ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...
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erstmals veröffentlicht wurde (Int.Zeitsehr. f. Psychoanalyse <strong>und</strong> Imago,<br />
XXV, Heft 1).<br />
Das Kapitel bietet einige sehr präzise Formulierungen, aber nichts<br />
prinzipiell Neues zur Triebtheorie, wie denn überhaupt etwa von Mitte<br />
<strong>der</strong> zwanziger Jahre an <strong>der</strong> Schöpfer <strong>der</strong> Psychoanalyse immer wie<strong>der</strong><br />
das Bedürfnis empfand, seine Lehre <strong>und</strong> ihre Entwicklung in gedrängter<br />
Form zusammenzufassen. Dies führte er auch aus, während<br />
offensichtlich <strong>der</strong> vorseherische Vorstoß in Neuland nachließ; dennoch<br />
können wir seiner allzu kritischen Selbstbeurteilung keinesfalls zustimmen,<br />
wenn er meint, er habe von jenem Zeitabschnitt an »keine<br />
entscheidenden Beiträge mehr zur Psychoanalyse geliefert, <strong>und</strong> was er<br />
später geschrieben habe, hätte schadlos wegbleiben können«<br />
(Nachschrift 1935 zur Selbstdarstellung).<br />
Wenn ein Versuch gewagt wird, FREUDS Trieblehre auszubauen, dann ist<br />
es notwendig, ihm zunächst in seinem stetigen Bemühen um die<br />
Gr<strong>und</strong>lagenforschung zu folgen <strong>und</strong> sich nochmals zu<br />
vergegenwärtigen, einmal, wie er den Zugang zu seiner Trieblehre fand,<br />
dann, wie er <strong>der</strong>en Aufbau gestaltete, <strong>und</strong> schließlich, gestützt darauf,<br />
unsere eigene Ansatzstelle zu einem ergänzenden Ausbau zu finden.<br />
Schon in "Triebe <strong>und</strong> Triebschicksale«, 1915, aber auch später immer<br />
wie<strong>der</strong>, wenn FREUD sich eingehen<strong>der</strong> mit seiner Trieblehre befaßte,<br />
fühlte er sich gedrängt, eine Art erkenntnistheoretische Erörterung<br />
darüber vorauszuschicken o<strong>der</strong> anzuschließen, wie man - o<strong>der</strong> wie er -<br />
überhaupt zu diesbezüglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
gelangt. Man mag daraus eine Unsicherheit in bezug auf dieses Thema<br />
- die er selber, wie wir hörten, genugsam betonte - annehmen, muß<br />
aber an<strong>der</strong>erseits anerkennen, daß er, sei es aus erkenntnistheoretischer<br />
Schulung, sei es als Auszug <strong>und</strong> Gewinn aus seitier klassischen<br />
Wahrnehmungsanalyse in <strong>der</strong> Traumdeutung, sich wohlbewußt war,<br />
daß jegliche wissenschaftliche Forschung auf einer Koinzidenz<br />
(Zusammentreffen zweier Ereignisse) o<strong>der</strong> einem Ineinan<strong>der</strong>greifen von<br />
induktiver (vom Einzelnen zum Ganzen schließend) <strong>und</strong> deduktiver (die<br />
Idee im Einzelnen bestätigend) Methode beruht; ja, daß letztlich das<br />
Zustandekommen jedes Gedankens, einschließlich <strong>der</strong> Wahrnehmung,<br />
nur aus dieser schöpferischen Mischung sich ermöglicht. FREUD wird<br />
immer wie<strong>der</strong> als das große Vorbild des induktiven Forschers gepriesen.<br />
Gewiß, er war es, aber nur einerseits, nämlich in <strong>der</strong> Rationalisierung<br />
seines philosophischen Urerlebnisses (vgl. dazu: Prof. Dr. R. HERBER TZ:<br />
Das philosophische Urerlebnis, Bern 1921), zu dem er, beson<strong>der</strong>s gegen<br />
Ende seines Lebens, im Irrationalisieren seines Bildungserlebnisses immer