ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...
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Die psychischen Energien des Ungeborenen sind in ihrer Gesamtheit im<br />
eigenen Körperinnern noch <strong>der</strong>art geb<strong>und</strong>en, daß noch sehr wenig<br />
Veräußerung <strong>und</strong> Zersplitterung zum Zwecke <strong>der</strong> Beseitigung stören<strong>der</strong><br />
Bedürfnisse besteht.<br />
Insofern ist es wohl überhaupt nicht einmal gezeigt, hier schon von<br />
Trieben zu reden, da sie - auch die impulsiven Triebarten - doch nur<br />
korrelativ zu Bedürfnissen auftretend zu denken sind. Es herrscht deshalb<br />
ein Zustand des Gleichgewichts, <strong>der</strong> Ruhe <strong>und</strong> eine Geschlossenheit<br />
maximaler Potenz, die gewiß mehr morphogenetische Möglichkeiten<br />
birgt, als die bisherige Wahrnehmung postnataler Auswirkung<br />
aufzudecken vermochte.<br />
Ob die postulierte, harmonisch-<strong>einheit</strong>lich gerichtete Dynamik <strong>der</strong><br />
Energie nicht bereits dadurch gestört wird, daß z. B. ein Energiequantum<br />
<strong>der</strong> Geburt entgegen drängt, während ein an<strong>der</strong>es konservativ das<br />
intrauterine Dasein zu erhalten sucht, das zu entscheiden, fällt schwer,<br />
muß dennoch wohl eher bejaht werden. Aber alle Regungen des<br />
Ungeborenen vollziehen sich in <strong>der</strong> alten Geborgenheit <strong>der</strong><br />
Gebärmutter, in <strong>der</strong> normalerweise keine traumatisch wirkenden Reize<br />
das Leben stören. Jedenfalls dürfen wir nicht an ein expansives Dasein<br />
im Mutterleib, das eine Zielrichtung auf Abwehr zeigte, denken - obwohl<br />
dort sicher auch in geringem Maße Reize bewältigt werden müssen -,<br />
son<strong>der</strong>n wir müssen uns vielmehr ein kaum gestörtes vegetatives Leben<br />
vorstellen.<br />
Erst die Geburt bringt eine traumatische Verän<strong>der</strong>ung. Auf das allseitige<br />
Leiden, das plötzliche Leben von Unlust, reagiert das Neugeborene<br />
zweifach: einmal aktiv, indem es schreit - wobei wir diesem Schreien<br />
einen doppelten (o<strong>der</strong> auch mehrfachen) Sinn unterschieben können,<br />
nämlich als Verlangen nach Abhilfe (hauptsächlich von inneren Reizen)<br />
o<strong>der</strong>, wie Dorothy GARLEy zu beobachten glaubte, sogar als Ausdruck<br />
»großer Empörung <strong>und</strong> Entrüstung« - o<strong>der</strong> aber passiv, indem es schläft<br />
<strong>und</strong> damit die fetale Situation bis zu einem hohen Grade wie<strong>der</strong><br />
herstellt.<br />
Aus bei den reaktiven Verhaltensweisen (wobei allerdings <strong>der</strong> Schlaf<br />
ebenso sehr als Fortsetzung des vorgeburtlichen Lebens angesehen<br />
werden kann) geht deutlich das Begehren des verlorenen Ruhe- <strong>und</strong><br />
Gleichgewichtszustandes (das sich übrigens teilweise auch im Schreien<br />
äußern kann) sowie das Ablehnen, <strong>der</strong> Urhaß, gegen das neue Dasein,<br />
die neue Welt, hervor.