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Gedanken über Gott und die Welt - Heinrich Tischner

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Nur beim Menschen fasst <strong>Gott</strong> einen förmlichen Beschluss: "Lasset uns Menschen machen,<br />

ein Bild das uns gleich sei..." (Kapitel 1). Im 2. Kapitel findet es <strong>Gott</strong> "nicht gut, dass der<br />

Mensch allein sei" <strong>und</strong> beschließt: "Ich will ihm eine Hilfe machen als sein Gegen<strong>über</strong>." Nach<br />

mehreren vergeblichen Versuchen bestätigt Adam: "Das endlich ist Bein von meinem Gebein<br />

<strong>und</strong> Fleisch von meinem Fleisch." Wir sind Partner, weil wir von gleicher Art sind, aus<br />

demselben Material bestehen – nicht weil wir gleich aussehen.<br />

Ähnlich müssen wir wohl auch <strong>die</strong> <strong>Gott</strong>ebenbildlichkeit im 1. Kapitel verstehen: <strong>Gott</strong> will sich<br />

im Menschen einen Partner, der von gleicher Art wie er ist. Das wird im 2. Kapitel damit<br />

ausgeführt, dass <strong>Gott</strong> ein Stück aus sich herausnimmt <strong>und</strong> in den Menschen hinein<br />

verpflanzt, nämlich den Lebensodem, so wie er später aus dem Urmenschen etwas<br />

herausnimmt <strong>und</strong> einen zweiten Menschen draus "baut". Der Mensch wird Partner <strong>Gott</strong>es,<br />

weil er zur Hälfte aus dem gleichen Material besteht wie <strong>Gott</strong> – <strong>die</strong> Frau wird Partnerin des<br />

männlichen Restmenschen, weil sie aus dem gleichen Material besteht wie er.<br />

Die <strong>Gott</strong>ebenbildlichkeit des Menschen besteht also in seiner Geistigkeit; sein Geist ist von<br />

der gleichen Beschaffenheit wie <strong>Gott</strong>.<br />

Inhaltlich wirkt sich das im 1. Kapitel so aus, dass der Mensch <strong>über</strong> <strong>die</strong> anderen Lebewesen<br />

herrschen soll.<br />

Am Ende des 3. Kapitels werden zwei weitere Gesichtspunkte genannt: Der Mensch ist<br />

geworden wie <strong>Gott</strong>, weil er weiß, was gut <strong>und</strong> böse ist; das einzige, was ihn noch von <strong>Gott</strong><br />

unterscheidet, ist dass ihm das ewige Leben versagt bleibt.<br />

Eine weitere Konsequenz: Weil der Mensch nach dem Bild <strong>Gott</strong>es gemacht ist, ist sein Leben<br />

unantastbar (Genesis 9,6). Ähnlich argumentieren <strong>die</strong> Sprüche: "Wer den Geringen verachtet<br />

oder unterdrückt, lästert den, der ihn geschaffen hat." Dass der Menschen zum Bild <strong>Gott</strong>es<br />

erschaffen ist, begründet also seine Menschenwürde!<br />

GÖTTLICHE BESTIMMUNG UND TEUFLISCHE VERSUCHUNG<br />

Einerseits ist es göttliche Bestimmung, dass der Mensch sein soll wie <strong>Gott</strong> – andrerseits ist es<br />

eine teuflische Versuchung. In <strong>die</strong>ser Spannung leben wir.<br />

Dies wird im 2. <strong>und</strong> 3. Kapitel weiter ausgeführt. <strong>Gott</strong> pflanzt in den Garten Eden auch den<br />

Baum der Erkenntnis <strong>und</strong> den Baum des Lebens. Er erschafft auch <strong>die</strong> Schlange, <strong>die</strong> hernach<br />

<strong>die</strong> Menschen verführt. Er verbietet dem Menschen, vom Baum der Erkenntnis zu essen<br />

(warum eigentlich?) <strong>und</strong> provoziert damit den Sündenfall. Er muss dem Menschen<br />

zugestehen, dass es in Ordnung war, sich Röcke aus Blättern zu machen, <strong>und</strong> gibt ihm sogar<br />

richtige Kleider aus Fell.<br />

Man kann den Sündenfall bedauern <strong>und</strong> sich in den Garten Eden zurück sehnen. Ich sehe im<br />

Sündenfall eine notwendige Entwicklung, durch <strong>die</strong> der Mensch erst zum Menschen<br />

geworden ist:<br />

Der Urmensch lebt nackt 177 unter Bäumen <strong>und</strong> ernährt sich von dem, was auf den Bäumen<br />

wächst. 178 Er ist so dumm, dass <strong>die</strong> Schlange gescheiter ist als er. Zum Menschen, der<br />

177 Wir haben unsre Weisheit, dass <strong>die</strong> Urmenschen nackt waren, aus der Bibel. Woher weiß das <strong>die</strong><br />

Bibel? Weil wir nackt geboren wurden. Das ist unser Naturzustand!<br />

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