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Gedanken über Gott und die Welt - Heinrich Tischner

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DER SATELLIT<br />

Mit Hilfe des künstlichen Erdtrabanten ist es möglich, <strong>die</strong> Erde aus sehr großer Höhe zu<br />

betrachten. Man kann damit das Wetter <strong>und</strong> feindliche Truppenbewegungen genauso<br />

beobachten wie Waldbrände, Umweltsünden <strong>und</strong> Veränderungen in der Vegetation. Der<br />

Satellit vermittelt auch Fernsehprogramme, aber nicht so, dass er wie Netzwerk <strong>und</strong> Äther<br />

jeden mit jedem verbindet, sondern er ist ein zentraler Punkt, zu dem jeder Zugang hat.<br />

DIE ZENTRALE<br />

Taxifahrer stehen durch Funk mit ihrer Zentrale in Verbindung. Wenn ich ein Taxi brauche,<br />

rufe ich <strong>die</strong> Zentrale an, <strong>die</strong> schickt mir einen Wagen, der gerade in meiner Nähe ist. Die<br />

Zentrale hat <strong>die</strong> volle Übersicht; der einzelne Taxifahrer kennt nur sein jeweiliges Fahrziel.<br />

Und doch hört er <strong>über</strong> Funk mehr, als ihn unmittelbar angeht.<br />

Genauso könnte ich mir vorstellen, dass alle Menschen entweder wie durch Netzwerk oder<br />

Äther telepathisch miteinander in Verbindung stehen. Wir können aber nicht ohne weiteres<br />

mit jedem kommunizieren, weil unser "Empfänger" nur auf eine ganz bestimmte "Frequenz"<br />

eingestellt ist.<br />

Oder dass wir mit einer Zentrale in Verbindung stehen, <strong>die</strong> den Überblick hat <strong>und</strong> <strong>die</strong> uns wie<br />

ein Satellit miteinander verbindet.<br />

DER SPIEGEL<br />

Ein ganz anderes, sehr altes Bild ist das vom Spiegel, bei dem anders auf einem Photo keine<br />

Teile, sondern das Ganze zu sehen ist. Wen ich ein Bild von mir zerschneide, zeigt <strong>die</strong> eine<br />

Hälfte etwa meinen Ober- <strong>und</strong> <strong>die</strong> andere meinen Unterkörper. Wenn ich einen Spiegel<br />

zerbreche, in dem ich mich betrachtet habe, sehe ich trotzdem nicht nur einen Teil von mir,<br />

sondern den ganzen Menschen; ich brauche nur einen größeren Abstand oder muss den<br />

Spiegel bewegen.<br />

In der Gnosis war das Spiegelfragment daher ein Bild für den göttlichen Lichtfunken der<br />

Seele: Ein großer Urspiegel ist zerbrochen, <strong>die</strong> Scherben befinden sich in jedem Menschen.<br />

Die Seele wäre nach <strong>die</strong>ser Theorie das Bruchstück einer verlorenen Einheit, <strong>die</strong> wieder<br />

gef<strong>und</strong>en werden muss.<br />

Nach <strong>die</strong>sem Gleichnis wäre unser Bewusstsein ein Spiegelfragment, das trotz seiner<br />

Bruchstückhaftigkeit ein Bild vom Ganzen in sich trägt. Es ist nicht notwendig anzunehmen,<br />

dass <strong>die</strong>se Fragmente wie in der Gnosis Teile eines zerbrochenen Urspiegel sind. Es könnte<br />

auch sein, dass <strong>die</strong>ser Urspiegel schon immer nur aus einzelnen Teilen bestanden hat (wobei<br />

das Ganze bekanntlich mehr als <strong>die</strong> Summe der Teile ist) oder dass den kleinen Spiegeln ein<br />

großer Spiegel im "Himmel" entspricht, der uns wie ein Satellit <strong>die</strong> Bilder von der Wirklichkeit<br />

vermittelt.<br />

Wie dem auch sei, es gibt mehrere Möglichkeiten, wie wir uns eine telepathische Verbindung<br />

aller Menschen <strong>und</strong> ein universelles Bewusstsein vorstellen können, wobei wir uns bewusst<br />

bleiben müssen, dass das alles nur Bilder sind. Ich weiß nicht, wie ich <strong>die</strong>se Vorstellungen an<br />

das wissenschaftliche <strong>Welt</strong>bild <strong>und</strong> Einsteins <strong>Welt</strong>formel anbinden kann. Ich verstehe auch<br />

zu wenig davon, um eine Verknüpfung zur Informationstheorie herzustellen.<br />

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