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Gedanken über Gott und die Welt - Heinrich Tischner

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Illustration oder gar Verzierung des Heiligtums, sondern der Leib der <strong>Gott</strong>heit, so wie für den<br />

Katholiken <strong>die</strong> Abendmahlsoblate der Leib Christi ist.<br />

Die Bilder wurden also behandelt, als wären es <strong>die</strong> Götter selbst. Sie wohnten im Tempel,<br />

wurden von Priestern bekleidet <strong>und</strong> bekamen Opfergaben als Speise. Sie wurden bei<br />

Prozessionen durch <strong>die</strong> Straßen <strong>und</strong> Felder getragen oder auf Wagen gefahren, badeten in<br />

einem heiligen See usw.<br />

An <strong>die</strong>sen Bräuchen entzündet sich <strong>die</strong> biblische Kritik: In ätzendem Spott beweisen <strong>die</strong><br />

Propheten, dass <strong>die</strong> so genannten Götter nur totes Material sind. Da fällt einer einen Baum,<br />

macht aus einem Teil Brennholz, wärmt sich am Feuer <strong>und</strong> kocht sein Essen. Aus dem<br />

anderen Teil schnitzt er einen <strong>Gott</strong>, befestigt ihn mit Nägeln, damit er nicht wackelt, betet zu<br />

ihm <strong>und</strong> erhofft von ihm Hilfe. 140 – Der apokryphe Krimi vom "Bel zu Babel" deckt den<br />

Betrug der Priester auf, <strong>die</strong> den Gläubigen einreden, der <strong>Gott</strong> würde <strong>die</strong> Opfergaben essen,<br />

während sie sich nachts heimlich durch eine verborgene Tür selbst daran gütlich tun. – Ich<br />

kann mir nicht vorstellen, dass <strong>die</strong>se Kritik das Wesen des heidnischen Bilderkultes trifft.<br />

Vom Standpunkt einer bildlosen Religion ist <strong>die</strong> Kritik aber verständlich <strong>und</strong> hat vielleicht<br />

manchen naiven Heiden zum Nachdenken gebracht.<br />

WIE SIEHT GOTT AUS?<br />

GOTT IN MENSCHENGESTALT<br />

DER ALTE MANN<br />

Der christliche <strong>Gott</strong> ist nach einer Redeweise ein alter Mann mit langem Bart.<br />

DER BÄRTIGE<br />

Bart- <strong>und</strong> Haartrachten haben verschiedene Moden mitgemacht <strong>und</strong> in den verschiedenen<br />

Kulturen unterschiedliche Bedeutung gehabt. Dahinter stecken aber uralte Signale, <strong>die</strong> noch<br />

in <strong>die</strong> Zeit der Urmenschen zurückgehen müssen. Der unterschiedliche Haarwuchs bei Mann<br />

<strong>und</strong> Frau hat dazu beigetragen, dass <strong>die</strong> Haartracht in vielen Kulturen ein wichtiges äußeres<br />

Erkennungszeichen der Geschlechter <strong>und</strong> des Alters geworden ist. Der erwachsene Mann<br />

unterscheidet sich vom Knaben durch seinen Bartwuchs. Wenn er den Bart abrasiert, dann<br />

hat das seinen alten Sinn wohl darin, dass man so <strong>die</strong> Mimik besser erkennen kann. Das<br />

Schneiden von Kopf- <strong>und</strong> Barthaaren ist ein Zeichen von Disziplin <strong>und</strong> Kultur. Bei den<br />

Germanen waren umgekehrt lange Haare ein Zeichen von Freiheit.<br />

Wohl schon bei den Urmenschen hatte der ältere Mann ein höheres Ansehen als der jüngere.<br />

Deshalb hat er als Unterscheidungsmerkmal weiße Haare oder Glatze. Die weißen Haare<br />

unterscheiden sich am deutlichsten von den schwarzen. Da aber viele alte Männer eine<br />

Glatze haben, kann man <strong>die</strong> Haarfarbe nicht mehr erkennen. Dieser Mangel wurde durch<br />

einen längeren Bart kompensiert, bei dem <strong>die</strong> Haarfarbe <strong>und</strong> damit das Alter auf jeden Fall<br />

zu erkennen sind.<br />

140 Jesaja 44,6--20<br />

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