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Gedanken über Gott und die Welt - Heinrich Tischner

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SIE ERKANNTEN IM IRDISCHEN DEN EINFLUSS DES HIMMELS.<br />

Das Wetter betrachten wir heute nicht mehr als etwas Übernatürliches. Krishna <strong>und</strong> Jesus<br />

waren Menschen aus Fleisch <strong>und</strong> Blut, der Stern der Weisen ein astronomisches Objekt wie<br />

viele andere. Und trotzdem erkannten <strong>die</strong> Menschen darin eine Offenbarung <strong>Gott</strong>es.<br />

SIE ERLEBTEN DAS ÜBERIRDISCHE ALS ETWAS REALES<br />

Der helfende Krieger <strong>und</strong> <strong>die</strong> Retter Lots waren keine Hirngespinste, sondern erschienen wie<br />

leibhaftige Menschen, <strong>die</strong> handelnd in das Geschehen eingriffen. Der fremde Krieger erschlug<br />

Feinde, <strong>die</strong> Retter nahmen Lot an der Hand <strong>und</strong> zogen ihn ins schützende Haus <strong>und</strong> führten<br />

sie dann ins Gebirge. Aber sie ließen sich nicht identifizieren. Sie waren plötzlich da, griffen<br />

zu <strong>und</strong> verschwanden wieder.<br />

SIE HATTEN VISIONEN<br />

Visionen dagegen sind keine realen, sondern virtuelle Erlebnisse. Den Betroffenen war das<br />

meist auch bewusst. Die Propheten wussten, dass sie in "Verzückung" oder Trance waren,<br />

als sie ihre Visionen hatten. Jakob wusste, dass er das mit der Himmelsleiter nur geträumt<br />

hatte. Und doch hielten sie ihre Visionen für Botschaften aus der anderen <strong>Welt</strong>.<br />

GOTT OFFENBART SICH DEM MENSCHLICHEN GEIST<br />

Wie sollen wir uns solche Offenbarungen vorstellen?<br />

Wir Heutigen haben gelernt, in naturwissenschaftlichen Zusammenhängen zu denken <strong>und</strong><br />

vor allem auf <strong>die</strong> Außenwelt zu achten, <strong>die</strong> uns immer stärker mit von Menschen gemachten<br />

Reizen <strong>über</strong>flutet. Wir können das alles gar nicht mehr in uns aufnehmen <strong>und</strong> stumpfen ab.<br />

Wir haben verlernt, scharf zu beobachten <strong>und</strong> genau hinzuhören <strong>und</strong> brauchen immer<br />

stärkere Reize, um <strong>über</strong>haupt noch zu reagiere. Weil wir so stark auf <strong>die</strong> Außenwelt fixiert<br />

sind, haben wir auch den Blick nach innen verloren. Viele können gar nicht mehr glauben,<br />

dass sie eine Seele haben, weil sie in sich selbst nichts mehr wahrnehmen.<br />

Bei den Menschen früher scheint es anders gewesen zu sein. Die hatten nicht nur schärfere<br />

Sinne für <strong>die</strong> Außenwelt, sondern auch noch einen Blick für innere Zustände <strong>und</strong> erlebten<br />

<strong>die</strong>se viel intensiver als wir. Jenseits <strong>und</strong> Diesseits waren nicht wie bei uns säuberlich<br />

getrennt, sondern ineinander verwoben.<br />

Ein Beispiel, wie beim Propheten Jesaja äußeres <strong>und</strong> inneres Erleben ineinander <strong>über</strong>gehen,<br />

werde ich unten genauer darstellen.<br />

In der Berufungsgeschichte des Mose 83 finden wir Ähnliches: Mose sieht einen real<br />

brennenden Dornbusch <strong>und</strong> hört dabei eine virtuelle Stimme, <strong>die</strong> ihn beauftrag, Israel aus<br />

Ägypten herauszuführen. Wir würden <strong>die</strong>se Berufung heute als inneres Ereignis erfahren,<br />

etwa dadurch, dass in uns langsam eine Erkenntnis oder Entscheidung reift oder dass uns<br />

<strong>über</strong>raschend etwas klar wird. Allenfalls im Traum oder im Halbschlaf erfahren wir heute<br />

noch so etwas wie eine innere Stimme. Wir sind zu stark abgelenkt durch das, was um uns<br />

herum geschieht. Mose dagegen war wochenlang in der Wüste, einsam <strong>und</strong> in einer<br />

eintönigen Umgebung. Da konnte er einen inneren Vorgang so erleben, als redete jemand<br />

aus der Außenwelt mit ihm. Ein Psychologe würde sagen: Er hat <strong>die</strong> innere Stimme in <strong>die</strong><br />

Außenwelt projiziert, so wie man mit einem Diaprojektor ein "inneres" Bild an eine äußere<br />

Leinwand projiziert.<br />

83 2. Mose 3<br />

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