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ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...

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Es ist klar, daß solche Zwangs- <strong>und</strong> Schreckerlebnisse die Zerrissenheit<br />

des Kindes erhöhen. PFISTER66 gibt einen interessanten Fall, wo die<br />

Zerrissenheit sogar körperlich empf<strong>und</strong>en wurde:<br />

Ein zwölf jähriger Junge beschäftigt sich viel mit einer Tagesphantasie.<br />

Er hat das Gefühl, <strong>der</strong> Mond schnüre ihn auseinan<strong>der</strong>, als wollte er ihm<br />

den Brustkorb durchschneiden. Der vom Mond beschienene Teil des<br />

Körpers gehöre dann nicht mehr zum übrigen. Die Einfälle führten den<br />

jungen Patienten darauf, daß er als kleines Kind, wenn <strong>der</strong> Vater ihn<br />

anschrie, den Nacken (angstvoll) hinten überlegte <strong>und</strong> ihn starr ansah.<br />

Er erinnert sich dabei an eine bestimmte Situation: "Der Vater stand<br />

einmal an <strong>der</strong> Türe, da schrie er mich wegen einer Sache an. Ich weiß<br />

nicht mehr, worum es sich handelte, 'aber ich entsinne mich, daß er mir<br />

später sagte, ich solle nicht immer an <strong>der</strong> Schürze <strong>der</strong> Mutter hängen.<br />

Wichtig ist mir <strong>der</strong> Eindruck, das Gefühl des Entzweigeschnittenwerdens<br />

rühre vom Schreien des Vaters her«. Der Junge war aber auch seelisch<br />

entzweigeschnitten. PFISTER sagt von ihm weiter (S. 97): »Das Harte,<br />

Männliche, <strong>und</strong> das Milde, Weibliche, klafften auch im ganzen Leben<br />

des Analysanden weit auseinan<strong>der</strong>.<br />

Diese Polarisation von Regungen, die beisammen sein sollten, bewirkten<br />

einen Riß in seinem Leben. Darum kann er nie etwas völlig<br />

Befriedigendes zustande bringen, <strong>und</strong> schwankt zwischen Depression<br />

<strong>und</strong> Exaltation, Nie<strong>der</strong>geschlagenheit <strong>und</strong> Hochgefühl.«<br />

Das Schreien eines Vaters ist immer auch ein Ausdruck seiner eigenen<br />

inneren Zerrissenheit, <strong>und</strong> PFISTER stellt bei einem an<strong>der</strong>n Fall direkt den<br />

Satz auf (op. cit. S. 186): »Die Zerrissenheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><strong>seele</strong> ist eine<br />

Herübernahme <strong>der</strong> elterlichen Zerklüftung in die Kin<strong>der</strong><strong>seele</strong>. Das Kind<br />

trägt unvermittelt die miteinan<strong>der</strong> unverträglichen Züge des Vaters <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Mutter: seine Barschheit <strong>und</strong> Wi<strong>der</strong>spenstigkeit, ihre Güte <strong>und</strong><br />

Weichheit. Dieser Konflikt läßt seine Seele bluten, seine<br />

Lebensfreudigkeit verbluten.<br />

« Zu einem ähnlichen Schluß in bezug auf das übertragen <strong>der</strong><br />

elterlichen Komplexe auf das Kind kommt auch C. G. ]UNC, wenn er<br />

sagt: »Die Eltern können auch (<strong>und</strong> tun es lei<strong>der</strong> nur zu oft) das<br />

Schlimme in die Seele des Kindes hineinbilden, indem sie die<br />

Unmündigkeit ausnützen, um das Kind zum Sklaven ihrer Komplexe zu<br />

machen.« FREUD erwähnt übrigens auch den Fa1l69, daß<br />

neuropathische (nervenleidend) Eltern durch ihre maßlosen<br />

Liebkosungen die Dispositionen des Kindes zur neurotischen Erkrankung<br />

am ehesten erwecken.<br />

Er knüpft daran den Schluß: »Man ersieht aus diesem Beispiel, daß es für<br />

neurotische Eltern direktere Wege als den <strong>der</strong> Vererbung gibt, ihre

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