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ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...

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Gleich <strong>der</strong> erste Traum, den mir E. erzählt, erklärt die ganze Ambivalenz<br />

ihres Verhaltens, zugleich aber gibt er auch die gewünschte Lösung:<br />

»Eil1 Fräulein geht die Treppe hinauf in den zweiten Stock zu einem<br />

Herrn, <strong>der</strong> dort ein Zimmer gemietet hat.« Das Fräulein ist E. selbst (es<br />

hatte vorn so große Zähne wie ich). Im zweiten Stock wohnte die<br />

Familie, als <strong>der</strong> Vater noch lebte; jetzt wohnt sie im ersten. E. will also,<br />

wie das Fräulein, zum Herrn, zu seinem Vater zurück. Es kann seinen Tod<br />

nicht verschmerzen <strong>und</strong> gibt diesem Gefühl auch Ausdruck: »Ich ginge<br />

lieber wie<strong>der</strong> in den zweiten Stock, dort war mehr Sonne, waren zwei<br />

Balkone <strong>und</strong> war <strong>der</strong> Vater.« Die Schuld aber an Vaters Tod schreibt E.<br />

<strong>der</strong> Mutter zu <strong>und</strong> fühlt sich nun, in einer Identifizierung mit dem Vater,<br />

verpflichtet, die Rolle des Rächers zu spielen. Daher das Toben gegen<br />

die Mutter <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits die große Schüchternheit in <strong>der</strong> Schule, wo<br />

eben ein Vaterersatz, <strong>der</strong> Lehrer, da ist. In den Träumen erscheint ihr oft<br />

eine kleine Frau in Trauerklei<strong>der</strong>n (die Mutter, die klein ist), die sie<br />

verfolgt <strong>und</strong> töten will.<br />

Auch hier wird in <strong>der</strong> Ambivalenzeinstellung zur Mutter Gleichgewicht<br />

hergestellt. Der Todeswunsch ihr gegenüber wird durch den eigenen<br />

(drohenden) Tod gesühnt. Nach dem Aufdecken dieser<br />

Zusammenhänge kamen dann in den Träumen die verdrängten<br />

Inzestwünsche wie<strong>der</strong> zum Vorschein, die darauf hinausgingen, vom<br />

Vater drei Kin<strong>der</strong> zu bekommen (die Mutter hatte nur zwei). Die<br />

Aggressionen gegen die Mutter schwanden mit <strong>der</strong> Behebung <strong>der</strong><br />

Vateridentifizierung, ja, es zeigte sich eine Art Reue <strong>und</strong> ein<br />

Wie<strong>der</strong>gutmachen für das ungerechtfertigte Quälen.<br />

Wenn das Lustverbot, <strong>der</strong> Geschlechtsunterschied <strong>und</strong> <strong>der</strong> mit bei den<br />

verknüpfte Elternkomplex auch nicht als ursprünglichste Ursachen <strong>der</strong><br />

Ambivalenzbildung im Kinde in Betracht kommen, so haben sie doch zu<br />

ihrer weiteren Komplikation beigetragen, so daß sie durch neue<br />

Fixierungen wie ein Labyrinth ausgebaut <strong>und</strong> vor allem mehr <strong>und</strong> mehr<br />

auch zum bewußten Konflikt erhoben werden.<br />

b) Die Ich-Abwehrvorgänge <strong>und</strong> die Struktur des Seelischen<br />

Wir haben die Ich-Struktur als ein nachgeburtlich Gewordenes'<br />

kennengelernt83. Sie darf jedoch nie als ein statisch Gewordenes<br />

verstanden werden, denn für das Seelisch-Lebendige gilt das panta rhei<br />

- alles ist fließend, in stetem Werden. Trotzdem können wir am Begriff <strong>der</strong><br />

Struktur festhalten, da wir erkennen, daß die Seele, unter einem<br />

unbewußten Wie<strong>der</strong>holungszwang stehend, immer wie<strong>der</strong> im<br />

Gesamtverhalten auf dieselbe beson<strong>der</strong>e Weise reagiert, eben mit<br />

eingefahrenem, gewohntem Verhalten, das uns an einem Menschen

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