ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...
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neue, im Verhältnis zur früheren <strong>und</strong>, als bedürfnisreich <strong>und</strong> schmerzvoll<br />
empf<strong>und</strong>ene Lage verursacht darum auch das Bedürfnis für das<br />
Werden des Ichs, als einer seelischen Schutzhülle. Es drängt sich <strong>der</strong><br />
Gedanke auf, daß das Ich, das eine Art Nie<strong>der</strong>schlag <strong>der</strong> durch<br />
Identifizierung introjizierten (seelisch einverleibt) Außenwelt ist, eine<br />
imponierende Fiktion (Annahme) eingeht, die Fiktion nämlich, als ob es<br />
im Psychischen das frühere schützende »Außen«, den Mutterleib,<br />
ersetzen könnte.<br />
Die gestörte Einheit macht sich vor allem im Ich geltend. Wir werden<br />
später eingehend uns damit zu befassen haben. Vorläufig versuchen<br />
wir eine kürzeste Charakterisierung: Die Ambivalenz gehört zum<br />
Gr<strong>und</strong>charakteristikum des Ichs <strong>und</strong> äußert sich im Begehren, Streben,<br />
Wollen des vorgeburtlichen Zustandes, eines Zustandes, wo nichts mehr<br />
begehrt, erstrebt, gewollt werden muß. Das bedeutet, daß das Ich das<br />
Ziel hat, sich selbst aufzuheben. Zugleich ist es aber auch bestrebt, sich<br />
selbst zu behaupten, zu stärken <strong>und</strong> dafür die neue Welt des leidvollen<br />
Daseins zu überwinden, sei es durch Bemächtigung o<strong>der</strong> Vernichtung.<br />
Aber auch damit soll die Einheit wie<strong>der</strong> hergestellt, soll die Ambivalenz<br />
aufgehoben werden.<br />
Alles Begehren <strong>und</strong> Streben, nicht nur des Kindes, son<strong>der</strong>n später auch<br />
des Erwachsenen, geht letztlich dahin, den wunschlosen Zustand,<br />
dessen Vorbild das intrauterine Leben war, herbeizuführen. In dieser<br />
Tatsache allein findet sich auch für das Bestehen <strong>der</strong> überall<br />
nachweisbaren Regressionstendenz, des Wie<strong>der</strong>holungszwanges <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Todestriebe (FREuD) eine Erklärung. FREUD sagt in » Jenseits des<br />
Lustprinzips«14: »Daß wir als die herrschende Tendenz des Seelenlebens,<br />
vielleicht des Nervenlebens überhaupt, das Streben nach<br />
Herabsetzung, Konstanterhaltung, Aufhebung <strong>der</strong> inneren<br />
Reizspannung erkannten, wie es im Lustprinzip zum Ausdruck kommt,<br />
das ist ja eines unserer stärksten Motive, an die Existenz von<br />
Todestrieben zu glauben.« Ich kann FREUDS Todestriebtheorie nicht<br />
beipflichten, da das regressiv Begehrte nicht <strong>der</strong> Tod, son<strong>der</strong>n das<br />
vorgeburtliche Leben ist. Heute frage ich mich, ob im Sinne einer<br />
atomaren Psychologie die FREUDsche Todestrieblehre nicht einen ganz<br />
neuen, vertieften Sinn erhält; nicht mehr jenen <strong>der</strong> Regression in die<br />
Ruhe des Anorganischen (FREUD), son<strong>der</strong>n vielmehr umgekehrt in die<br />
befreiende Entbindung <strong>der</strong> atomaren Energie <strong>und</strong> ihrer höchsten<br />
Offenbarung <strong>der</strong> Seele: vom Leibe weg zu ihrem Ursprung, ihrem<br />
Seinsgr<strong>und</strong>, dem atomaren All.<br />
Wenn beim Säugling die Reizspannung mit <strong>der</strong> Erzeugung von<br />
Lustgefühlen einen teil weisen Ausgleich erhält, so müssen wir uns stets