichkommt<br />

(o<strong>der</strong> wenigstens angeglichen wird), <strong>und</strong> das zugleich die<br />

Aussichtslosigkeit <strong>der</strong> Erfüllung dieser Aufgabe ahnt o<strong>der</strong> weiß, ist<br />

deshalb gleichzeitig an<strong>der</strong>erseits sein eigener »Feind«. Ja, es müßte ihm<br />

wohl ergehen wie dem Rumpelstilzchen im Märchen: Könnte man ihm<br />

seinen Namen geben, d. h. gelänge es, restlose Ich-Erkenntnis zu schaffen,<br />

das Ich müßte »sich in Stücke reißen«, um dem Ursprünglichen im<br />

Menschen, dem Selbst, Platz zu machen, d. h. ihm den Weg zur Erfüllung<br />

im Bewußtsein frei zu geben.<br />

Neben <strong>der</strong> Unersättlichkeit im Begehren des Früheren, des Paradiesisch-<br />

Vorgeburtlichen, sträubt sich das Ich, im Gegensatz zu <strong>der</strong><br />

beschriebenen regressiven Tendenz, mit <strong>der</strong>selben Vehemenz<br />

(Ungestüm), gegen diese nachgeburtliche neue! Welt. Es befindet sich<br />

in seiner Gr<strong>und</strong>haltung in, dauern<strong>der</strong> Abwehr gegen sie o<strong>der</strong> es schließt<br />

Kompromisse mit ihr, fügt sich ihr ein o<strong>der</strong> nimmt sie in sich auf.<br />

Lassen Sie mich, bevor ich nun an die Darstellung <strong>der</strong> Entlassen Sie<br />

mich, bevor ich nun an die Darstellung <strong>der</strong> Entwicklung des Ichs gehe,<br />

nochmals eine prinzipielle Frage <strong>der</strong> Psychologie streifen: Ich habe, wie<br />

aus meinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zurück bis 1924 zu<br />

erkennen ist, von jeher dieselbe Gr<strong>und</strong>ausstattung über Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Aufbau des Seelischen vertreten: Substrat des ichhaft Seelischen<br />

sind die Triebe, ist das unbewußte Es bei FREUD, in dem triebbedingt nur<br />

Leidenschaften herrschen. Ich <strong>und</strong> Triebe sind aber ausgesprochen<br />

nach geburtliche Erwerbungen, die dem seelischen Wesenskern, <strong>der</strong><br />

eigentlichen Seele, dem vorgeburtlichen Unbewußten, dem<br />

unbewußten Selbst, nur anhaften. Das Selbst ist frei von Trieben.<br />

Es ist wohl begreiflich, daß die Psychologen das Ich meist als Inbegriff<br />

des Seelischen betrachteten <strong>und</strong> noch betrachten, daß sie es mit dem<br />

Begriff <strong>der</strong> Persönlichkeit als identisch ansahen, ist es doch in seinen

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