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Gedanken über Gott und die Welt - Heinrich Tischner

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Zeichen, welche <strong>die</strong> Information erst verständlich machen. Einsteins <strong>Welt</strong>formel "E = mc²"<br />

ist zwar der exakte mathematische Ausdruck für einen wesentlichen Teil seiner<br />

Relativitätstheorie, ist aber in <strong>die</strong>ser Kürze (5 Bytes) unverständlich. Die Auflösung "Energie<br />

ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit im Quadrat" (60 Bytes) sagt dem Laien auch nicht<br />

viel mehr. Da muss man schon einen kleinen Aufsatz schreiben, um <strong>die</strong> Formel verständlich<br />

zu machen. Dieses Mehr an Zeichen nennt man "Red<strong>und</strong>anz."<br />

Wir kennen das auch aus unsrer alltäglichen Art zu reden. Wir brauchen viele Worte für das,<br />

was wir mit wenigen Worten ausdrücken könnten: "Hier Anton. Hallo Hans, wie geht's? Ich<br />

rufe dich an, weil ich dir sagen wollte, dass Frieda heute Nachmittag um 3 mal kurz zu dir<br />

kommen wollte, weißt du, wegen unsrem Urlaub. Tschüss <strong>und</strong> viele Grüße, ich hab leider<br />

nicht viel Zeit <strong>und</strong> muss mich beeilen, sonst fährt der Bus ohne mich weg." Das wäre noch<br />

kürzer gegangen: "Anton an Hans: Frieda kommt heute 15 Uhr wegen unsres Urlaubs."<br />

Diese Kürze wäre nicht nur unhöflich, sondern möglicherweise unverständlich.<br />

Was haben <strong>die</strong>se alltäglichen Verständigungsfragen mit der Summe unsrer Lebensdaten zu<br />

tun? Auch da können wir ja wesentliche von unwesentlichen Informationen unterscheiden.<br />

Was ich heute zu Mittag esse <strong>und</strong> ob ich <strong>über</strong>haupt zu Mittag esse, ist für <strong>die</strong> Summe meines<br />

Lebens unwesentlich. Es könnte aber sein, dass ich heute Mittag verdorbene Nahrungsmittel<br />

zu mir nehme <strong>und</strong> daran sterbe. Dann würde in der himmlischen Chronik stehen: "Starb<br />

mit 65 an Lebensmittelvergiftung". Oder auch nur "Starb am ..."<br />

VERSUCH UND IRRTUM<br />

Ich gehe noch einen Schritt weiter: Wie vieles auf der <strong>Welt</strong> verläuft auch mein Leben zum<br />

Teil nach dem Gr<strong>und</strong>satz von Versuch <strong>und</strong> Irrtum. Zwar zehre ich zum großen Teil von<br />

Erfahrungen anderer Menschen, <strong>die</strong> durch Fehler klug geworden sind; zwar kann ich mein<br />

Verhalten durch vorausschauendes Nachdenken optimieren <strong>und</strong> mir dadurch viele Irrwege<br />

sparen; zwar habe ich <strong>die</strong> wichtigen Entscheidungen meines Lebens sehr schnell <strong>und</strong> sicher<br />

gefällt, weil ich mich von meiner inneren Stimme leiten ließ. Es gab aber trotzdem eine<br />

Menge von vergeblichen Versuchen <strong>und</strong> Irrtümern mit wenigen positiven Ergebnissen. Die<br />

Daten meines Lebens komprimieren, das würde bedeuten: Nur <strong>die</strong> Ergebnisse festhalten, alle<br />

vergeblichen Versuche, alle Irrtümer weglassen, auch das immense Hintergr<strong>und</strong>wissen, ohne<br />

das ich <strong>die</strong> Wahrheit nicht erkennen kann. All das, was scheinbar vergeblich war, ist<br />

Red<strong>und</strong>anz, scheinbar <strong>über</strong>flüssige Vorgänge, ohne <strong>die</strong> ich aber zu keinem Ergebnis komme;<br />

<strong>die</strong> Leiter, <strong>die</strong> nicht mehr nötig ist, wenn ich oben bin; der Katalysator 7 , der für das Ergebnis<br />

unwesentlich ist, ohne den aber ein Prozess nicht in Gang kommt.<br />

BESTEHT AUCH GOTT AUS DATEN?<br />

Wenn es wahr ist, dass <strong>Gott</strong> Geist ist, besteht auch <strong>Gott</strong> aus Daten <strong>und</strong> müsste messbar<br />

sein, <strong>und</strong> zwar in Bits. Das ist freilich eine ungeheuerliche Behauptung, denn alle bisherigen<br />

Theologen gingen davon aus, dass <strong>Gott</strong> eben nicht messbar ist, jedenfalls nicht mit<br />

physikalischen Maßen.<br />

Es gibt zwei Ansatzpunkte:<br />

WIE GROß IST GOTT?<br />

7 ein Stoff, der in der Chemie manchmal gebraucht wird, um einen chemischen Prozess in Gang zu<br />

bringen. Der Katalysator selbst bleibt dabei unverändert.<br />

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